Schock in DüsseldorfTrotz Corona-Lockerungen: Große Rheinkirmes fällt für 2020 aus

Kirmes Panorama

Keine Großveranstaltungen bis zum 31. August 2020! Mit dieser Corona-Entscheidung haben Bundesregierung und Ministerpräsidenten das Aus für die „Größte Kirmes am Rhein“ in Düsseldorf in diesem Jahr besiegelt.

Düsseldorf – Die Entscheidung aus Berlin war eindeutig: In der Corona-Krise soll langsam wieder Normalität einkehren. Am Mittwoch gaben Bundesregierung und Ministerpräsidenten grünes Licht, damit in den Städten das Leben wieder anläuft (hier lesen Sie mehr).

  • Handwerker, Buchhändler und auch fiftyfifty freuen sich über Corona-Lockerungen
  • Entscheidung aus Berlin sorgt für großen Frust bei Gastronomen und in den Kirchen
  • Schützen verkünden Aus für die Rheinkirmes im Jahr 2020

So dürfen einige Geschäfte ab Montag (20. April) wieder öffnen, auch Schulen werden den Lehrbetrieb ab 4. Mai teilweise wieder aufnehmen. Großveranstaltungen blieben bis 31. August aber verboten.

Doch was bedeutet das genau für Düsseldorf? EXPRESS hat sich in der Stadt umgehört und zeigt die Gewinner und Verlierer der Corona-Entscheidung.

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Düsseldorf: Handwerker, Buchhandlungen und Boutiquen sind die Gewinner

„Das Handwerk ist erleichtert, dass Bund und Länder sich auf eine Strategie der Lockerung der Auflagen verständigt haben. Die Regierungen haben einen guten Weg der vorsichtigen Öffnung gefunden, der sich daran orientiert, was durch die weitere Entwicklung des Infektionsgeschehens zu verantworten ist“, erklärte Düsseldorfs Handwerkskammer-Präsident, Andreas Ehlert, am Donnerstag erleichtert.

Zu den Geschäften (unter 800 Quadratmeter Verkaufsfläche) die wieder öffnen dürfen, zählen nämlich auch Mischbetriebe, wie Auto- und Fahrradhändler. Wie tausende andere Betriebe auch, standen sie laut Ehlert „wirtschaftlich ganz besonders stark unter Druck.“

Ulrike Sommer betreibt auf der Hohe Straße in der Düsseldorfer Carlstadt die zwei nebeneinander liegenden Boutiquen „Mohnfeld“, in denen sie Dessous, Lingerie, Tages- und Nachtwäsche, Bademoden und Strumpfhosen verkauft.

Düsseldorfer Boutique-Besitzerin: „Ich bin der großen Koalition sehr dankbar, dass sie alles immer neu bewertet“

Nach vierwöchiger Schließung in der Corona-Krise kann Ulrike Sommer ihre Läden, die beide je rund 80 Quadratmeter groß sind, am Montag wieder öffnen. „Zuversichtlich“ fühlt sie sich. „Wir öffnen am Montag um zehn Uhr. Ich begrüße die Entscheidung der Regierung. Aber ebenso wie unsere Kunden werden wir sehr vorsichtig sein. Aufs Hände schütteln verzichten wir, achten auf den Mindestabstand und haben Desinfektionsmittel zur Hand. Wenn eine Kundin zur BH-Beratung kommt, dann sprechen wir vorher ab, dass die Kunden ebenso wie wir hygienisch ausgestattet sind. Etwa auch durch einen mitgebrachten Mundschutz.“

Zwar freue sie sich, dass es wieder losgehen kann. „Aber das ist mit viel Verantwortung verbunden. Ich bin der großen Koalition sehr dankbar, dass sie alles immer neu bewertet. Sollte sich rausstellen, dass die Lockerungen der falsche Weg waren und wir wieder schließen müssen, dann fügen uns dem sofort.“

Nach dem Lockdown: Geschäfte offnen ihre Türen erstmal ganz vorsichtig für Kunden

Yvonne Eichmanns-Wöllner und Jasmin Schillings führen in Neuss-Reuschenberg an der Bergheimer Straße ihr 40 Quadratmeter großes Lädchen „2 Engel 4 Charlie“. Hier verkaufen sie erfolgreich ausgewählte Mode und Accessoires. „Wir freuen uns, wenn es nächste Woche wieder losgeht. Wir vermissen unsere Kunden schon sehr“, sagen sie.

