Neubau der A565 in BonnHilft neuer Tausendfüßler wirklich gegen Mega-Staus?

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Bis 2027 soll der Tausendfüßler abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. 

von Stefan Schultz (stz)

Bonn – Es soll das Mega-Projekt im Bonner Straßenbau der nächsten Jahre werden: der Neubau der A565, des Bonner Tausendfüßlers. Bis zum Jahr 2027 soll die Brücke quer durch die Stadt zu einer modernen sechsspurigen Autobahn werden. So will man dem Stau-Wahnsinn in Bonn ein Ende setzen. Doch es gibt immer mehr Widerstände gegen das Bauvorhaben.

Mehr Fahrspuren auf unseren Autobahnen und dadurch weniger Staus? Klingt logisch – doch ist es auch so?

Am Wochenende teilte die künftige Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner auf Facebook einen  Artikel des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Hintergrund: Warum breitere Straßen nicht gegen Stau helfen. Der Text befasst sich mit einer Studie aus den USA und die ist deutlich.

Alles zum Thema USA

Zwischen 1993 und 2017 wuchs in den 100 größten städtischen Gebieten der Vereinigten Staaten die Kapazität der Freeways um 42 Prozent. Die Bevölkerung dieser Ballungsräume jedoch nur um 32 Prozent. Trotzdem stieg die Anzahl der durch Staus jährlich verlorenen Stunden im gleichen Zeitraum um 144 Prozent.

Bonner Tausendfüßler: Breitere Straßen machen Autofahren attraktiver

Nach Auffassung des Mobilitätsforschers Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin verbessern breitere Straßen den Verkehrsfluss nur kurzfristig und machen das Autofahren schneller und bequemer. Knackpunkt dabei ist aber auch, dass das Autofahren zwar attraktiver wird, das Pendeln über weitere Strecken aber auch. Dazu nutzt die Bevölkerung häufiger das Auto und produziert somit wieder größere Staus. Im Gegensatz zu den USA verhindere zumindest in Deutschland der ÖPNV Schlimmeres.

Bonner Tausendfüßler: Neue OB fordert Umdenken 

Hinzu kommt in Deutschland der Trend, immer weiter weg vom Arbeitsplatz zu wohnen – ein Lebensstil, der zu mehr Staus führt und den laut Knie auch größere Straßen nicht bewältigen können. Für ihn lässt sich das Problem nur durch Stadtplanung lösen, also Städte der kurzen Wege. 

Doch wie steht die künftige grüne Oberbürgermeisterin zum Projekt Tausendfüßler? Außer Frage steht, dass er saniert werden muss – das Bauwerk hat immerhin 60 Jahre auf dem Buckel. 

„Der Tausendfüßler soll schnell saniert und um einen Radschnellweg ergänzt werden. Aber die Pläne der Bundesregierung zur Erweiterung der Autobahn sind aus der Zeit gefallen. Es darf kein immer weiter so geben, sondern wir müssen Mobilität neu denken. Wichtig ist, die Erfahrungen aus der aktuellen Pandemie zu berücksichtigen. Dann können auch veraltete Prognosen zum zukünftigen Verkehrsaufkommen überarbeitet werden“, so Dörner zum EXPRESS. Die  neue Stadt-Chefin ist froh, dass so viele Bonner aktuell  mit Eingaben und viel Engagement ihre Stimme gegen dieses „überdimensionierte Vorhaben“ erheben.