Sexismus-Alarm am RingSerienplakat ein Fall für die Kölner Behörden?

Plakat Jordan

Provokant: Ein Plakat der Werbekampagne für die Serie „Frau Jordan stellt gleich“ am Rudolfplatz.

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Eine Frau guckt leicht lüstern von einem Werbeplakat am Hohenzollernring, dazu der eindeutig doppeldeutige Spruch: „Du magst, wenn die Frau oben ist – sag's deinem Management!“ Ist das Sexismus? Dazu gleich mehr.

Klar ist: Mit diesem und anderen schlüpfrigen Slogans wirbt der Internetkanal „Joyn“ für die Serie „Frau Jordan stellt gleich“ mit Katrin Bauerfeind in der Hauptrolle. Sie spielt darin die Gleichstellungsbeauftragte einer fiktiven deutschen Stadt. Eva Jordan ist wohl befähigt, aber politisch zeitweise schwer unkorrekt.

In der ersten Folge „Titten und Taten“ polstert Frau Jordan vor einer Budgetbesprechung mit dem Bürgermeister mit zwei Handgriffen ihr Dekolleteé auf. Flotter Spruch an die Kollegen im Büro: „Ich passe meine Körbchengröße seinen Dioptrien an.“

Taugt der Spruch? Taugt die Serie? EXPRESS sprach die „echte“ Gleichstellungsbeaufragte Bettina Mötting (übernahm das Amt Januar 2019).

Gleichstellungsbeauftragte in Köln: Werbeslogan ist der Sache und den Frauen nicht zuträglich

Den Werbeslogan bewertet Mötting als ziemlich „provokant“, es sei „der Sache und den Frauen nicht zuträglich, auf diese Art Werbung zu machen“. Aber ob es sexistisch ist, „darüber darf sich jeder sein eigenes Urteil erlauben“.

Grundsätzlich begrüße sie es, dass dem Thema, das gesellschaftlich immer noch schwierig sei, „mit Humor begegnet wird. Das gibt der Thematik eine gewisse Leichtigkeit – und kann für Betroffene ein Türöffner sein.“ Der Titel der Serie sei „durchaus intelligent gewählt“. Eva Jordan käme „selbstbewusst und zielstrebig rüber, das muss man ihr lassen – auch wenn sie politisch unkorrekt agiert und zeitweise Professionalität vermissen lässt. Wenn ich so arbeiten würde – das wäre schwierig ...“ 

In der ersten Folge befasst sich das Amt mit der Frage, ob eine Eiswerbung, die einen üppigen Busen zeigt, zu verbieten ist und die nackten Brüste, mit der das lokale Museum für eine mittelalterliche Botticelli-Austellung wirbt, gleich mit. 

Sexismus: Fahrradhelm-Plakate wurden vorzeitig abgehängt

Themen, die auch zu Bettina Möttings Berufsalltag gehören. Sie sorgte dafür, dass eine als sexistisch eingestufte Plakatkampagne des Verkehrsministeriums für Fahrradhelme von der Kölner Bildfläche verschwand. Da räkelten sich weibliche Models zum Beispiel sexy im Bett, mit Helm auf dem Kopf und sonst nicht viel an, Spruch dazu: „Sieht Mist aus, rettet aber Leben.“

Auch ist Bettina Mötting eine Gegnerin von Bordellwerbung auf Kölner Taxis. „Ich habe innerhalb der Stadtverwaltung dazu aufgerufen, als Behörde nur Taxis ohne entsprechende Werbung zu bestellen.“ Der Taxiruf sei auf Bitten, auf sexistische Werbung zu verzichten, nicht eingegangen.

Das Amt für die Gleichstellung von Frauen und Männer ist für die 20.000 Mitarbeitenden der Kölner Verwaltung zuständig, aber auch externe Bürger können sich beraten lassen. Eines der Hauptziele laut Bettina Mötting: Die baldige Zertifizierung der Kölner Stadtverwaltung als „familienfreundliches Unternehmen“. Deshalb sei das Amt neben der Frauenförderung sehr aktiv bei der Ermöglichung von Teilzeitarbeit und Teilzeitkarrieren.

Ab 2020 will Mötting zudem ein Väternetzwerk für die städtischen Mitarbeiter aufbauen. „Wir sind auch immer mehr für die Männer zuständig, wenn es um das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht: Da bin ich genauso für die Männer da wie für die Frauen.“

Ein anderer Bereich, in dem sich Bettina Mötting engagiert, ist das Prostitutionsgewerbe. Das Amt setzt sich für Ausstiegsprogramme ein, damit Frauen Hilfestellung bekommen, ein selbstbestimmtes, neues Leben führen zu können. Das älteste Gewerbe der Welt sei übrigens nicht die Prostitution, wie immer wieder gerne zitiert wird, sondern der Job der Hebamme, stellt sie klar.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Eine Handvoll Fälle im Jahr bei der Kölner Stadtverwaltung

Bei der fiktiven Frau Jordan beschwert sich eine Frau über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Wie ist die Situation in Köln? „Wir haben in der Stadtverwaltung weniger als eine Handvoll Fälle im Jahr, denen wir mit null Toleranz begegnen. In diesem Thema sind wir natürlich auch Spiegel der Gesellschaft“, erklärt Bettina Mötting.

Gleichstellungsbeauftragte sind per Gesetz übrigens immer Frauen.