Unfassbarer Prozess in BonnAngeklagter: „Weiber sind keine Menschen“

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Bereits zum dritten Mal landete der Fall vor einem Bonner Gericht.

Bonn – „Männer sind Menschen, und Frauen nehmen nur am Menschsein teil.“ Deswegen auch seien sie nur „Menschen zweiter Klasse“. Mit solch provokativ-herabwürdigenden Sätzen bekämpft ein 70-jähriger Bonner seit rund acht Jahren den Feminismus, der sich – so der Autor – „die Vernichtung der Männer“ auf die Fahne geschrieben hat. Auf seiner Internetplattform „weiberplage“ ist der ehemalige LKW-Fahrer angetreten, die Würde des Mannes wiederherzustellen. 

Unfassbarer Prozess in Bonn: Bereits zum dritten Mal verhandelt

Mit so zweifelhaften Thesen, dass der Mann „der Schöpfer der Zivilisation und Kultur, dass die Frau parasitär“ und „den Tieren näherstehend“ sei. Erstklassig sei die Frau ausschließlich bei „Schönheitswettbewerben, bei Unterhaltsabzockereien oder beim Falschbeschuldigen“.   

Der Fall, der am Freitag zum dritten Mal vor einem Bonner Gericht verhandelt wurde, hat die juristische Diskussion aufgeworfen, ob öffentlich zugängliche Beiträge, die Frauen allgemein verunglimpfen, zum Hass aufstacheln und die Menschenwürde angreifen unter den §130 StGB der Volksverhetzung zu fassen sind.

Unfassbarer Prozess in Bonn: Angeklagter legte Berufung ein

Im dritten Anlauf sprach das Gericht sein Urteil: Er wurde in fünf Fällen zu 50 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt.

Das Bonner Amtsgericht  hatte bereits im Mai 2019 entschieden, dass wer einen Teil der Bevölkerung – nämlich die Frauen – diskriminiert und damit den öffentlichen Frieden stört, sich strafbar macht. Der Angeklagte wurde damals in sechs Fällen zu 550 Euro Geldstrafe (55 Tagesssätze à 10 Euro) verurteilt.

Der 70-Jährige legte Berufung gegen das Urteil ein. Mit Erfolg. Denn das Bonner Landgericht hat den Verfasser der Verunglimpfungen im Dezember 2019 freigesprochen, aber nur aus rechtlichen Gründen. Der Volkverhetzungsparagraph, so die Überzeugung des Berufungsrichters, schütze nur Minderheiten, die einer nationalen, rassischen, religiösen oder ethnischen Gruppe angehören. Das Merkmal Geschlecht jedoch sei damit nicht erfasst.

Der Fall landete – die Staatsanwältin legte Revision ein – schließlich vor dem Oberlandesgericht Köln: Die Richter des 1. Senates entschieden in einem wegeweisenden Urteil, dass auch die allgemeine Verunglimpfung von Frauen eine Volksverhetzung sein kann. Denn im §130, Abs. 1, Nr. 1 stünde ausdrücklich, dass nicht nur Minderheiten geschützt werden, sondern auch „Teile der Bevölkerung“, wenn sie beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden. Dabei spiele keine Rolle, dass der Frauenanteil sogar über 50 Prozent der Bevölkerung ausmacht. Das OLG hat den Fall wieder ans Landgericht Bonn zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

Unfassbarer Prozess in Bonn: Angeklagter machte immer weiter

Vor der 11. Strafkammer zeigte sich der Angeklagte am Freitag weiterhin uneinsichtig  und hielt ein Plädoyer für das „hohe Gut der Debattenkultur“. Obwohl er spätestens seit 2015 wisse, dass seine verächtlichen Internet-Äußerungen von Juristen als strafbar bewertet würden, habe er ungerührt weitergemacht. Vorsitzende Anke Klatte: „Wenn der Staat sagt, da ist eine Grenze überschritten, müssen Sie das hinnehmen und können nicht so tun, als wäre alles in Ordnung.“ (ucs)