Prozess um Vergewaltigung in BonnAngeklagter: Ich werde von bösem Geist gesteuert

Neuer Inhalt

Der Angeklagte am Mittwoch (25. November) auf dem Weg in den Gerichtssaal.

Bonn/Reichshof – Das Blitzlichtgewitter, das den jungen Eritreer im Gerichtssaal am Mittwoch erwartete, schien ihm Angst zu machen. Der 33-Jährige Bürgerkriegsflüchtling stürzte theatralisch auf die Knie und suchte Schutz vor den Kameras unter der Anklagebank. Sein Verteidiger zog ihn wieder hoch, versorgte ihn mit einer schwarzen Aktenmappe, um sein Gesicht zu verdecken.

Auch später noch, als die Fotografen längst den Saal verlassen hatten, schien der Angeklagte verwirrt und scheu. Das Verbrechen, das dem 33-Jährigen vorgeworfen wird, ist allerdings an Abscheulichkeit kaum zu übertreffen: Am 19. Juni 2020 soll er eine gelähmte Nachbarin in ihrer Wohnung in Reichshof vergewaltigt haben.

Vergewaltiger berichtet bei Prozess in Bonn von Steuerung durch einen Geist

Mittwoch war Prozessauftakt vor dem Bonner Landgericht: Der 33-Jährige hat nicht bestritten, dass es zwischen ihm und der durch einen Schlaganfall einseitig gelähmten Frau zu einem sexuellen Akt gekommen war: „Ich habe das nicht gewollt, aber ich bin dazu gezwungen worden“, erklärte er dem  Gericht.

Er werde von „Sciene“ - einer Art Geist - beherrscht, der ihm befehle, was er in seinem Leben zu tun habe. So sei er von der fremden Macht beauftragt worden, die für ihn viel zu alte Frau zu vergewaltigen. Er sei nicht „Herr seines Willens“ gewesen.

Angeklagter vergewaltigte halbseitig gelähmte Nachbarin

Für die 59-Jährige war es eine grauenhafte Situation: Am frühen Morgen gegen 8.30 Uhr erschien der Angeklagte unangekündigt in ihrer Wohnung, zerrte sie vom Stuhl ins Bett und zog sie aus. Zunächst habe sie noch mit lauten „Nein“-Ausrufen protestiert, aber dann habe sie sich vor Schmerz nicht mehr wehren können, heißt es in der Anklage.

Am Vorabend soll der 33-Jährige schon mal da gewesen sein und ihren Schlüssel mitgenommen haben. Tatsächlich kannten sie sich vorher nicht, sie waren sich zuvor nie bewusst begegnet. Nach der Gewalttat hatte die 59-Jährige ihre Tochter alarmiert - und die Vergewaltigung angezeigt. 

Angeklagter in Bonn bereits zu mehrjähriger Haftstrafe verurteilt

Es ist nicht der erste Auftritt des Angeklagten in dem Gerichtssaal. Im September 2015 hatte das Bonner Schwurgericht ihn just an diesem Ort wegen gefährlicher Körperverletzung zu fünf Jahren Haft verurteilt: 2014 hatte er in einer Asylunterkunft in Reichshof einen Mitbewohner mit einem Messer lebensbedrohlich in seinem Bett attackiert.

Der Eritreer hatte damals erklärt, dass er sich bedroht fühlte und in Notwehr gehandelt habe.

Nach seiner Haftentlassung im Jahr 2019, so der Angeklagte auf Nachfrage, sei „Science“ erstmals aufgetaucht. „Er wurde mir von diesem Gericht als weitere Strafe auferlegt.“  Seitdem spreche diese fremde Macht nicht nur mit ihm, sondern steuere ihn mit Gewalt.  „Er ist mächtig, viel zu mächtig!“,  stöhnte er. „Es gibt keine Gnade.“ (ucs)