KommentarSpargel-Chaos in Bornheim zeigt, warum wir als Kunden schuld sind

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Die Arbeit der Erntehelfer ist beschwerlich, die Lebens- und Arbeitsbedingungen sind oft schlecht. Unser Symbolfoto zeigt Spargelstecher am 22. April auf einem Feld im sächsischen Nieschütz.

von Béla Csányi (bc)

Bornheim – Die Proteste von Erntehelfern beim Bornheimer Spargelhof Ritter haben in den vergangenen Tagen für viel Wirbel gesorgt. Dabei zeigte sich, dass die prekären Bedingungen für Saisonarbeiter eher die Regel als eine Ausnahme sind. Unser Autor meint: Soll sich das in Zukunft bessern, sind nicht nur die Landwirte in der Verantwortung, sondern auch wir als Verbraucher. Ein Kommentar:

Noch etwa drei Wochen läuft die Spargelsaison. Drei Wochen, in denen Millionen Deutsche eines ihrer Lieblingsgemüse genießen und in denen Kritiker ihnen vorhalten, das Produkt landwirtschaftlicher Ausbeutung fraglos zu konsumieren – Hauptsache, es schmeckt.

Dass gerade beim Spargel längst nicht alles fair abläuft, zeigt nicht zuletzt der Fall des insolventen Bornheimer Spargelhofs Ritter (hier lesen Sie mehr). Saisonarbeiter protestierten dort gegen angeblich nicht vollständige Löhne und prekäre Bedingungen in ihren Unterkünften.

Prekäre Arbeitsverhältnisse für Erntehelfer: Spargel Ritter nur ein Fall von vielen

Auch wenn die Betriebsleitung versichert, alle Löhne korrekt gezahlt zu haben, sind viele Probleme nicht wegzudiskutieren.

Die Unterbringung der Saisonarbeiter auf engstem Raum in notdürftig aufgestellten Containern ist oft problematisch.

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Das Containerdorf bei Spargel Ritter in Bornheim, in dem viele der Erntehelfer untergebracht sind, bei einem Ortsbesuch am 14. Februar.

Die branchenüblichen Dreimonatsverträge beinhalten Kündigungsfristen von einem Tag und geben den Arbeitern keinerlei Sicherheit. Wird die Ernte, wie in Bornheim, vorzeitig abgebrochen, reicht das verdiente Geld teilweise nicht mal für die Rückreise in die Heimat.

Dass viele der in Bornheim gekündigten Rumänen es wegen ähnlich schlechter Bedingungen ablehnten, auf anderen Höfen weiterzuarbeiten, macht vor allem deutlich: Spargel Ritter ist keine Ausnahme, sondern nur ein besonders auffälliger Teil des Problems.

Den Preis für billige Lebensmittel müssen in der Regel andere Zahlen

Durch die Umstände rund um das Coronavirus wird die Diskussion in diesem Jahr besonders intensiv geführt. Wochenlang warteten Landwirte auf Saisonarbeiter aus Osteuropa, die wegen geschlossener Grenzen zunächst nicht nach Deutschland kamen. Viele Bauern fürchteten um ihre Ernte. Dabei wurde deutlich: Die ist mit einheimischen Kräften und selbst mit den vielen freiwilligen Helfern, die sich in der Not angeboten hatten, offenbar längst nicht gesichert.

Hier lesen Sie mehr: Vor Sondergenehmigung für Saisonarbeiter: Landwirte schlugen Alarm, Kölner Spargel-Ernte war in Gefahr

Hier zeigt sich, wie wichtig billige Arbeitskräfte in vielen Bereichen sind, um Produkte möglichst günstig an den Verbraucher zu bringen. Das gilt beim Spargel ebenso wie bei der Fleischproduktion – einem weiteren Problembereich, dessen Missstände zuletzt schonungslos aufgedeckt worden waren.

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Auch Schlachthöfe standen zuletzt als Corona-Hotspots und wegen der schlechten Arbeitsbedingungen im Fokus. Das Foto wurd eam 27. April 2016 in einem Schlachthof in Garrel in Niedersachsen aufgenommen.

Wer als Verbraucher dagegen angehen will, muss sich beim Einkauf von der „Geiz ist geil“-Mentalität verabschieden, die viele von uns noch immer zu häufig lockt. Den Preis für billige Lebensmittel zahlen dabei nämlich andere.