Nach umstrittenem Video mit Skandal-RapperSPD geht auf Distanz zu Thomas Geisel

von Michael Kerst (mik)

Düsseldorf – Es ist ein politisches Erdbeben in Düsseldorf. Eine Welle der Empörung schwappt über das Düsseldorfer Rathaus: OB Thomas Geisel hat ein Video mit dem Skandal-Rapper Farid Bang gedreht.

Heftige politische Reaktionen folgten - und die FDP-OB-Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schuf am Nachmittag ein neues Wort: „Farid-Gate“!

Umstrittenes Video mit Skandal-Rapper Farid Bang: SPD distanziert sich von ihrem OB Thomas Geisel

Und wenig später gingen auch Partei und Fraktion der SPD auf Distanz zu ihrem eigenen OB-Kandidaten.

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Fraktionschef Markus Raub und Parteichef Andreas Rimkus ließen wörtlich mitteilen: „Es ist begrüßenswert, Maßnahmen zu ergreifen, um Vorkommnisse wie in Stuttgart und Frankfurt in Düsseldorf zu verhindern. Dazu können auch bisher nicht erprobte Mittel und Wege genutzt werden. Wir halten aber die Person von Farid Bang für ungeeignet, diesen Weg zu gehen.

Markus Raub und Andreas Rimkus haben das Thomas Geisel als Rathauschef auch so mitgeteilt und deutlich gemacht, dass wir dies nicht gemacht hätten.“

OB-Video mit Skandal-Rapper Farid Bang: CDU will den Rat deswegen aus den Ferien holen

Am Mittwochnachmittag holte die Düsseldorfer CDU wegen dieser Angelegenheit zu einem Paukenschlag aus: Sie fordert eine Sondersitzung des Rates wegen des höchst umstrittenen Videos.

Der Fraktionsvorsitzende Rolf Tups begründete das: „Oberbürgermeister Thomas Geisel hat durch die Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Rapper Farid Bang eine moralische Grenze überschritten. Heute wurde ein Video des Musikers auf dem städtischen YouTube-Kanal veröffentlicht. Wir fordern OB Geisel nachdrücklich auf, den Clip sofort zu löschen, um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden.“

OB-Video mit Skandal-Rapper Farid Bang: CDU bemängelt schwere Fehler von Thomas Geisel

Die CDU-Fraktion finde es völlig unangemessen, dass die Stadtspitze Farid Bang eine Plattform biete, der wegen antisemitischer, frauenverachtender und gewaltverherrlichender Songtexte in der Kritik stehe. Die verfehlten und menschenfeindlichen Aussagen des Künstlers in einzelnen seiner Songs passten nicht zu einem weltoffenen, toleranten und freiheitlichen Düsseldorf, zu dem sich auch OB Geisel stets bekenne.

Tups weiter: „Zudem war es ein schwerer Fehler des Oberbürgermeisters, dass er im Vorfeld keinen direkten Kontakt zur Jüdischen Gemeinde gesucht hat. Dafür, dass sein Sprecher öffentlich zunächst das Gegenteil behauptete, muss sich OB Geisel unverzüglich und persönlich bei der Gemeinde entschuldigen. Das ist unsere dringende Erwartung.“

OB-Video mit Skandal-Rapper Farid Bang: Klare Distanzierung gefordert

Die CDU-Fraktion wolle  eine Sondersitzung des Stadtrats beantragen. Der Rat müsse ein klares Signal der Distanzierung setzen und deutlich machen, dass eine Zusammenarbeit der Stadt mit Personen, die menschenfeindliche und gewaltgeneigte Ansichten vertreten, unerwünscht und ausgeschlossen ist.“

Der Anlass ist dabei ein vermeintlich guter: Wie andere Prominente zuvor, sollte der Rapper für Abstandsregeln in Corona-Zeiten werben.

