Cockpit-InterviewEXPRESS traf Eurowings-Geschäftsführer Michael Knitter

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Michael Knitter war Chefpilot bei Germanwings. Seit drei Jahren ist er Geschäftsführer und Operations-Chef von Eurowings.

von Jonas Meister (meis)

Düsseldorf – Innerhalb weniger Monate ist Eurowings zur zweitgrößten Airline Deutschlands aufgestiegen. Als Chief Operating Officer (COO) ist Michael Knitter für den Flugbetrieb der Lufthansa-Tochter verantwortlich.

Der Flughafen boomt! Egal ob Eurowings, Condor oder Ryanair, alle wollen nach Düsseldorf (Hier mehr lesen).

Im EXPRESS-Interview spricht er jetzt über den Standort Düsseldorf und die nächsten Herausforderungen der Airline.

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Warum hat sich Eurowings beim Standort für seine größte Station, für den Flughafen Düsseldorf, entschieden?

Weil hier unser wichtigster Standort ist. Mit 40 Flugzeugen und fast 1800 wöchentlichen Flügen ins In- und Ausland sind wir inzwischen Marktführer. Durch den Wegfall der Air Berlin hat sich eine riesengroße Lücke aufgetan, die wir im Sinne aller Fluggäste für den Ausbau unseres Angebots in Düsseldorf genutzt haben. So bleibt Düsseldorf gut an Europa und die Welt angebunden.

Der Airport hat ein Einzugsgebiet von mehr als 18 Millionen Einwohnern, eines der größten in ganz Europa. Diese Nachfrage wollen wir an diesem Flughafen mit Kurz- und Langstreckenflügen konsequent bedienen. Wir sind zurzeit nicht nur die am schnellsten wachsende Airline Europas, sondern wir bieten auch das beste Preis-Leistungsverhältnis.

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Wie groß war die Herausforderung nach der Insolvenz, den Verkehr von Air Berlin auszugleichen?

Natürlich sehr groß. Es gibt in unserer Branche kein Projekt mit einer vergleichbaren Dimension und Komplexität, denn nie zuvor ist eine so große Fluglinie in Europa aus dem Markt gegangen. So haben wir auf der einen Seite mit unserer Tochtergesellschaft Brussels Airlines in Rekordzeit einen komplett neuen Langstreckenbetrieb aufgebaut.

Auf der anderen Seite sind wir im Europa-Verkehr stark mit eigenen Eurowings-Kapazitäten gewachsen. Wir haben darüber hinaus die Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW) an Bord geholt und ausgebaut sowie langfristige Verträge mit Tuifly abgeschlossen. Das war in einer absoluten Ausnahmesituation ein sehr schnelles Wachstum, das so für uns gar nicht planbar war.

Nehmen Sie beim Umzug der Flotte auch Langstrecken-Ziele aus Köln mit nach Düsseldorf?

Während Düsseldorf im Moment ja mehr die Karibik, Florida und New York bedient, ist der Flugbetrieb aus Köln zum Beispiel mit Thailand auch nach Osten orientiert.

Mit dem Winterflugplan und dem Flotten-Transfer wollen wir diese Ziele auch hier an den Düsseldorfer Airport bringen.

Wie hat sich die neue Flotte jetzt, zum ersten Flug-Höhepunkt des Jahres, verkauft?

Die Nachfrage nach Tickets ist sehr stark, und die Osterferien in NRW waren die erste große Reisewelle 2018. In dieser Hochlauf-Phase haben wir mit rund 90 Prozent Pünktlichkeit unser Ziel erreicht. Ich denke, das spricht für eine klasse Vorbereitung. Den Winter haben wir genutzt, um Flugzeuge zu transferieren und mehr als 2000 neue Kollegen in Cockpit und Kabine einzustellen. Alle mussten zunächst auf unsere Eurowings-Standards trainiert werden. Dazu mussten wir sie an allen Standorten ausrüsten, von der Uniform über den Parkausweis bis hin zum Handy.

Und wir sind ja noch nicht fertig. Inzwischen haben wir 185 Maschinen in der Flotte. Das Zwischenziel liegt weiter bei 210 Flugzeugen. Für dieses starke Wachstum suchen wir weiterhin Piloten und Flugbegleiter.

