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Opfer in Bonn gegen Kopf getretenSechs Jahre Knast: Walid S. (23) gähnte nach Urteil

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Walid S. am 11. Juli 2019 zum Prozessauftakt mit seinem Anwalt Martin Kretschmer.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn – Paukenschlag im Prozess gegen Walid S. (23). Am Donnerstag, Punkt 12 Uhr, sprach Richter Josef Janßen sein letztes Urteil vor seinem Ruhestand: Sechs Jahre Knast für Walid unter anderem wegen versuchten Totschlags und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte! Aufgrund der Höhe ging ein leichtes Raunen durch das Publikum. 

Walid S. zeigte sich unbeeindruckt

Walid S. selbst schien unbeeindruckt. Er hatte am 10. Februar einem Mann, der bereits auf dem Boden lag, mindestens zweimal gegen den Kopf getreten. „Es war ihm klar, wie gefährlich das ist, was er macht“, so der Richter. Aber das sei dem Angeklagten völlig egal gewesen.

Das Opfer (26) erlitt einen zweifachen Kiefer- sowie Jochbeinbruch. Im Prozess hatte ein Gutachter erklärt, wie heftig die Tritte waren: So, als würde man von einem Auto mit 36 km/h angefahren werden und man krachte mit dem Schädel gegen die Windschutzscheibe. Walid S. ist Kickboxer. 

Walid sei einer, bei dem die Bremsen gelockert sind

Der Angeklagte habe auch nicht von sich aus aufgehört, erklärte Janßen weiter. Sondern erst, als ein Streifenwagen kam. Janßen: „Er ist einer, bei dem die Bremsen gelockert sind. Es sind Nichtigkeiten, die bei ihm zu massiver Gewalt führen – und immer gegen den Kopf.“

Beim Sitzungsschluss in Bonn gähnte Walid S.

Als Josef Janßen um 12.36 Uhr die Sitzung schloss, quittierte Walid S. dies mit einem Gähnen. Sein Verteidiger Martin Kretschmer, der maximal drei Jahre wegen gefährlicher Körperverletzung gefordert hatte, kündigte Revision an. 

Verteidiger kündigte Revision an

„Das Urteil ist deutlich zu hoch“, so Kretschmer. „Ich sehe die rechtliche Wertung deutlich anders. Das reicht nicht für ein versuchtes Tötungsdelikt.“ Er könne auch nicht glauben, dass das Niklas-Verfahren so gar keine Rolle gespielt habe, erklärte er. 

Walid S. galt im Prozess um den Tod des 17-jährigen Niklas Pöhler im Mai 2016 in Bad Godesberg als Hauptverdächtiger, wurde am Ende aber freigesprochen. Bis heute ist Niklas' Tod ungesühnt (hier lesen Sie mehr dazu).

Niklas' Mutter, die den aktuellen Prozess verfolgte, jeden Tag im Gerichtssaal in der ersten Reihe saß, hatte nicht mit solch hoher Strafe gerechnet. „Ich bin überrascht, dass es sechs Jahre geworden sind. Es hilft mir, dass ich weiß, dass er von der Straße ist.“ 

Bonner Ankläger forderte sechs Jahre Haft

Sechs Jahre weggesperrt – Staatsanwalt Alexander Klingberg hatte in der letzten Woche in seinem Plädoyer genau das auch gefordert. 

Walid S. hatte am 10. Februar auf der Rathausgasse einem Mann (26), der bereits auf dem Boden lag, gegen den Kopf getreten (hier mehr lesen). Laut Staatsanwalt habe er das Opfer „unschädlich“ machen wollen, habe ihm daher zwei Tritte verpasst. „Er hat bei der Ausführung gewusst, dass die potenziell tödlich sein können“, erklärte der Ankläger. Doch das sei Walid S. „schlichtweg egal“ gewesen. 

Im zweiten Fall hatte der Angeklagte am 12. Januar Polizisten attackiert, sie verletzt und beleidigt. 

Verteidiger Martin Kretschmer hingegen betonte in seinem Plädoyer, dass beide angeklagten Taten unschön und völlig unnötig gewesen seien (hier mehr lesen). Dennoch, so der Anwalt, seien sie angemessen zu bestrafen. 

Bonner Verteidiger plädiert auf drei Jahre

Er forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Im ersten Fall aber nicht wegen versuchten Totschlags, sondern nur wegen gefährlicher Körperverletzung. 

„Das Wissen um die Gefährlichkeit war vorhanden, das reicht aber bei weitem nicht aus, um zu einem versuchten Tötungsdelikt zu kommen“, erklärte Kretschmer. Zumal das Opfer zuvor von einem anderem zu Boden geschlagen worden war und man nicht wisse, welche Verletzungen dieser Schlag dem 26-Jährigen bereits zugefügt hatte. 

Angeklagter ergriff das letzte Wort

Am Ende ergriff Walid das letzte Wort. Er entschuldigte sich bei den Opfern und erklärte: „Man muss gerade stehen für das, was man macht.“ Anschließend ließ er sich gefesselt und leise vor sich hin pfeifend von den Wachtmeistern aus dem Saal führen.