Gepeinigt und versklavtZwang Bonner „Lover Boy“ 16-Jährige zu Sex-Jobs?

Prozess_balken2

Der Angeklagte am Mittwoch im Gerichtssaal.

Bonn – Vor dem Bonner Landgericht muss sich seit Mittwoch ein 36-Jähriger wegen Zuhälterei verantworten, er soll eine erst 16 Jahre alte Jugendliche zur Prostitution gezwungen haben. Der Angeklagte ist bei Gericht kein Unbekannter: Er steht auch im „Sugar-Daddy-Prozess“ wegen schwerer räuberischer Erpressung vor Gericht (hier lesen Sie mehr). 

Miese Masche: „Lover Boy“ spielte die große Liebe vor

„Ich habe ein Auge auf Dich geworfen!“, flirtete er Marlina (Name geändert) in einer Düsseldorfer Disco an. Die damals 16-jährige Schülerin fühlte sich geschmeichelt, so begehrt zu werden. Dann gestand ihr der angeblich verliebte damals 30 Jahre alte Mann, dass er sich eine Zukunft mit ihr vorstellen könne.

Bald jedoch wurde klar, was der „Lover Boy“ tatsächlich im Plan hatte: Eines Tages erklärte er ihr, er fände es cool, wenn sie für ihn als Prostituierte arbeiten würde. Für Marlina eine furchtbare Vorstellung, bei der sie in Tränen ausgebrochen sein soll. Am Ende jedoch siegte offenbar ihre Liebe zu dem 30-Jährigen - und sie spielte in allen Varianten als exklusive Edelnutte mit. Fünf Jahre lang soll sie von ihrer „großen Liebe“ ausgebeutet worden sein, bis die mittlerweile 21-Jährige aus der gemeinsamen Bonner Wohnung verschwand und sie ihn anzeigte.

Bonner „Lover Boy“ ist auch im „Sugar-Daddy-Prozess“ angeklagt

Vor dem Bonner Landgericht muss sich der „Lover Boy“ seit Mittwoch wegen Zuhälterei und Zwangsprostitution verantworten. Der 36-Jährige ist bei Justitia kein Unbekannter: Denn der einstige Präsident einer mittlerweile aufgelösten Rockergang sitzt derzeit noch in einem anderen spektakulären Bonner Fall auf der Anklagebank: Im sogenannten „Sugar-Daddy-Prozess“ muss er sich mit einem 27-jährigen Freund aus dem Rotlichtmilieu sowie einer 31-jährigen Edel-Prostituierten wegen schwerer räuberischer Erpressung verantworten.

Hier lesen Sie mehr: Steuerhinterziehung! Jetzt wird auch „Sugar-Daddy“ angeklagt.

Dem Trio wird vorgeworfen, zwei Jahre lang einen 51-jährigen Geschäftsmann aus dem Sauerland um insgesamt 1,6 Millionen Euro erpresst zu haben. Dieser Fall ist noch nicht aufgeklärt und hat zahlreiche Querverbindungen zu dem neuen Verfahren.

Bonner „Lover Boy“: Mit diesen miesen Methoden soll er sein junges Opfer gefügig gemacht haben

Kein Wunder also, dass der Angeklagte zum Prozessauftakt zu den Vorwürfen geschwiegen hat. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, sich die junge Marlina systematisch gefügig gemacht zu haben: Zunächst gab es Hausbesuche bei vermögenden Freiern,  die 500 Euro für eine Begegnung zahlten, für eine Nacht auch 1000 Euro – und bei Sonderwünsche noch 500 Euro extra. Mit diesen Preisen hatte der 36-Jährige „sein Mädchen“ auch auf einer Sex-Plattform angeboten.

Das Hurengeld musste sie laut Anklage komplett abgegeben. Der Angeklagte habe ihr mit der Rache seiner Rocker-Kollegen, mit seinen vielfältigen Waffen, aber auch mit seinen angeblich guten Kontakten zur Staatsanwaltschaft gedroht.

Früherer Nachtclub in Hennef: 836.000 Euro „Hurenlöhne“ kassiert – aber nicht versteuert (hier lesen Sie mehr)

„Lover Boy“ war kurz im Knast, dann soll er sein Opfer weiter drangsaliert haben

Zwei Jahre dauerte die erste Episode. Eine Untersuchungshaft des Angeklagten machte Marlina zwischendurch frei. Sie ließ den Sex-Job fallen, besuchte die Abendrealschule und arbeitete in einem Bistro als Kellnerin. Aber der Angeklagte kam wieder aus dem Knast – und schien sie erneut zu begehren. Erneut fiel Marlina auf die Liebesschwüre rein. Jetzt sollte sie die 30.000 Euro, die der gemeinsame Umzug gekostet hat, erarbeiten. Dabei soll sie rund um die Uhr überwacht worden sein: mit einer Ortungsapp.

Auch jetzt noch scheint die Angst vor der Rache des Angeklagten groß zu sein. Wenn Marlina als Zeugin aussagt, wird es am Landgericht wieder hohe Sicherheitsmaßnahmen geben. Wie im „Sugar-Daddy-Prozess“. (ucs)