Nach VerhandlungenEndgültige Entscheidung für Bonner Karstadt jetzt gefallen

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Zum 31. Oktober schließt Karstadt in Bonn. Das Symbolfoto zeigt einen geschlossenen Eingang von Karstadt in Düsseldorf im Mai 2020.

von Marion Steeger (MS)

Bonn – Vorbei: Die Bonner Karstadt-Filiale in der Poststraße wird geschlossen. Der Räumungsverkauf läuft, die Verhandlungen zwischen Karstadt, Vermieterin Aachener Grundvermögen und der Stadt Bonn sind gescheitert.

„Wir bedauern es sehr, dass Karstadt sich in Bonn trotz unseres mehrfachen und sehr deutlichen Entgegenkommens für eine Schließung entschieden hat“, so der Geschäftsführer der Aachener Grundvermögen, Dr. Frank Wenzel. „Unser Angebot eines neuen 20-jährigen Mietvertrags mit einer um mehr als die Hälfte reduzierten Miete war ein klares Bekenntnis zu Karstadt und zum Standort Bonn. Am Ende ging es bei Karstadt nicht mehr um die Mietkonditionen – im Vordergrund stand die Schließung des Doppelstandortes,“ erklärt Wenzel.

Karstadt in Bonn: Erfolgreiche Filiale in der Poststraße

Für Oberbürgermeister Sridharan ist die Entscheidung von Galeria Karstadt Kaufhof absolut unverständlich: „Ich bin enttäuscht, dass die unbestritten massiven Reduzierungen, die auch die Stadt Bonn angeboten hat, das Unternehmen nicht umstimmen konnten, obwohl das Bonner Haus zu den erfolgreicheren Filialen gehört. Immerhin geht es um 120 Menschen, die jetzt ihren Arbeitsplatz verlieren werden.“

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Nun gehe es darum, eine bestmögliche Nachnutzung für das auf ein Warenhaus ausgelegte Gebäude zu erarbeiten, so Wenzel: „Wir hatten bis zuletzt die Hoffnung, Karstadt in Bonn halten zu können. Deshalb liegt noch kein fertiges Konzept vor, wie es mit der Immobilie weitergehen könnte.“ Wenzel und Sridharan zeigen sich jedoch zuversichtlich, langfristig eine Lösung zu finden, die der Top-Einkaufslage gerecht werde.

Karstadt in Bonn: Geld aus NRW-Sofortprogramm

„In Zusammenhang mit den Schließungsplänen von Galeria Kaufhof Karstadt hat die Landesregierung angekündigt, 70 Millionen Euro für ein Sofortprogramm der Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung zu stellen. Diese Unterstützung der Innenstädte ist der richtige Weg, weil uns diese in die Lage versetzt, uns dezidiert und mit externer Unterstützung Gedanken über die Fortentwicklung unserer Innenstadt zu machen. Wir wollen frühzeitig zusammen mit den Beteiligten Ideen entwickeln,“ erklärt der OB.

Die 120 Beschäftigten hatten schon vor einer Woche die Kündigung geschickt bekommen. Betriebsrätin Therese Thrun bestätigte dem EXPRESS das Aus für die Mitarbeiter. Sie ging damals schon davon aus, dass am 31. Oktober die Türen geschlossen werden. Thrun:  „Die reizen das aus.“ Heißt: Das Unternehmen ließ sich Zeit mit einem offiziellen Kündigungsschreiben für die Immobilie.

Oberbürgermeister Ashok Sridharan wandte sich am Mittwochnachmittag direkt an die Mitarbeiter: „Ich bin bestürzt, dass all unsere Anstrengungen keinen Erfolg hatten. Ihre gute Arbeit und Ihr Service haben Karstadt in Bonn zu einem Anziehungspunkt gemacht, der in unserer Innenstadt eine Lücke reißt. Ich hoffe sehr, dass viele von Ihnen ein gutes Angebot von Galeria Karstadt Kaufhof bekommen oder anderswo schnell eine neue Aufgabe finden.“

Karstadt in Bonn: Transfergesellschaft für Mitarbeiter

Zwar gibt es für die Bonner Karstadt-Mitarbeiter eine Transfergesellschaft, die helfen soll, einen neuen Job zu finden. Doch nur 45 wollen dieses Angebot nutzen. 

Obwohl Vermieter und Stadt Galeria Karstadt Kaufhof für die Filiale in der Bonner Poststraße ein Top-Angebot gemacht haben, wurden am 20. Juli  schon Tatsachen geschaffen: „Wir schließen diese Filiale“ und „Alles muss raus“ prangte auf unübersehbaren Schildern in den Geschäftsräumen.

Karstadt in Bonn: Hiobsbotschaft kam am 19. Juni

Am 19. Juni kam die Hiobsbotschaft: Die Karstadt-Filiale in der Bonner Poststraße wird dicht gemacht, 120 Mitarbeiter blicken in eine unsichere Zukunft. Nur Galeria Karstadt Kaufhof am Münsterplatz bleibt erhalten.

Doch im Hintergrund liefen Verhandlungen. Es gab ein Top-Angebot: Aachener Grund bot eine Mietreduzierung von mehr als 50 Prozent an, die Stadt Bonn ging beim Erbbauzins runter.

Karstadt in Bonn: Kritik von der FDP

Doch das begeisterte die Bonner FDP so gar nicht. Es gab heftige Kritik an dem „Deal“. „Das Geschäftsmodell von Karstadt ist schon seit vielen Jahren stark angegriffen. Doch für das Missmanagement von Karstadt sind nicht die Bonner Bürgerinnen und Bürger verantwortlich! Denn sie wären es doch, die diesen Deal teuer bezahlen müssten.“ ärgerte sich die FDP-Vorsitzende Franziska Müller-Rech. „Der Oberbürgermeister soll sich besser mit einer Nachnutzung des Grundstücks beschäftigen statt Karstadt städtisches Steuergeld hinterherzuwerfen. Mit dem Verzicht auf Mieteinnahmen lösen wir das Problem nicht, sondern verlagern es nur in die Zukunft.“⠀

Werner Hümmrich, OB-Kandidat der Bonner Liberalen, ergänzte: „Während der Corona-Krise haben viele Beschäftigte ihren Job verloren, wurden in Kurzarbeit geschickt oder bangen noch immer um ihre Zukunft. Geschäfte in der Innenstadt hatten meist keine Chance auf städtische Unterstützung. Umso unverständlicher ist, dass ein millionenschwerer Deal ein Unternehmen unverhältnismäßig bevorzugt.“

Karstadt in Bonn: Senkung des Erbpachtzinses

Konkret sah das Angebot der Stadt so aus. Der Erbbauzins für das Grundstück sollte massiv reduziert werden. Eine entsprechende Dringlichkeitsentscheidung des Stadtrates lag vor. Nach EXPRESS-Informationen ging es um 230.000 Euro pro Jahr. Die Aachener Grund hat angeboten, die Miete um mehr als 50 Prozent (!) – allerdings mit einer 20-jährigen Laufzeit – zu reduzieren.