Neuer Feuerwehr-Chef im Interview„Die Feuerwehr braucht mehr Frauen“

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Seit wenigen Wochen ist David von der Lieth neuer Chef der Düsseldorfer Feuerwehr.

Düsseldorf – Seit ein paar Wochen ist David von der Lieth endlich der neue Leiter der Berufsfeuerwehr. Um seine Ernennung hatte es zwei Jahre lang ein juristisches Tauziehen gegeben. Jetzt will er durchstarten und die Feuerwehr fit für die Zukunft machen. Und er würde die Feuerwehr gerne auch weiblicher machen.

Herr von der Lieth, war es auch bei Ihnen der Jungentraum, Feuerwehrmann zu werden?

Nein eigentlich gar nicht. Ich bin eher zufällig zur Feuerwehr gekommen. Freunde von mir brachten mich in meiner Heimatstadt Isselburg mit zwölf zur Jugendfeuerwehr. Das hat auch immer Spaß gemacht, aber ich hatte nie daran gedacht, das zum Beruf zu machen.

Sie haben Luft- und Raumfahrttechnik studiert. Wollten Sie lieber Astronaut werden?

(Lacht) Nein, auch das nicht. Ich war fasziniert von Flugzeugen und vor allem Hubschraubern.

Aber in dem Job sind Sie dann doch nicht gelandet.

Nein. Irgendwann im Studium hat glaube ich jeder mal das Gefühl: „Ist das eigentlich das Richtige für mich?“ Weil ich auch als Student in Aachen bei der Freiwilligen Feuerwehr war, bekam ich da erstmals Kontakt zu einer Berufsfeuerwehr. Und da habe ich gesehen, dass da ja auch Ingenieure gebraucht werden. So bin ich 2008 als Brandreferendar in Düsseldorf gelandet.

Nach nur acht Jahren bei der Düsseldorfer Wehr sind Sie jetzt der Chef. Aber löschen dürfen Sie jetzt nicht mehr.

Das ist auch gut so, da gibt es bessere als mich. Bei der Feuerwehr braucht man verschiedene Ebenen, alle sind wichtig, um den Job zu erledigen.

Sie haben viel Erfahrung im Bereich Einsatzleitung. Was waren die schwierigsten Einsätze?

Vom Umfang war das mit Sicherheit Sturm Ela 2014. Da arbeitete die Feuerwehr zehn Tage unter Volllast. Da ziehe ich den Hut vor unseren Mitarbeitern bei der Berufsfeuerwehr und bei der Freiwilligen Feuerwehr Das war eine Mammutaufgabe. Aber auch Danke an die umliegenden Kommunen, den THW und die Bundeswehr, die uns geholfen haben. Es war sehr komplex, die vielen Einsatzkräfte so zu lenken, das man keine Leerlaufzeiten hatte und auf der anderen Seite keine Überlastung. Auf der anderen Seite war der Einsatz beim Empfang der Flüchtlinge am Fernbahnhof 2015 war emotional anstrengend. Aber positiv.

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David von der Lieth im Mannschaftsraum eines Löschfahrzeugs im Gespräch mit EXPRESS-Redakteur Marc Herriger.

Vor Ihrer Nominierung gab es Streit, eine Gewerkschaft schoss quer, zwei unterlegende Bewerber klagten. Belastet das Ihren Start als neuer Chef?

Jeder, der sagen würde, das ist spurlos an einem vorbei gegangen, der sagt nicht die Wahrheit. Ja, das waren Monate, die waren mit einer ordentlichen Belastung verknüpft. Eigentlich wollte ich nur arbeiten. Aber in der Leitungsebene geht es immer darum, Konflikte zu überwinden und Konsens zu erreichen. So gesehen, was das ein gutes Training.

Ihr Vorgänger Peter Albers hat große Fußspuren hinterlassen.

Das stimmt. Er hat aus der Düsseldorfer Feuerwehr eine der leistungsfähigsten des Landes gemacht. Das wollen wir bewahren und wenn möglich ausbauen. Ich bin regelmäßig in Kontakt mit ihm, hole mir den ein oder anderen Ratschlag ab.

Was sind denn die großen Herausforderungen für die Düsseldorfer Feuerwehr?

Technisch gesehen muss man schauen, wohin der Fortschritt geht. Wird es elektrisch angetriebene Einsatzfahrzeuge geben. Wie wirkt sich die Digitalisierung aus? Den Mensch wird man in der Feuerwehr aber nie ersetzen können.

Gibt es Ausrüstung, die Sie sich für die Feuerwehr noch dringend wünschen. Zum Beispiel eine Drohne?

Wir prüfen das zurzeit, es gibt ja auch schon Erfahrungen bei Nachbarfeuerwehren wie in Neuss. Mit denen sprechen wir. Aber das ist kein Allheilmittel. Sollten wir Drohnenunterrstützung brauchen, würden wir eher auf Drittanbieter zurückgreifen. Insgesamt ist die Feuerwehr technisch sehr gut aufgestellt, das gilt es zu erhalten. Wichtig wären aber bauliche Investitionen. Zum Beispiel in die Wache der Freiwilligen Feuerwehr Kaiserswerth, die viel zu klein geworden ist. Wir würden uns einen Neubau außerhalb des historischen Zentrums wünschen. Außerdem natürlich die dringend nötige Modernisierung der Wache in Wersten.

Und was beschäftigt Sie noch?

Die Personalgewinnung. Die Bewerberlage hat sich verändert. Wir haben freie Stellen, hätten liebend gerne mehr Bewerber. Und wir müssen auch mit der neuen Dynamik der Mitarbeiter umgehen. Früher war es so: Wer bei uns anfing, der wurde hier auch pensioniert. Heute gibt es viele Kollegen, die sagen: „Ich will auch mal eine andere Stadt kennenlernen.“

Muss man auch mehr Frauen anwerben?

Ganz klar, das ist ein Muss für die Zukunft.

Woran liegt es, das es noch so wenige Frauen im Einsatzdienst sind?

Das weiß ich auch nicht. Schon bei den Bewerbungen sind es sehr wenige. Und davon fallen dann einige noch im Sporttest durch. Zwar nicht prozentual mehr als bei den Männern, aber weil es so wenige sind, ist das dann ein echtes Problem.

Warum sollte man denn Feuerwehrmann oder -frau werden?

Bei uns kann man die unterschiedlichsten Karrierewege einschlagen, die Ausbildung ist intensiv und umfangreich. Man arbeitet mitten in der Stadt, bekommt die Entwicklungen mit. Und man hat immer mit Menschen zu tun. Kommen Sie zu uns!

Das ist David von der Lieth

David von der Lieth wurde 1980 in Isselburg geboren. Nach einem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Aachen, arbeitete danach unter anderem beim Triebwerkshersteller Rolls Royce. begann er 2008 bei der Landeshauptstadt Düsseldorf ein Referendariat bei der Feuerwehr. 2010 wurde er Leiter der „Strategischen Einsatzplanung“, seit 2017 Leiter des Stabes der Feuerwehr. Von der Lieth lebt (noch) in Köln.