Trotz neuer NotunterkunftDarum machen Düsseldorfer Obdachlose lieber „Platte“

Neuer Inhalt (6)

Ein Leben am Kom(m)ödchen. Die Obdachlosen dort campieren in Kälte und Feuchtigkeit zwischen Müll. Aber das ziehen sie immer noch den Notschlafstellen vor.

Düsseldorf – Zwei Wochen vor Weihnachten eröffnete die Stadt an der Graf-Adolf-Straße eine „Notschlafstelle“ für Obdachlose ganz neuen Typs.

Mit mehr Privatsphäre und weniger Restriktionen. Dennoch wollen viele Wohnungslose weiter lieber auf der Straße leben. Doch die Stadt will das nicht mehr allzu lange dulden.

Als die neue Notschlafstelle am 16. Dezember eingeweiht wurde, sprachen städtische Mitarbeiter von einem direkten Erfolg.

Alles zum Thema Weihnachten 2024

Hier lesen Sie mehr: Der Macheten-Mann ist zurück im Hofgarten

Informiert durch Sozialarbeiter seien alle Obdachlose,die am NRW-Forum, dem Ratinger Tor und dem Kom(m)ödchen gelagert hatten, freiwillig in die Notschlafstelle umgezogen. Nur am Kom(m)ödchen sein ein „Härtefall“ zurückgeblieben.

Trotz Notschlafstelle: Die Obdachlosen sind wieder da

Nun sind die Weihnachtstage vorbei. Wie sieht die Situation wirklich aus? EXPRESS hat sich umgeschaut.

Am Ratinger Tor ist die Zahl der Obdachlosen in der Tat zurückgegangen. Doch immer noch hat dort ein Mensch ohne Wohnung sein Zelt aufgeschlagen. Unter dem knappen Überhang des Daches des Torhauses ist er immerhin ein bisschen vor den Elementen geschützt.

Ein paar hundert Meter weiter in einer der Säulenhallen des NRW-Forums/Museum Kunstpalast stehen mehrere Zelte nebeneinander.

Neuer Inhalt (3)

Dorothea (l.) und Mattias leben auf der Straße. Zurzeit campieren sie in der Säulenhalle am NRW-Forum. Doch wie lange dürfen sie dort noch bleiben?

Ein kleiner Weihnachtsbaum ist festlich geschmückt. Ein Hund aus Plastik wacht über die Mini-Tanne. Hier leben Dorothea und Mattias.

Die 40-Jährige sagt es ganz offen: „Ich bin lieber auf der Straße als in der Notschlafstelle.“ Doch warum setzt man sich lieber Kälte und Regen aus?

Obdachlose fühlen sich in der Notschlafstelle eingeengt

„In der Notschlafstelle muss man abends spätestens um 20 Uhr sein. Und um acht Uhr morgens muss man wieder raus. Mir fehlt einfach die Freiheit, über meinen Tagesablauf zu bestimmen. Und wenn ich tagsüber sowieso raus muss, kann ich auch gleich draußen schlafen.“

Neuer Inhalt (4)

Auch am Ratinger Tor campiert noch immer mindestens ein Wohnungsloser.

Die Mutter eines 17-jährigen Sohnes wurde vor zwei Jahren obdachlos, als ihre Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde.

„Hier kann man es gut aushalten. Wir haben viele Decken, das geht schon“, sagt sie. Allerdings fürchtet sie um ihre „Heimat“ an den Museen. „Wir haben schon gehört, dass die Stadt uns nicht mehr dulden will. Aber wo sollen wir hin?“

Dorothea hätte am liebsten wieder eine eigene Wohnung

Dorothea hätte gerne wieder eine eigene Wohnung, auch um wieder mit ihrem Sohn zusammenzuleben.

„Draußen ist es schließlich nicht ungefährlich. Als wir einmal vom Alkohol betäubt am Rhein unterhalb der Museen schliefen, hat uns jemand angezündet. Zum Glück wurden wir schnell wach und blieben fast unverletzt. Aber unser Geld und unsere Zigaretten waren weg.“

Das Leben auf der Straße ist eben doch ein ganz hartes. Da hilft ein wenig Zuwendung. „Jetzt vor Weihnachten haben uns ganz viele liebe Menschen Sachen vorbeigebracht. Essen, Kleidung. So war Weihnachten doch gar nicht so schlecht.“

Dorothea und Mattias betonen, dass sie ihren Schlafplatz immer sauber halten. „Die Polizei und das Ordnungsamt waren schon hier, haben uns aber in Ruhe gelassen. Aber bleibt das so?“

Stadt hatte angekündigt, die Obdachlosen nicht mehr tolerieren zu wollen

Schließlich hatte die Stadt schon vor der Eröffnung der neuen Notschlafstelle angekündigt, diese „Platten“ in der Innenstadt nicht mehr dulden zu wollen.

Unrühmlicher Ausfluss dieser Entscheidung war die Aktion mit den Wackersteinen unter der Rheinkniebrücke, die dort die Obdachlosen vertreiben sollten.

Neuer Inhalt (5)

Die Unterführung im Hofgarten dient Obdachlosen als Wetterschutz.

Mit der Notschlafstelle und der Information durch die Streetworker hatte die Stadt um die zuständige Amtsleiterin für Integration, Miriam Koch (Grüne), gehofft, dass sich das Problem ohne Zwang löst.

Diese Hoffnung war vergebens.

Auch am Kom(m)ödchen wird wieder „Platte gemacht“

Denn auch am Kom(m)mödchen sind die Obdachlosen wieder zurück, lagern dort zwischen Abfall und ihren wenigen Habseligkeiten.

„Das einzige was hilft, ist Housing First. Das bringt den Menschen die Bürgerlichkeit wieder zurück“, sagt Hubert Ostendorf, Initiator der Obdachlosen-Initiative „fiftyfifty“.

Er hat mit seinem Verein mit Spendengeldern dieses Konzept in Düsseldorf eingeführt. Mittlerweile hat auch die Stadt die Vorzüge des Konzepts erkannt, dass in Finnland Obdachlosigkeit quasi beseitigt hat.

Zusammen mit der Städtischen Wohnungsgesellschaft SWD soll das seit 2007 betriebene „Probewohnen“ für Obdachlose ausgeweitet werden.

Eine Chance für die Obdachlosen, die immer noch lieber auf der Straße ausharren?