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SEK-Einsatz in Mechernich„Gottes Sohn“ erlebt bei Gerichtsprozess kleines „Wunder“

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Der psychische kranke Mann musste schließlich vom SEK überwältigt werden. Das Symbolfoto zeigt eine Übung der Truppe in Düsseldorf aus dem Jahr 2008.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn/Mechernich – Roland P. (45, Name geändert) hält sich für „Gottes Sohn“ und sollte dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden. Doch jetzt erlebte er beim Prozess vor dem Bonner Landgericht ein kleines „Wunder“.

Die Unterbringung des 45-Jährigen wurde zurückgewiesen – und Roland P. konnte das Gericht als freier Mann verlassen. In der Begründung hieß es, dass es zwar schuldunfähig, aber keine Gefahr für die Allgemeinheit sei, wie es in der Anklage geheißen hatte. 

Auch das Munitionslager, das in P.s Wohnung gefunden wurden, habe nicht dazu gedient, Waffen zu horten, sondern wurde eher als  Hobby des 45-Jährigen angesehen. In dem Verfahren war auch ein psychiatrischer Sachverständiger angehört worden. 

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SEK-Einsatz in Mechernich: Roland P. gilt wegen seelischer Störung als schuldunfähig

Das Landgericht musste sich nach einem dramatischen SEK-Einsatz in Mechernich mit dem Fall eines 45-Jährigen beschäftigen. Roland P. (Name geändert) soll sich am 14. Februar 2019 mit allen Mitteln gegen eine Zwangseinweisung gewehrt und Polizeibeamte dabei mit einer Schreckschusswaffe bedroht haben.

Am 22. September 2020 war Prozessauftakt. Roland P. gilt wegen einer seelischen Störung als schuldunfähig und laut Anklage als Gefahr für die Allgemeinheit. Auf Nachfrage erzählte er der Richterin, dass er damals viel wach gewesen sei, Musik gehört  und großartige Visionen gehabt habe – nämlich „ein bisschen zu sein wie Gott“ beziehungsweise „eher wie sein Sohn“. 

Die Verantwortung, die man als solcher habe, sei sehr schon sehr „anstrengend“, meinte der 45-Jährige vor Gericht. Auch, dass man vom Teufel gezwungen würde, Drogen zu nehmen. 

SEK-Einsatz in Mechernich: Roland P. tickte aus, als er eingewiesen werden sollte

Laut Antragsschrift hatte der Beschuldigte am 14. Januar 2019 wegen Fremd- und Eigengefährdung untergebracht werden sollen. Seine Vermieterin sowie sein Vater hatten den sozialpsychiatrischen Dienst darauf aufmerksam gemacht, dass der Bewohner offenbar unter einer akuten Psychose litt.

Entsprechend hatte das Ordnungsamt am Tattag zwei Polizeibeamte zur Wohnanschrift geschickt: Die ahnten jedoch nicht, dass der Routine-Auftrag zu einem hochgefährlichen Einsatz werden sollte, der sich über Stunden hinzog.

Beim Eintreffen der Beamten am Nachmittag sei ihnen nach mehrfachen Klopfen zunächst nicht geöffnet worden. Also öffneten die Beamten die Türe mit dem Wohnungsschlüssel, den die Vermieterin ihnen ausgehändigt hatte.

SEK-Einsatz in Mechernich: „Ich hatte Pupillen wie eine Eule“, so der Angeklagte

In der Wohnung stießen sie auf einen aggressiven, wild gestikulierenden Mann, der offenbar unter Drogen stand. „Ich hatte Pupillen wie eine Eule“, gab er beim Prozessauftakt zu. Seit Anfang 2019 habe er wieder zu Amphetamin gegriffen: „Das bekommt mir nicht.“ Er sei in Panik geraten. 

Zudem hielt er einen Gegenstand in der Hand umklammert, den die Polizisten nicht erkennen konnten. Mit Drohgebärden, als wolle er sie schlagen, wehrte sich der Beklagte gegen die Mitnahme. Daraufhin besprühten die Beamten ihn mit Reizgas und beschlossen, Verstärkung zu holen.

SEK-Einsatz in Mechernich: Roland P. erwartete Spezialkräfte mit vorgehaltener Waffe

Zu viert versuchten die Einsatzkräfte dann erneut, den Mann abzuholen. Aber die Wohnungstür war diesmal von innen mit einem Fahrrad verbarrikadiert und durch den Türspalt erschien eine schwarze Schreckschusswaffe. Sie richtete sich direkt auf die Polizisten.

Nach einem erneuten Rückzug wurde der Fall an das SEK überwiesen. Das räumte das Wohnhaus und stürmte gegen 23.30 Uhr die Wohnung, wo sie der Angeklagte mit vorgehaltener Schreckschusspistole erwartete.

Der Richterin erklärte Roland P., dass er die Waffe im Internet gekauft hatte – um an Silvester damit Raketen abzuschießen, sie aber bis dato nie benutzt hatte. 

SEK-Einsatz in Mechernich: Polizeihund stoppte den Flüchtigen nach Sprung 

Zwei Warnschüsse wurden auf den Angeklagten abgegeben, der jedoch erneut entwischte. Mit der Pistole in der Hand unternahm er einen kühnen Sprung aus der ersten Etage in den Hof des Gebäudes.

Weit kam der Flüchtige jedoch nicht. Ein Diensthund packte den Flüchtenden am Bein und stoppte ihn durch einen Biss.

Seitdem war der Beschuldigte, der seit fast 15 Jahren Drogenkonsument sein soll, vorläufig in einer Klinik untergebracht. 2007 war er nach eigenen Angaben schon mal freiwillig in der  Psychiatrie. Dort sei er „reseted“, sein Kopf gelöscht, worden, erklärte er der Richterin. Denn er konnte sich unter anderem nicht mehr an das Geburtsdatum seines Sohnes erinnern. 

Roland P. werden Widerstand und Angriff gegen Polizeibeamte sowie unerlaubtes Führen einer Schusswaffe vorgeworfen. Aber nicht nur das: Die Ermittler hatten bei ihm ein Munitionslager gefunden – mit hochexplosiven Stoffen, deren Aufbewahrung in der Wohnung deshalb strafbar sind.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann bei den Straftaten schuldunfähig war, sie wollte daher eine längerfristige Unterbringung in eine psychiatrische Klinik erwirken. (iri, ucs)