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Prostitution in DüsseldorfFrauen-Duo schildert Alltag im Rotlicht-Milieu

Seite 18 Optik Aufmacher Prostitution-Symbol

In Sperrbezirken ist Prostituation ohnehin verboten. Dennoch finden auch dort immer wieder Vorfälle statt. (Symbolfoto)

Düsseldorf – Der Sozialdienst katholischer Frauen und Männer (SKFM) in Düsseldorf  bietet neuerdings eine  Beratung für Prostituierte an, zwei Sozialarbeiterinnen gehen dazu in Düsseldorf regelmäßig in Bordelle, Clubs und Wohnungen – unter Sicherheitsvorkehrungen.

Prostituierte in Düsseldorf: Sozialarbeiterinnen beraten

Nina und Katharina sind immer zusammen unterwegs. Mit ihrer Bereichsleiterin Birgit Schmitz erstellen sie jeden Tag eine genaue Route für ihre Besuche, bei jeder Abweichung wird telefonisch Bescheid gegeben. Am Ende des Arbeitstages melden sich Nina und Katharina noch einmal bei ihrer Vorgesetzten.

Und Ihre Nachnamen behalten sie auch lieber für sich. Sicherheitshalber. Die beiden jungen Frauen gehen ins „Milieu“. Sie besuchen Bordelle, Saunaclubs, das Laufhaus hinter dem Bahndamm und Wohnungen, die für Prostituierte angemietet werden.

Zwei Sozialarbeiterinnen beraten Düsseldorfs Huren

Die beiden sind Sozialarbeiterinnen beim Sozialdienst katholischer Frauen und Männer (SKFM) in Düsseldorf und seit August mit dessen neuem Projekt „Rahab“ betraut: Beratung für Menschen in der Prostitution.

Ein allgemeines Beratungsangebot für Prostituierte gab es in Düsseldorf bislang nicht. Deren Bedürfnisse, Sorgen und Fragen sind zwar zum Teil natürlich die gleichen wie von vielen anderen Menschen, wenn es um Kinder, Gesundheit oder rechtliche Dinge geht.

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Aber Prostituierte suchen erfahrungsgemäß die vorhandenen Beratungsangebote nicht auf, weil sie nicht gerne über ihre Tätigkeit sprechen. Also kommen die Sozialarbeiterinnen vom SKFM zu ihnen, wobei das Projekt „Rahab“ auch eine stationäre Anlaufstelle an der Ulmenstraße eingerichtet hat.

Sozialarbeiterinnen betreuen Düsseldorfer Prostituierte

Die kleineren Sicherheitsvorkehrungen bedeuten nicht, dass die beiden SKFM-Frauen in ständiger Sorge oder gar Angst arbeiteten, im Gegenteil: „Wir haben bislang noch keine wirklich unangenehme Situation erlebt“, sagt Nina.

Wie laufen ihre Visiten im Rotlichtmilieu ab? Zunächst kündigt Birgit Schmitz bei den Etablissements den Besuch ihrer Kolleginnen vorab an. Nicht immer, aber meistens sind die beiden dann sehr willkommen. „Wichtig ist, dass wir von Anfang klar machen, dass wir nicht vom Ordnungsamt oder der Steuerfahndung sind, dass wir nicht irgendetwas kontrollieren wollen“, sagt Nina.

Seit dem Projektstart im August haben sie Kontakte zu fast 150 Prostituierten im Alter von 18 bis 64 Jahren aufnehmen können. Experten schätzen, dass es in Düsseldorf etwa 700 gibt. In Bordelle gehen die Sozialarbeiterinnen in der Regel zwei Mal im Monat, dort ist die Mittagszeit relativ günstig für Gespräche, in Wohnungen zwei Mal pro Woche, bevorzugt nachmittags, in Clubs kreuzen sie abends auf.

Sozialarbeiterinnen waren schon bei 150 Düsseldorfer Huren

Gerne verteilen Nina und Katharina zunächst Info-Flyer. Ins Gespräch kommt man dann am besten im Pausenraum, auf dem Weg dorthin begegnen die SKFM-Frauen schon mal Freiern, „manche sind da schon peinlich berührt“, sagt Nina. Die Prostituierten kommen dann meistens schnell um die Ecke mit ihren Themen, berichtet Katharina.

Da geht es ums Sorgerecht für Kinder, ausländerrechtliche Fragen (ein Großteil der Frauen sind Migrantinnen), Krankenversicherung, Schulden, Wohnungssuche oder Kita-Platz. Nicht selten greifen sie dabei auf einen Dolmetscher-Service zurück, weil die Prostituierten aus Rumänien, Bulgarien, Südamerika oder Thailand kein oder nicht genügend Deutsch sprechen und verstehen.

Das Grundprinzip für die Sozialarbeiterinnen lautet: Es wird darüber gesprochen und daran gearbeitet, was die Prostituierten benennen. Birgit Schmitz formuliert das so: „Wir stehen in der offenen Tür und hoffen, zu den Frauen und ihren Sorgen durchgehen zu können.“

Nicht belehren - so lautet der Ansatz der Düsseldorfer Streetworkerinnen

Insofern belehre man auch nicht, der Ansatz sei nicht in erster Linie, die Frauen aus dem Milieu zu befreien. „Viele sind da sehr empfindlich“, sagt Katharina. Wenn jedoch ein Ausstiegswunsch geäußert wird, entwickle man natürlich gemeinsam neue Perspektiven.

Sich nicht erklären oder rechtfertigen müssen – das gefällt den Frauen. „Ich kann hier einfach herkommen und alles erzählen und ihr guckt nicht mal komisch“, hat mal eine Prostituierte in den Räumen von „Rahab“ gesagt.

Das Projekt wird unterstützt vom „Runden Tisch Prostitution“ in Düsseldorf und kooperiert mit einer ganzen Reihe von Partnern wie der Frauenberatungsstelle, Gesundheitsamt, Polizei, Ärzten und natürlich innerhalb des SKFM der Drogenberatungsstelle Komm-pass, der Notschlafstelle Knackpunkt oder der Sozial- oder Schuldnerberatung. 130.000 Euro lässt sich der SKFM das mit anderthalb Stellen ausgestattet Projekt kosten.

Auf die Frage, warum ausgerechnet ein katholischer Träger sich so für Prostituierte einsetzt, hat der SKFM-Vorsitzende Heinz-Werner Schnittker nur gewartet: „Wenn nicht wir, wer dann“, antwortet er. „Wir sind da genau richtig unterwegs.“