Doch ihre treue Stammkundschaft vermisst sie genauso. „Wir haben so liebe Nachrichten bekommen von ihnen, dass wir durchhalten sollen. Das war unglaublich rührend und hat uns in den vergangenen Wochen viel Kraft gegeben“, sagt Yvonne Eichmanns-Wöllner.

So wie vor dem Lockdown aber wird es erstmal nicht: „Bei uns darf zunächst immer nur ein Kunde ins Geschäft. Zudem achten wir natürlich auf den Mindestabstand und halten alle Hygieneregeln ein.“

Düsseldorf: Kult-Friseur freut sich auf dem 4. Mai und kümmert sich bis dahin um Bedürftige

Auch für Friseur André Lichtenscheidt bedeutet der neue Beschluss einen Silberstreif am Horizont. „Es sieht so aus, als ob ich in meinem Salon ab 5. Mai tatsächlich wieder Haare schneiden kann“, freut sich der Düsseldorfer Figaro. Bis dahin lässt er seinen Laden allerdings noch als Suppenküche umfunktioniert (hier lesen Sie mehr): „Alle zwei Tage verteile ich in meinem Friseurgeschäft Lebensmittel an Bedürftige. Und das ziehe ich jetzt bis zum Ende durch.“

Auch die anderen Helfer, die in Düsseldorf die Obdachlosen unterstützen, begrüßen die Lockerungen: „Je mehr öffentliches Leben da ist, desto eher können unsere Verkäufer ihre Zeitungen verkaufen“ erzählt der Geschäftsführer Hubert Ostendorf von fiftyfifty.

Düsseldorf: fiftyfifty versucht Verkäufer der Obdachlosenzeitung mit Masken auszustatten

Seitdem die Corona-Pandemie Deutschland erreicht hat, sind die Verkäufe des Straßenmagazins stark eingebrochen (hier lesen Sie mehr). „Es geht gar nichts mehr. Viele Menschen haben Angst eine Zeitung entgegenzunehmen, weil unsere Verkäufer keine Masken tragen.“

Durch Spenden konnte das Team von fiftyfifty mittlerweile einige Atemmasken an ihre Verkäufer verteilen. Und auch sonst versucht Ostendorf gerade alles, um den Obdachlosen zu helfen. „Die April-Ausgabe war für die Verkäufer kostenlos und für die Kunden zum halben Preis. So etwas gab es bisher noch nie bei uns.“

Trotzdem bleibt der Verkauf schwierig. Deswegen hofft Ostendorf: „Die neuen Verordnungen können dazu beitragen, dass es wieder mehr Verkaufsstellen für unsere Straßenverkäufer gibt.“

Düsseldorf: Bei Gastronomen und in den Kirchen ist der Frust weiter groß

Frust herrscht hingegen bei den Gastronomen, die ihre Cafés, Restaurants und Bars weiter schließen müssen. So wie das Düsseldorfer Café Florian an der Nordstraße, einem der angesagtesten Läden der Stadt, wo jetzt die Stühle auf den Tischen stehen.