OB-Video mit Skandal-Rapper Farid Bang: Geisel soll ihn einen „wilden Jungen genannt haben“

„Wir erreichen die Jugendlichen mit unserer Ansprache nicht“, wird Stadtsprecher Marc Herriger in der „RP“ zitiert. Geisel soll vor einigen Tagen das Video im Beachclub bereits angekündigt haben, und zwar mit den Worten, Farid Bang sei ein „wilder Junge, er hat das Herz aber auf dem rechten Fleck“ und „Ich bin ihm super dankbar, dass er das Video gemacht hat.“

Ausgerechnet Farid Bang! Seine Texte gelten als extrem frauenfeindlich. In einem von ihnen verhöhnte er die Opfer häuslicher Gewalt.

OB-Video mit Skandal-Rapper: Farid Bang gilt als frauenfeindlich und antisemitisch

Und noch schlimmer: In dem Song „0815“ auf seinem Album „Jung, brutal, gutaussehend“ rappte er zusammen mit Kollegah folgende Zeilen: „Und wegen mir sind sie beim Auftritt bewaffnet / Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen ...“ Dies brachte ihm schwere Vorwürfe ein, antisemitisch zu sein. Tote-Hosen-Frontmann Campino hielt dazu bei der Echo-Verleihung 2018 eine Wutrede, die sogar zum Ende des traditionsreichen Musikpreises führt.

Anfang 2018 gab die Staatsanwaltschaft Düsseldorf bekannt, dass sie gegen Bang und seinen Rapper-Kollegen Kollegah wegen des Straftatbestands der Volksverhetzung ermittele. Hierzu waren zwei Strafanzeigen bei den Ermittlern eingegangen. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien setzte das Album auf den Index.

OB-Video mit Skandal-Rapper Farid Bang: Geisels Konkurrenten reagierten empört

Ein solche Videodreh mitten im OB-Wahlkampf - das sorgte für schnelle Reaktionen bei Geisels Konkurrenten. CDU-OB-Kandidat Stephan Keller kritisierte harsch: „Es ist mir völlig unverständlich, wie man sich mit jemandem verbünden kann, der bundesweit bekannt ist für antisemitische Provokationen und gewaltverherrlichende und frauenverachtende Texte und Einstellungen.“

Und FDP-OB-Kandidatin Marie-Agnes Strack Zimmermann kündigte einen Offenen Brief an den Oberbürgermeister an. Bei Twitter reagierte sie bereits spontan: „Braucht es wirklich einen Chaoten, der antisemitische & gewaltverherrlichende Zeilen rappt, um die Abstandsregeln der #Corona-VO zu erklären, lieber OB #Geisel? Auf gar keinen Fall, der Zweck heiligt nicht die Mittel. Einfach unnötig und unpassend.“

OB-Video mit Skandal-Rapper Farid Bang: Jüdische Gemeinde widerspricht Stadtsprecher energisch

Der Behauptung des Stadtsprechers, man habe die Meinung der Jüdischen Gemeinde eingeholt und seiner Aussage gegenüber der RP: „Es gab von Seite der Gemeinde zumindest uns gegenüber keine Einwände“, widersprach am Mittwochvormittag die Jüdische Gemeinde energisch: „Ich kann bestätigen, dass weder eine schriftliche noch eine mündliche Anfrage der Stadt Düsseldorf über ein Video der Stadt mit dem Rapper Farid Bang bei uns eingegangen ist. Dies gilt für die sich im Urlaub befindenden Vorstandsmitglieder ebenso wie für unsere Presseabteilung und mich in meiner Eigenschaft als Gemeindedirektor“, so Michael Rubinstein, seit April Gemeindedirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.

Hinsichtlich der bevorstehenden Kommunalwahl ist es aus Sicht der Jüdischen Gemeinde mehr als unglücklich, gerade in diesem Zusammenhang fälschlicherweise zitiert zu werden:„Als eine Gemeinde, die sehr viele Nationalitäten innerhalb ihrer Mitglieder aufweist, verstehen wir selbstverständlich die Bedeutung einer zielgerichteten Ansprache bestimmter Zielgruppen, insbesondere aktuell beim Thema Corona-Virus. Eine Vorbildfunktion von Farid Bang in diesem Zusammenhang vor dem Hintergrund seiner Texte und Aussagen kann und muss jedoch sicherlich kontrovers diskutiert werden.“

Am Mittag stelle die Stadt Düsseldorf das Video mit Farid Bang dann bei YouTube online.