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Nach der Gehälter-PanneDüsseldorfer Rheinbahn wird zum Gespött im Netz

Rheinbahn-Fahrer

Ein Rheinbahn-Fahrer: 37 seiner Kollegen haben einen Arbeitsvertrag, in dem ein entscheidender Satz fehlt. Deshalb bekommen sie ihr Gehalt bis ans Lebensende.

Düsseldorf – Diese Geschichte liest sich wie ein Aprilscherz, ist aber völliger Ernst: In der von der Stadt jährlich mit 50 Millionen Euro bezuschussten Rheinbahn haben 37 Mitarbeiter den „Papst in der Tasche“. Sie sind unkündbar und haben –  einmalig in Deutschland, wenn nicht weltweit – Arbeitsverträge bis an ihr Lebensende. Jetzt äußert sich dazu auch erstmals ein Aufsichtsratsmitglied der Rheinbahn.

Dieses unglaubliche, seit 30 Jahren gehütete Top-Geheimnis enthüllt jetzt der EXPRESS. Rheinbahn-Sprecher Georg-Schumacher bestätigt: „Diese Verträge gibt es. In ihnen wurde ein tarifvertraglicher Altersgrenze-Passus vergessen.“

Kommentar zur Mega-Vertragspanne: So wird die Rheinbahn mal wieder zur Lachnummer.

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Es soll sogar mal mehr als 100 solcher Verträge gegeben haben – so unfassbar es klingt, es ist die pure Wahrheit. Schumacher erklärt: „Das begann 1980 und dauerte bis 2001, als es auffiel. Wir sind seit langer Zeit in Gesprächen, diese Verträge einvernehmlich aufzulösen.“

Rheinbahn-Aufsichtsratsmitglied: „Es gibt keinen goldenen Handschlag!“

Andreas Hartnigk, CDU-Fraktionsvize im Düsseldorfer Rathaus und Aufsichtsratsmitglied der Rheinbahn zum EXPRESS: „Das war sicher nicht korrekt, was da bis 2001 passiert ist. Die damals Verantwortlichen leben nicht mehr. Man wird versuchen müssen, zu den verbliebenen 37 Verträgen einvernehmliche und vertretbare Lösungen zu erzielen. Das geschieht auch. Ohne Gegenleistung und mit Bezahlung zuhause rumsitzen - das wird es nicht geben. Es wird keine goldenen Handschläge geben. Außerdem hat die Rheinbahn sehr gute Leute mit so genannten Papst-Verträgen, die länger bleiben möchten. Da stimme ich auch zu, denn sie leisten etwas.“

Nur – gegen den Willen der so privilegierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht gar nichts.

„Das bedeutet“, so ein höchst verärgerter leitender Angestellter, „diese Leute bekommen Gehalt bis an ihr Lebensende, plus ihrer Rente. Die Gelder können nicht aufgerechnet werden.“ Das bestätigt auch eines der 16 Mitglieder im Aufsichtsrat.

Rheinbahn: Auch Aufsichtsratsmitglied hat solchen „Papst-Vertrag“

Mindestens einer der Aufsichtsräte hat auch einen solchen „Papst-Vertrag“. Mehrere „Lebenslängliche“ waren und sind in Führungspositionen. Einige „gute und erfahrene Kräfte“ wurden trotz erreichten Rentenalters gebeten, zu bleiben oder zumindest tageweise zu arbeiten.

Diese irren Arbeitsverträge haben in den oberen Etagen der Rheinbahn den zirkusreifen Spitznamen „Papst-Verträge“. Das bedeutet  nicht nur, dass sie den sprichwörtlichen „Papst in der Tasche“ haben – sie sind „Päpste“. Die hören in der Regel auch erst auf, wenn sie sterben.

Von den jährlich rund 150 Millionen Euro an Gehältern und Aufwendungen für das Personal entfallen etliche Hunderttausende auf die „Papst-Gruppe“ – darunter sind welche mit sehr hohen Gehältern, 8000 Euro zum Beispiel.

Sprecher Georg Schumacher: „Es wurde geprüft, und es gab rechtlich keine Möglichkeit, diese Verträge zu ändern.“

Papst-Verträge bei der Rheinbahn: 5000 Euro monatlich fürs Nichtstun

Einer, der weiß, wie man auch ohne „Papst-Vertrag“ reich bei der Rheinbahn werden kann, ist ein 62-Jähriger mit rund 5000 Euro monatlich. Der will partout keine Rente beantragen, weil er da viel weniger bekäme als sein Gehalt.

