Bonn/Bornheim – Der alte VW-Polo war fast schrottreif: Das Schloss der Fahrertür war kaputt und auch sonst hatte das Fahrzeug aus dem Jahr 2003 rostige Alterungserscheinungen. Aber für Karim S. (Name geändert), der an der Bonner Uniklinik just ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvierte, erschien der alte Polo wie ein Geschenk des Himmels.

Denn der Fahrer, der das Auto am 8. September 2018 vor einer Pizzeria an der Graurheindorfer Straße parkte, ließ den Schlüssel stecken, knallte die Tür zu und bestellte Nudeln. Karim S., der gelernte Altenpfleger, der ebenfalls in der Pizzeria saß, kämpfte noch eine kleine Weile mit der verführerischen Gelegenheit, die so bereit am Straßenrand parkte und zum Greifen nah schein.

Schließlich erlag er der Versuchung: Er setzte sich in den Polo, drehte den Schlüssel - und rauschte ab.

Gestohlener Polo sorgt für Verwirrung bei Besitzern in Bonn

Der Fahrer des Polo konnte nicht fassen, was er nicht sah, als er die Pizzeria verließ: Das Auto - es war auch noch das seines Bruders - hatte sich in Luft aufgelöst. Einen Monat lang wusste die Familie nicht, welches Schicksal der Polo erlitten hat. Hin und wieder jedoch gab er indirekt ein Lebens-Zeichen.

Denn Karim S., der Autodieb, der den Wagen regelmäßig für seine Fahrten von Bornheim zur Uniklinik nutzte, kassierte permanent Bußgelder: Wiederholt war er in Radarfallen gefahren, vor allem aber parkte er wild auf dem Venusberg: Die Knöllchen landeten in der Post des bestohlenen Autobesitzers.

Besitzer erobern gestohlenen Polo in Bonn zurück

Nun ging der Vater des Geschädigten auf die Spur: Auf dem Venusberg, nämlich dort, wo die Strafzettel geschrieben worden war, hielt er detektivisch Ausschau und wurde am 10. Oktober 2018 fündig: Da parkte der vermisste Polo, keineswegs verjüngt, sondern zudem verkratzt und verdreckt, am Straßenrand.

Der Vater fackelte nicht lange: Mit dem Zweitschlüssel eroberte er das Gefährt sofort zurück. Eine Tankquittung im Auto schließlich gab den Hinweis auf den Dieb: Die Kontonummer führte die Ermittler zu Karim S. nach Bornheim.

Bonner Amtsgericht verurteilt Autodieb – Besitzer nimmt Entschuldigung an

Das Bonner Amtsgericht hat den 26-Jährigen, der zur Zeit als Packer sein Geld verdient, wegen Diebstahls zu 2800 Euro Geldstrafe verurteilt. „Was ich gemacht habe, war furchtbar falsch“, sagte der Angeklagte im Prozess. Es sei die Gelegenheit gewesen, die ihn spontan zum Dieb gemacht habe.

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Schließlich sei seine Situation damals schwierig gewesen, erklärte er wortreich: Mit seinen zwei Brüdern sei er ohne die Eltern 2015 nach Deutschland geflohen; sein Abitur und auch die Ausbildung zum Krankenpfleger seien hier nicht anerkannt worden.

Bei dem Autobesitzer entschuldigte er sich und gab ihm im Prozess zwei Jacken und eine Armbanduhr zurück, die bei der Entführung im Polo gelegen hatten. Der 25-Jährige zeigte sich dankbar und schien Karim S. die dreiste Tat am Ende zu verzeihen. (ucs)