Junior-Chef Marcel Mansour, der zuvor gebannt die Pressekonferenz der Bundeskanzlerin verfolgt hatte, sagte dem nachrichtensender N-TV: „Wir sind zutiefst enttäuscht, hatten eigentlich vorgehabt, am Montag wieder zu öffnen. Leider Fehlanzeige! Das ist jetzt dramatisch. Wir haben täglich laufende Unkosten von 1000 Euro. 30.000 Euro im Monat, die fehlen, die steckt man nicht so einfach weg. Wer kann das schon. Rücklagen sind endlich.“

Hier lesen Sie mehr: So lebt es sich als Anwohner für Düsseldorfs Gangster-Straße Nr. 1

Sogar mit der Insolvenz haben sich Marcel (25) und sein Vater Abed Mansour (62), der den Laden aufgemacht hat, schon beschäftigt: „Das wird jetzt ein Thema, worüber man leider nachdenken muss.“

Auch der katholische Pfarrer Michael Dederichs ist von der Entscheidung der Regierungschefs enttäuscht:

Düsseldorf: Corona-Entscheidung bedeutet das Aus für die „Größte Kirmes am Rhein“ 2020

Und auch für Schausteller und Sebastianus-Schützen ist es der GAU! Die Entscheidung aus Berlin hat der „Größten Kirmes am Rhein“ nämlich drei Monate vor dem geplanten Start effektiv die Millionen bunten Lichter an den Fahrgeschäften und Buden ausgeknipst.

Damit sind für die Organisatoren ihre schlimmsten Befürchtungen wahr geworden (hier lesen Sie mehr). „Der Gesetzgeber hat uns gezeigt was zu tun und zu lassen ist, wieso sollen wir uns da in irgendeiner Form rausnehmen können? Das bedeutet für uns, dass die Düsseldorfer Rheinkirmes in diesem Jahr nicht stattfinden kann.“ Das gibt Lothar Inden (73) vom St. Sebastianus Schützenverein bekannt.

„Das tut richtig weh, immerhin arbeiten wir ein ganzes Jahr daraufhin. Für uns Schützen hat die Stimmungslage den Tiefpunkt erreicht“, sagt Inden.

Düsseldorf: Kirmes-Veranstalter versuchen doch nach Alternativen zu finden

Besonders hart trifft es allerdings die Schausteller. Manche von ihnen können bereits seit Dezember letzten Jahres keine Einnahmen mehr generieren und stehen sehen sich jetzt mit Existenzängsten konfrontiert. „Auch wenn es weh tut, das höchste Gut ist die Gesundheit und die gilt es zu schützen“, so Inden.

Trotz der misslichen Lage versucht der Schützen-Chef optimistisch zu bleiben: "Wir sind im engen Austausch mit den Schaustellern und überlegen was wir für andere Möglichkeiten es gibt." Mehr dazu verraten will er vorerst allerdings nicht und sagt: "Das muss erst ganz klar und eindeutig sein. Leere Versprechen kann man nicht gebrauchen."

Düsseldorf: Hotelier befürchtet Streit mit der Versicherung, will aber keine Mitarbeiter entlassen

Hans-Günther Oepen, Direktor des „Stage 47“ an der Graf-Adolf-Straße – sein Hotel, das 27 Zimmer hat, ist und bleibt vorerst geschlossen. „Wobei Hotels öffnen dürfen – für Geschäftsreisende, nicht für Touristen. Aber wenn keiner kommt, bringt das nichts.“ Elf Mitarbeiter hat er. „Wir haben Kurzarbeit auf Null beantragt sowie Soforthilfe. Die haben wir auch bekommen. Meine Mitarbeiter sind einigermaßen versorgt. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich bei mir melden, wenn es bei ihnen nicht reicht. Ich unterstütze sie und ich werde sie auch nicht entlassen.“

Schlimm sei, dass er zwar eine Betriebsschließungsversicherung habe. „Aber die Versicherung wehrt sich, diese Situation als versicherungswürdig anzuerkennen.“ So ergehe es vielen Hotelbetreibern derzeit. „Das wird wohl eine langwierige Sache, sicher auch mit Prozessen.“

Durch die Corona-Krise hätten viele Unternehmen zudem auf Videokonferenzen umgestellt. Dies könne auch in Zukunft weniger Geschäftsreisende bedeuten.