Seit sechs Jahren sitzt er untätig zu Hause – bei vollen Bezügen – und freut sich jeden Monat auf seinen Kontoauszug. Er muss nicht mehr arbeiten. Man kann ihn nicht gebrauchen. Sagt ein leitender Angestellter: „Wie mag darüber ein Busfahrer auf Schicht mit 2500 Euro brutto denken?“

Bundesweites Medienecho

Nach der EXPRESS-Enthüllung ging eine Welle der Empörung durchs Land. Die Geschichte löste in der Republik Kopfschütteln ausgelöst. TV-Sender und Agenturen zogen bundesweit nach.

Auch OB Thomas Geisel, zugleich Aufsichtsratvorsitzender der Rheinbahn, erfuhr erst aus dem EXPRESS von dem Skandal: „Auf jeden Fall ein schweres Versäumnis der Rechtsabteilung. Da muss man versuchen, zu Lösungen zu kommen“, sagte er.

Arbeitsrechtler erklärt den Fall

Für Arbeitsrechtler sind solche fehlerhaften Verträge nichts Überraschendes. „Das  hat man immer mal wieder. Meistens  eher bei Start-ups, die nicht darüber nachdenken, dass Menschen irgendwann mal das Rentenalter erreichen. Dazu  gehört Rheinbahn eher nicht“, sagt Daniel Hautumm, Fachjurist  für Arbeitsrecht in Düsseldorf.

Diese Verträge sind seiner Meinung nach wasserdicht. „Der Arbeitgeber hat ganz schlechte Karten, wenn das Austrittsdatum nicht im Vertrag steht oder ein Verweis auf einen entsprechenden Passus in einem Tarifvertrag fehlt.“

So bleiben dann nur Tricks, um Mitarbeiter loszuwerden. „Hat man in den Verträgen zumindest eine Versetzungsklausel, kann man die Mitarbeiter in Bereiche umsetzen, die für sie unattraktiv sind und sie dann zu einer einvernehmlichen Regelung eher bereit sind“, erklärt Hautumm.

Super-Verträge - Betroffene arbeiten noch

Solche Wege will man bei der Rheinbahn, wo traditionell ein anderer Umgang mit Arbeitnehmern gepflegt wird, nicht gehen.  Zurzeit fehlt aber auch die Dringlichkeit. EXPRESS erfuhr gestern: Von den 37 Inhabern dieser Super-Verträge gibt es nur einen, der das Rentenalter erreicht hat, aber weiterarbeitet. Die anderen sind noch diesseits der Verrentung, arbeiten also sowieso ganz normal in ihren Jobs. Und der eine ältere Mitarbeiter hat schon signalisiert, dass er bald gehen will.

Doch wird das auch in Zukunft so sein, bei ständig sinkendem Rentenniveau?

Wegen Rheinbahn-Skandal: Facebook-Nutzer flippen aus

Der Skandal um die „Papst-Verträge“ der Rheinbahn schlägt auch im Netz große Wellen. Dass 37 Mitarbeiter aufgrund eines bürokratischen Fehlers in den Arbeitsverträgen ihr Gehalt bis zum Lebensende bekommen, die von der Stadt jährlich mit 50 Millionen Euro bezuschusste Rheinbahn also Gelder verpulvert, die sie irgendwoher wieder reinholen muss, macht nicht nur Fahrgäste sauer. Das zeigen die Kommentare unter dem EXPRESS-Artikel auf Facebook.

Beschwerde über teure Rheinbahn-Fahrkarten

Ein empörter Nutzer schreibt: „Cool. Hier muss das Gleichheitszeichen-Prinzip gelten. Gehalt bis zum Lebensende für alle? Deshalb zahle ich 2,90 Euro (fünf Mark achtzig) für drei Haltestellen.“

EXPRESS fragte einen anderen Facebook-User, ob er auch einen solchen Arbeitsvertrag hat. Seine Antwort: „Schön wär’s.“ Stattdessen wurde der Ex-Mitarbeiter der Rheinbahn fristlos gefeuert, hat nun eine Kündigungsschutzklage am laufen.

Rheinbahn-Skandal: Witze über Benachteiligte

Viele hielten die Nachricht am 1. April aber auch noch für einen Aprilscherz. Andere zeigen sich fassungslos: „Was ist das für ein Unternehmen?“ Auch über Benachteiligte wird gewitzelt: „Da warst du wohl zu spät, Max Mustermann (Name geändert, Anm. d. Red.)“.

So manch einer ärgert sich auch über schlechte Arbeitsbedingungen: „Bei dir ist es aber andersrum. Arbeiten bis ans Lebensende ohne Gehalt“, schreibt ein Facebook-Nutzer und verlinkt seinen betroffenen Freund. Die meisten aber ärgern sich einfach auf gewohnte und nachvollziehbare Weise mit Worten wie diesen: „Warum passiert mir sowas nicht?“