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Bonner Gummibärchen-MacherHaribo hält trotz Gottschalk-Kritik an Entscheidung fest

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Thomas Gottschalk, hier bei einem Pressegespräch im Oktober 2019, äußerte sich zuletzt kritisch über die Entscheidung seines langjährigen Werbepartners Haribo.

von Simon Küpper (sku)Béla Csányi (bc)

Grafschaft/Wilkau-Haßlau – Der Ärger über die Schließung des Haribo-Werks in Wilkau-Haßlau nimmt kein Ende. Auch drei Wochen, nachdem das Bonner Traditionsunternehmen die Aufgabe seines einzigen Standorts im Osten verkündet hatte, kämpfen Mitarbeiter, Gewerkschaft und Politiker für den Standort.

Auch das langjährige Haribo-Werbegesicht Thomas Gottschalk (70) hatte sich vergangene Woche zu Wort gemeldet und gegen die Entscheidung gewettert. EXPRESS fragte bei Haribo nach, wie die Aussagen des TV-Entertainers ankamen und wie das Unternehmen die aktuelle Lage in Wilkau-Haßlau bewertet.

Thomas Gottschalk kritisiert Haribo-Entscheidung in Wilkau-Haßlau

Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) holte zuletzt Gottschalk ins Boot, der von 1991 bis 2014 Werbung für Haribo gemacht hatte. Sein Urteil über die Entscheidung war eindeutig: „Wenn man sich auf die Fahne geschrieben hat: ‚Haribo macht Kinder froh, und Erwachsene ebenso‘ muss man das auch als Arbeitgeber ernst nehmen. Ich bin überzeugt: Mein alter Partner Hans Riegel, der dem Produkt seinen Namen gegeben hat, würde das genauso sehen. Leider sind wir beide nicht mehr im Amt!“

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Haribo wollte die Aussagen seines einstigen Werbegesichts auf EXPRESS-Anfrage nicht kommentieren, äußerte aber Verständnis für den Unmut wegen der Werksschließung. „Wir wissen, dass unser Plan, das Werk in Wilkau-Haßlau zu schließen, ein schwieriger und harter Schritt ist. So etwas löst ganz selbstverständlich Emotionen aus, die wir respektieren“, teilte ein Sprecher des Unternehmens mit.

Haribo hatte den 150 Mitarbeitern einen Sozialplan und die Option auf eine Anstellung in einem der vier anderen Werke (Grafschaft, Bonn, Solingen, Neuss) zugesagt und versicherte am Montag: „Die ersten Gespräche haben bereits stattgefunden und waren aus unserer Sicht für eine erste Sondierung konstruktiv.“

Sachsen beendet Imagekampagne mit Haribo-Produkten

Die Gewerkschaft NGG hatte eine Video-Konferenz mit der Geschäftsführung am Freitag deutlich negativer kommentiert. „Die Eigentümerfamilie Riegel ist gefordert, soziale Verantwortung wahrzunehmen“, sagte Gewerkschaftssekretär Thomas Lißner. Weitere Gespräche sollen in dieser Woche folgen.

In Wilkau-Haßlau ist Aufgeben trotz der unmissverständlichen Signale vom Unternehmenssitz in Grafschaft noch immer keine Option. „Als hätte er sich mit mir abgesprochen... Das Haribo-Werk in Wilkau-Hasslau darf nicht sterben!“, schrieb etwa Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) mit Blick auf das Gottschalk-Statement.

Die Landesregierung ließ bereits Taten sprechen und wird bei ihrer Imagekampagne „So geht sächsisch“ künftig nicht mehr auf Haribo-Produkte setzen. Seit 2014 wurden Tütchen mit Gummibärchen in den Landesfarben Grün und Weiß verteilt. Jetzt sollen nicht einmal mehr die Restbestände genutzt werden. 16.000 Tütchen werden stattdessen an Schulen im Land verteilt.

