Notarztwagen tötete Passantin (26)Horror-Crash in Bonn: Gericht hat entschieden

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Der schreckliche und tödliche Unfall ereignete sich im September 2018 in Bonn. 

Bonn – Grabesstille im größten Bonner Gerichtssaal. Dreimal mussten die Prozessbeteiligten am Dienstag umziehen. Zu viele Zuschauer wollten wissen, wie es am 29. September 2018 zu dem folgenschweren Unfall in Bonn-Mehlem hatte kommen könnten, bei dem eine junge Frau getötet worden war.

Vor allem die Mutter und Schwestern der getöteten Fußgängerin (26) saßen wie eine Mahnwache in der ersten Reihe und kämpften mit den Tränen – sowie mit dem Zorn.

Horror-Crash in Mehlem: Fußgängerin wird von Rettungswagen erfasst

„Sie hat noch die Arme gehoben, als der Notarztwagen wie ein wirbelndes Geschoss auf sie zukam, aber sie hatte keine Chance“, erzählte ein Augenzeuge im Prozess.

Der rote Rettungswagen riss die Frau über sechzig Meter mit, bis er von einem Baum gestoppt wurde. Keine Chance mehr für das Opfer, wieder ins Leben zurückgeholt zu werden. Alle Versuche, sie zu reanimieren, scheiterten.

„Tragische Verkettung unglücklicher Umstände“: Verfahren eingestellt

Fünf Stunden lang wurde der Unfall vor dem Amtsgericht verhandelt, viele Zeugen und auch ein Gutachter gehört, der den Crash minutiös rekonstruiert. Am Ende jedoch wurde das Verfahren gegen den Fahrer des Notarztwagens (47) sowie eine Taxifahrerin (63) wegen fahrlässiger Tötung gegen Geldauflagen von 6000 bzw. 1200 Euro eingestellt.

Bei dem Unfall hätte es sich „um eine tragische Verkettung unglücklicher Umstände“ gehandelt, begründete die Richterin die Einstellung.

Beide Angeklagte trügen jeweils eine minimale Schuld an dem Geschehen, die jedoch erst durch das verwickelte Zusammenspiel eskaliert und zu dem Tod der jungen Frau geführt hatte. Jedes Fehlverhalten für sich genommen, hätte nicht dieses tödliche Ende genommen. 

So war der Rettungswagenfahrer auf dem Weg zu einem Einsatz trotz Sonderrechte bei Rot zu schnell – mit 100 km/h – in die Kreuzung eingefahren. Die Taxifahrerin hingegen hätte, so der Vorwurf, stoppen müssen, als sie das Martinshorn gehört hatte.

Rettungswagen riss Fußgängerin 60 Meter weit mit

Obwohl die einstige Lehrerin nicht hatte sehen können, woher der Rettungswagen kam, war sie – „um sich zu orientieren“ – langsam bei Grün in die Kreuzung eingefahren. „Es ist alles so schnell passiert, ich wurde von der Kollision selber überrascht “, so die Angeklagte im Prozess.

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Das Verfahren gegen die Taxifahrerin (l.) und den Rettungswagenfahrer (2.v.r.) wurde am 9. Juni 2020 eingestellt.

Bei dem Zusammenprall war der rote Notarztwagen über das Taxi geflogen und hatte sich vierfach überschlagen, dabei hatte er den Ampelmast, an dem die Fußgängerin stand, aus den Angeln gehoben und die Frau über 60 Meter mitgerissen.

„Eine Tragödie“: Unfallfahrer nach Tod von Fußgängerin freigesprochen

„Als wir in die Kreuzung einfuhren, schien alles frei, die Autos hatten eine Rettungsgasse gebildet“, erinnerte sich die Notärztin (29), die bei dem Unfall auf dem Beifahrersitz gesessen hatte und trotz eigener schwerster Verletzung noch Erste Hilfe geleistet hatte: „Dann kam das Taxi aus dem Nichts. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall, dann hat sich alles gedreht, wie auf einer Achterbahn, bis wir quer zur Fahrbahn liegen geblieben sind: Die Sirene heulte immer noch weiter. Mein Kollege war eingeklemmt, blutete und war bewusstlos.“

„Eine Tragödie“, nannte den Unfall auch der Verteidiger des Einsatzfahrers, der vor allem hatte Leben retten wollen. Durch die Kollision ist der Angeklagte bis heute selber aus der Bahn geworfen und braucht psychische Hilfe. Eine Rettungsfahrt ist er seitdem nicht mehr gefahren.

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Der Unfallort war sieben Stunden lang gesperrt gewesen. Der Rettungsfahrer, die Notärztin, aber auch die Taxifahrerin mussten mehrere Tage in die Klinik. Für die Familie der Getöteten wurde ein Notfallseelsorger gerufen. Ihr Tod ist bis heute noch eine bittere Wunde für die Angehörigen, die durch das Verfahren am Dienstag erkennbar nicht geheilt wurde. (ucs)