„Brummi-Andis” mieses LebenAls Junge klaute er Lkw, heute verkauft er Mädchen für Sex

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1999 besuchte Andreas B. die EXPRESS-Redaktion, nachdem er schon mehrfach Lkw geklaut hatte. Er gelobte uns damals Besserung.

von Martin Gätke (mg)

  • Als 14-Jähriger klaute Andreas B. einen Lkw und überfuhr einen Polizisten
  • Jetzt steht er erneut vor Gericht, unter anderem wegen Zwangsprostitution
  • EXPRESS blickt auf das Leben von „Brummi-Andi”; ein Leben auf der falschen Spur

Aachen/Monheim – Als 14-Jähriger klaute er einen Lkw für eine Spritztour, fuhr damit einen niederländischen Polizisten tot – und wurde seitdem immer wieder straffällig. Heute ist „Brummi-Andi“ 33 Jahre alt und steht erneut vor Gericht. Es gibt 72 Anklagepunkte – Straftaten, die er seit 2017 begangen haben soll. Zwangsprostitution, Menschenhandel, Bedrohung, schwere Körperverletzung, menschengefährdende Brandstiftung werden ihm unter anderem vorgeworfen. Was muss passieren, dass ein Junge so sehr auf die schiefe Bahn gerät? Und warum ist einer, der seit fast 20 Jahren die Menschen terrorisiert, immer noch nicht hinter Schloss und Riegel? 

Der junge Mann dort im Gericht auf der Anklagebank gibt sich freundlich und korrekt. „Brummi-Andi“ Andreas B. hört ruhig zu, während in der großen Strafkammer im Aachener Landgericht die 72 Straftaten vorgetragen werden, die ihm die Staatsanwaltschaft diesmal vorwirft. 

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Und die zeigen sein zweites Ich: „Brummi-Andi“ soll Zwangsprostitution betrieben haben, Menschenhandel, Bedrohung, schwere Körperverletzung werden ihm unter anderem vorgeworfen. Er erzählt vor Gericht aus seinem kriminellen Leben, seiner „schweren Jugend“ und spricht wie ein Wasserfall. Und man bekommt den Eindruck, Andreas B. würde sich in der Rolle des Kriminellen gefallen.

Auch sein Vater war Brummi-Fahrer

Seine „Karriere“ als „Brummi-Andi“, sie begann bereits mit 13 Jahren. Seine Eltern trennten sich, da war er neun. Sein Vater, selbst Lkw-Fahrer, wurde mit dem Jungen nicht fertig. „Ich habe meinen Sohn vernachlässigt, weil ich einfach zu viel unterwegs war“, sagte er selbst. 

Der Junge aus Monheim klaute Lastwagen, auch den von seinem Vater, und lieferte sich mit der Polizei gefährliche Verfolgungsjagden. Er fuhr bis nach Holland und Südfrankreich. „Es war so geil mit 300 PS unterm Fuß, und keiner kann dich stoppen“, sagte er damals.

Fünf Mal klaute er schon damals Brummis, er gelobte immer wieder Besserung, „Ich habe viele Menschenleben riskiert, hatte oft einen Schutzengel. Ich habe Fehler gemacht”, sagte er. Dann kam im Zuge einer umstrittenen „erzieherisch therapeutischen Maßnahme“ auf die Ferieninsel Gomera. Und klaute dort erstmal den Wagen seiner Betreuerin. 

Der Alltag des Jungen damals: Eineinhalb Stunden Einzelunterricht in einer Sonderschule. Den Rest des Tages gammelte Andreas allein zu Hause herum. In der Schule soll er Mitschüler verprügelt haben.

2000: Andreas überfährt mit seinem Lkw einen Polizisten

Am 24. März 2000 dann der traurige Höhepunkt von „Brummi-Andi“. Er beging einen Fehler zu viel, der Beginn seiner Knast-Karriere: Wieder war er als 14-Jähriger mit einem gestohlenen Lkw unterwegs, als er in Holland einen Polizisten überfuhr und tötete. Diesmal aber war er strafmündig und kam erstmals in den Jugendknast, sieben Jahre Haft. Von Reue keine Spur: Im Gefängnis vergewaltigte er einen Mithäftling, er war 16. Trotzdem kam er nach vier Jahren auf Bewährung frei.

So ging es weiter in den letzten Jahren: Noch während seiner Bewährungsfrist hat er als 20-Jähriger einen bewaffneten Raubüberfall auf einen Wuppertaler Drogendealer verübt. Andi kannte ihn aus der JVA, sagte: „Ich war so gierig nach Drogen." 

Nachdem er und seine Komplizen an die Tür des Dealers geklopft hatten, öffnete zunächst dessen Schwester, dann stürmte die Bande mit Gaspistolen und Jagdmessern hinein. Andreas B. gesteht: „Dann haben wir alles mitgenommen, was einen Wert hatte.” Er kassierte insgesamt neun Jahre und drei Monate Jugendstrafe.

2008: Wegen ,,günstiger Sozialprognose“ kam er vorzeitig frei

2008 kam er wieder mit einer ,,günstigen Sozialprognose“ auf Bewährung frei. Im selben Jahr heiratete Andi seine langjährige Freundin Sandra und bekommt zwei Kinder mit ihr.

Sein Familienalltag, so kurz nach seiner Freilassung: Er geriet mit einem Bekannten aneinander, weil er eifersüchtig war. Er glaubte, der andere wolle ihm die Freundin ausspannen. Mit einem Warndreieck schlug B. zu. Als sich sein Opfer aus dem Staub machte, fuhr er mit einem Auto hinterher, obwohl er keinen Führerschein hat. Vor der Wohnung des Bekannten schlug Andreas B. dann mit einem Schraubschlüssel zu. 2001 wird er wegen Körperverletzung zu 18 Monaten Haft verurteilt. 2012 dann wegen Waffenbesitzes und anderen Dingen zwei Jahren und acht Monaten Haft.

Aus dem Problem-Jungen ist längst ein Intensiv-Straftäter geworden.

2017 hat Andreas bereits zwölf Jahre im Knast verbracht. Doch er konnte es einfach nicht lassen: Gerade erst beteuerte er in einem Prozess wegen Fahrens ohne Führerschein, sich endlich geändert zu haben, da verbreitet er auf Facebook Videos, die ihn beim Autofahren zeigen - und filmte auch, wie er eine Frau verprügelt! Er protzt: „Ich fahre ohne Führerschein wann ich will.”

Eine tickende Zeitbombe wurde entschärft

„Brummi-Andi“ aus Monheim – in Düsseldorf und im Kreis Mettmann wurde monatelang vergeblich nach ihm gesucht. Polizisten in Aachen zogen ihn am Ende aus dem Verkehr. Und entschärften eine tickende Zeitbombe.

Im Kreis Heinsberg soll er auf Zuhälter gemacht und Minderjährige auf den Strich geschickt haben. Als die nicht mehr wollten, soll er sie brutal geschlagen und bedroht haben. Er setzte sie massiv unter Druck, indem er drohte, ihren Verwandten etwas anzutun. An einem Haus, in dem der Bruders eines Opfers wohnte, soll er Feuer gelegt haben.

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Nun drohen ihm bis zu 10 Jahre Haft – plus Sicherungsverwahrung. Das Urteil könnte Mitte November fallen. Dann könnte „Brummi-Andi“ endlich für längere Zeit hinter Gitter wandern.