Politiker in Sachsen kämpfen um Erhalt des Haribo-Werks in Wilkau-Haßlau

Seit der Verkündung glühen die Drähte zwischen Sachsen und dem Unternehmenssitz in Grafschaft. Auch die Politik kämpft verbissen.

Bei einem Gespräch von Wilkau-Haßlaus Bürgermeister Stefan Feustel mit der Haribo-Geschäftsführung wurde sogar Ministerpräsident Michael Kretschmer zugeschaltet. Feustel betonte, dass er nun auch Kontakt zur Eigentümerfamilie Riegel aufnehmen wolle. Wirtschaftsminister Martin Dulig bot Unterstützung in den Bereichen Innovation und Investition an.

Doch das Aus des Standorts ist definitiv. „An unserer grundlegenden Entscheidung ändert dies jedoch nichts. Denn wir haben sie nicht leichtfertig, sondern nach sehr sorgfältiger Analyse getroffen“, verriet ein Sprecher des Unternehmens bereits am 16. November gegenüber EXPRESS.

Kritik an Haribo nach Schließung des Produktionsstandorts Wilkau-Haßlau

Für die Mitarbeiter hält Haribo daher am Angebot eines Sozialplans und einer Anstellung in einem der anderen Werke fest. Diese befinden sich rund 500 Kilometer entfernt am Unternehmenssitz in Grafschaft (Rheinland-Pfalz) und in NRW (Bonn, Solingen, Neuss). Binnen weniger Wochen wäre dieser Schritt nur für die wenigsten zu bewältigen, heißt es kritisch aus Wilkau-Haßlau.

Ein weiterer der Vorwürfe: Die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann beklagte, Haribo habe aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages jahrelang Überschüsse aus dem Werk in Sachsen abgezogen. So sei auch kein Geld in die Instandhaltung der veralteten Technik geflossen, die Haribo nun als Schließungsgrund anführt.

Das Bonner Traditionsunternehmen wehrt sich gegen die Anschuldigung. „Wenn wir ein Werk betreiben, dann halten wir es auch auf einem ordentlichen Stand. Das haben wir auch in Wilkau-Haßlau getan“, bekräftigt der Haribo-Sprecher. Allerdings wären künftig große Investitionen nötig gewesen, um den Standort in Sachsen auf den technischen Stand der vier anderen Werke zu bringen.

Haribo-Standort Wilkau-Haßlau: Corona-Krise einer der Gründe für Werksschließung

Die Auswirkungen der Corona-Krise beschleunigten den Vorgang offenbar.

„Erschwerend kommt hinzu, dass die aktuellen Unwägbarkeiten durch die Corona-Pandemie auch für uns die Notwendigkeit verschärft haben, das Unternehmen für die Zukunft noch wettbewerbsfähiger aufzustellen und die Effizienz unserer Strukturen und Prozesse weiter zu steigern“, äußerte Haribo gegenüber EXPRESS.

Mit anderen Worten: Ein Sparkurs muss her. Der veraltete Standort Wilkau-Haßlau passte aus unternehmerischer Sicht nicht mehr in die gestrafften Strukturen für die Zukunft.

Petition und Kundgebung für Erhalt des Haribo-Werks in Wilkau-Haßlau

Die NGG Ost spricht von einem Schock, will aber noch nicht aufgeben. Am vergangenen Samstag fand in Zwickau eine große Kundgebung statt.

Eine Petition zum Erhalt des Werks haben bis Montag (30. November, 15 Uhr rund 14.700 Menschen unterzeichnet.

Haribos Verbindung mit Thomas Gottschalk sei die längste Werbepartnerschaft (24 Jahre), die es je zwischen einer Marke und einem Prominenten gegeben habe, und war dafür auch ins „Guinnessbuch der Rekorde“ aufgenommen worden. Nachfolger von Gottschalk als Haribo-Gesicht wurde Schauspieler und Comedian Michael „Bully“ Herbig (52).