Urteil in BonnDeshalb musste ein angeblicher Vergewaltiger freigesprochen werden

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Der Angeklagte wurde zu Prozessbeginn in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Der Haftbefehl wurde aber noch während des Prozesses aufgehoben. 

Bonn/Euskirchen – Acht Monate schmorte er in Untersuchungshaft, dazu stand er einen fast zweimonatigen Prozess durch: Jetzt wurde ein junger Asylbewerber (32) aus Eritrea vor dem Bonner Landgericht freigesprochen. 

Dem Angeklagten war eine Vergewaltigung nach einer Kneipentour in der Nacht zum 27. Juli vorgeworfen worden. Eine Frau (37), die der Asylbewerber an der Theke des „Ratskellers“ in Euskirchen kennengelernt und die ihm zahlreiche Kölsch spendiert hatte, hatte ihn später schwer belastet.

Angeblich sollte er sie in eine Falle gelockt, sie im Kellerabgang eines Mehrfamilienhauses ausgezogen, mit einem Fläschchen Rauschmittel außer Gefecht gesetzt und zum Sex gezwungen haben. Nur weil sie sich gewehrt habe, habe sie sich aus seinen Fängen retten können. Nackt war die 37-Jährige damals auf die Straße gerannt. Völlig aufgelöst hatten Zeugen die stark alkoholisierte Frau angetroffen.

Urteil in Bonn: Zeugin lieferte mehrere Versionen und widersprach sich

Aber so hatte sich die Geschichte offenbar nicht zugetragen – und der Angeklagte, der später am Kölner Hauptbahnhof festgenommen wurde, scheint zu Unrecht belastet worden zu sein. 

Denn, so hatte es die psychiatrische Gutachterin im Prozess bestätigt: Die Aussage der 37-Jährigen sei nicht glaubwürdig und nicht belastbar. Denn das angebliche Opfer habe – was das  Kerngeschehen angehe – mehrere Versionen abgeliefert und sich widersprochen. Auch seien nicht alle ihre Erinnerungslücken auf den starken Alkoholkonsum zurückzuführen. So die Sachverständige.

Urteil in Bonn: Angeklagter hatte sexuelle Handlungen immer bestritten

Nach Bekanntwerden des Gutachtens hat die 37-Jährige sich schließlich geweigert, ihre Aussage im Prozess zu wiederholen; nicht zuletzt um der Gefahr zu entgehen, dass sie sich wegen einer falschen Verdächtigung strafbar machen könnte. Sie könne sich nicht mehr an alles erinnern, ließ sie dem Gericht mitteilen. Damit brach der Vorwurf der Vergewaltigung der Anklage, der vor allem auf ihre Aussage gestützt war, in sich zusammen.

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Der junge Afrikaner hatte immer bestritten, dass es in der Nacht zu sexuellen Handlungen gekommen ist. Vielmehr sei die 37-Jährige ihm nachgelaufen und habe sich selbst ausgezogen. Bei dem Versuch, sie aus dem Kellerabgang zurück auf die Straße zu drängen, sei es zum Gerangel gekommen. Seine Version konnte auch ein rechtsmedizinisches Gutachten nicht widerlegen. Zwar gab es eine DNA-Spur von ihm, aber keine, die eine Vergewaltigung bestätigt hätte.

Entsprechend deutlich war auch der Freispruch der 3. Großen Strafkammer unter Vorsitz von Christina Fallait. Der Haftbefehl des Angeklagten war bereits während des Verfahrens – nach Bekanntwerden des Glaubwürdigkeitsgutachtens – aufgehoben worden. Für die erlittene Untersuchungshaft muss der 32-Jährige auf Staatskosten entschädigt werden. (ucs)