„In Übersee kann schon ein Schnitt im Reifen schwierig werden“

Auf der Langstrecke beschweren sich Gäste öfters, weil ihr Flug um 24 Stunden verschoben wurde. Wie kommt es zu solch langen Verspätungen?

Zunächst einmal wird gerne übersehen, dass unsere Langstrecke zu mehr als 90 Prozent pünktlich ist. Wir fliegen mit Eurowings bald 1000 Flüge pro Tag – und wenn Passagiere bei einem Flug mal außergewöhnlich lange warten müssen, dann sind und bleiben das seltene Ausnahmen. Diese werden dann gerne ins Scheinwerferlicht gerückt.

Dabei kann in Übersee schon ein kleiner Schnitt im Reifen schwierig werden. Hier müssen wir zunächst einmal Techniker organisieren und die Crew – durch die strikten Ruhezeiten – meist wieder ins Hotel schicken. Außerdem habe ich an Zielen wie Kuba kaum schnelle Umbuchungsmöglichkeiten. In New York ist das Umbuchen kein Thema, weil hier schnell auf andere Airlines nach Deutschland gewechselt werden kann.

In Havanna muss man dann erst mal genau schauen, ob der Fehler vor Ort gelöst werden kann. Wenn nicht, dann muss eine Ersatzmaschine zehn Stunden da runter fliegen, die Crew muss getauscht werden, und rasch sind 24 Stunden verstrichen. Das gilt auch wenn nur einer der Piloten mal plötzlich krank wird und neue Kollegen an den Zielort geflogen werden müssen.

Platzhirsch in Düsseldorf – Das ist die Eurowings-Basis

Nach dem Air Berlin-Aus ist Eurowings mit 40 fest stationierten Maschinen zur größten Airline in Düsseldorf aufgestiegen. Und im Winter kommen noch mal vier Langstrecken-Flieger aus Köln dazu. In der Kabine und am Boden hat die Airline in Düsseldorf knapp 1000 Mitarbeiter. Pro Woche werden 1750 Flüge zu 95 Zielen angeboten. So kann Eurowings im Monat eine Million Sitze anbieten. „Damit fliegen wir ganz Düsseldorf alle vier Wochen anderthalb Mal in den Urlaub“, so Knitter.

Ist eine Kapazitätserweiterung sinnvoll und notwendig?

Das Thema Verspätungen spielt nicht nur in Übersee, sondern auch für Düsseldorf aktuell eine immer größere Rolle. Woher kommen diese Probleme?

Eurowings hat hier die gleichen Herausforderungen wie andere Airlines auch. Wir stehen in Sachen Zuverlässigkeit weit vor direkten Wettbewerbern wie „Ryanair“ oder „Easyjet“, sind aber noch nicht am Ziel unserer Bemühungen. Wir wollen die Pünktlichkeit als Ganzes stärken und kontinuierlich verbessern. Hierfür haben wir schon im vergangenen Jahr zusammen mit dem Flughafen, der Abfertigung und der Flugsicherung umfangreiche Maßnahmen beschlossen.

Für uns sind Verspätungen generell das größte Ärgernis, weil sie unsere Kunden nerven und viel, viel Geld kosten. Leider hängt unsere Performance von einem Zusammenspiel etlicher Faktoren ab, und zwar auch von solchen, die nicht in unseren Händen liegen. Flughafen-Dienstleister, die Flugsicherung, die Sicherheitsbehörden oder das Wetter – in dieser Kette muss jede Ampel auf grün stehen, damit Flüge unterm Strich pünktlich sind.

Wie stehen Sie zur geplanten Kapazitätserweiterung am Düsseldorfer Flughafen?

Für uns ist die operative Stabilität entscheidend. Da haben wir 2017 gemeinsam mit dem Airport schon viel erreicht. Das war aber nur ein Teil des Weges. Wir wachsen weiter sehr schnell, das muss alles erst gut bewältigt werden. Wir wollen gemeinsam mit allen am Prozess Beteiligten daran arbeiten, dass der Luftraum und die gesamte Koordination am Boden so funktionieren, dass es eine Erweiterung geben kann.

Derzeit ist es aber zu früh zu sagen, ob eine Kapazitätserweiterung sinnvoll und notwendig ist. Dabei ist mir eines wichtig: Mehr Kapazität darf nicht zu mehr Zeitproblemen führen und auf Kosten des Passagierkomforts gehen.

(exfo)