Seit 27 Jahren inhaftiertBonner schreibt 12-Seiten-Brief aus US-Knast

1975: Jens Söring (links) mit seinem Freund beim Cowboy-und-Indianer-Spiel.

1975: Jens Söring (links) mit seinem Freund beim Cowboy-und-Indianer-Spiel.

Bonn/Dillwyn (Virginia) – Es ist ein Bild unbeschwerter Kindheit. Jens Söring steht auf dem Bonner Hardtberg, bewaffnet mit einem Spielzeugrevolver, und grinst in die Kamera. Neben ihm sein Freund, mit Pfeil und Bogen.

Das Foto wurde 1975 geschossen, Jens war neun Jahre alt – und dachte nicht in seinem schlimmsten Alptraum daran, dass er mal als verurteilter Doppelmörder in Amerika im Knast schmoren würde!

EXPRESS bekam jetzt einen Brief von Söring aus dem Gefängnis in Dillwyn, Virginia. Dort sitzt er seit 27 Jahren hinter Gittern, weil er die Eltern seiner damaligen Freundin Elizabeth Haysom ermordet haben soll. Bis heute bestreitet er die Tat.

Auf zwölf Seiten schrieb Jens Söring für EXPRESS seine Erinnerungen an Bonn nieder, wo er von 1973 bis 1977 als Diplomatensohn groß wurde.

„Für mich war das die einzige Zeit in meinem Leben, in der ich »normal« sein durfte“, erzählt er. Die Familie lebte sonst im Ausland. Thailand, Zypern, Amerika. Privilegiert, Jens und sein Bruder besuchten Privatschulen, waren meist sie die einzigen Deutschen.

Ganz anders in Bonn, wo die Familie zuerst in der Nähe der Haribo-Fabrik wohnte, dann zum Hardtberg zog. „Die Herstellung der Gummibärchen erzeugte einen ganz bestimmten Geruch, an den erinnere ich mich noch heute“, so Jens.

Er besuchte die Finkenhofschule. Dahinter, so schreibt er, sei ein riesiger Hügel gewesen, ideal zum Schlittenfahren. Jens hatte in Bonn eine tolle Kindheit, er spielte gerne Cowboy und Indianer, sauste auf Rollschuhen den Hardtberg runter. 1974 fing er beim Olympischen Fechtclub Bonn an, holte bald gute Plätze bei Turnieren.

„Manchmal denke ich darüber nach, was aus mir geworden wäre, wenn ich in Bonn geblieben und olympischer Florettfechter geworden wäre“, schreibt er. Hinter den dicken Gefängnismauern hat er vieles aus seiner alten Heimat noch vor Augen: den Langen Eugen, den Marktplatz und eine Eisdiele in der City. Jens: „Ich hatte als Erster in meiner Klasse eine Freundin – Nicole. Ihr kaufte ich dort ein Pistazien-Eis.“

Selbst als er mit seiner Familie nach Atlanta (USA) zog, träumte er nur von einer Rückkehr nach Deutschland, nach Bonn. Das Schicksal wollte es anders. 1984 begann Jens an der Uni Virginias zu studieren und verliebte sich in Elizabeth.