Bonner Richter hört aufKrasse Fälle, Morddrohungen, Hochzeit mit Polizeischutz

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Josef Janßen bei einem Ortstermin auf dem Weg zu einem Mordschauplatz.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn – Mörder, Totschläger, Schwerverbrecher: Josef Janßen (67) hat sie alle klein gekriegt. Selbst die härtesten Jungs sind vor ihm demütig geworden. Jetzt geht Bonns bekanntester Richter in den Ruhestand, nachdem er am Donnerstag mit dem Schuldspruch gegen Walid S. sein letztes Urteil gesprochen hatte (hier mehr lesen).

Janßen gehört zur Spezies von Richtern, die das offene Wort nicht scheuen. 

Weil Walid S. für viele immer noch immer im Verdacht steht, der Täter auch im Fall Niklas zu sein, obwohl er damals freigesprochen wurde, donnerte Janßen: „Es ist ein Freispruch! Kein Freispruch mangels Beweisen. Punkt!“ Prompt herrschte im Publikum Stille.

Richter Josef Janßen seit 1981 im Justizdienst

Der Beueler Jung, geboren im Schatten der St. Josef-Kirche, wollte eigentlich Polizist werden, entschied sich dann aber fürs Richteramt. Seit 1981 war er im Justizdienst, kurzzeitig bei der Staatsanwaltschaft Bonn. Von 1994 bis 1997 jagte er, abgeordnet zur Bundesanwaltschaft, Ex-Stasi-Spitzel. 

Seit 1998 führte Janßen den Vorsitz in Strafkammern des Bonner Landgerichts, seit Juli 2010 war  er Vorsitzender des Schwurgerichts. Dabei musste er auch erfahren, was es heißt, in Lebensgefahr zu sein.

Drogenboss schickte ihm Morddrohungen

Denn 2000 leitete er den Prozess gegen den berüchtigten Boss einer kurdischen Heroinbande – der schickte Janßen Morddrohungen: „Denk mal an deine blonde Freundin und werdende Mutter!“

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Josef Janßen war „viel mehr Mensch als Robe“

Daraufhin wurden der Richter und seine Frau fast zwei Jahre rund um die Uhr bewacht. Sogar während der Hochzeitsfeier und im Urlaub passten Personenschützer auf – selbst im Krankenhaus, als Janßens erste Tochter geboren wurde!

Anschlag auf Richter im Istanbuler Hotel geplant

Als der Bonner zu Vernehmungen nach Istanbul fuhr, rieten ihm die Sicherheitsleute, das Hotel zu wechseln. „Ihr Instinkt trog sie nicht“, so Janßen. Denn später habe er erfahren, dass dort ein Anschlag auf ihn verübt werden sollte.

In seiner Karriere gab es viele Fälle, die Schlagzeilen schrieben. Wie 1991, als ein junger Mann mit einem Kumpel aus Rache den Hausmeister einer Jugendeinrichtung in Hennef entführte.

Sie ließen ihn einen Abschiedsbrief schreiben, dann verbrannten sie ihr Opfer im Wald bei lebendigem Leib.  „Der Angeklagte war hoch intelligent und leugnete den Vorwurf“, erinnert sich Janßen. Doch nach einem langen Verhandlungstag bis weit nach 18 Uhr habe er  ihm in einem Gespräch von Mann zu Mann ein Geständnis herausgekitzelt.

Selbst Tränen vergossen

1992 erschoss eine Frau in Lohmar ihren alkoholsüchtigen Gatten und vergrub ihn mit Hilfe ihres Geliebten im Garten unter einem Rhododendronbusch.

Es war Notwehr, behauptete die Ehefrau. Doch eines ihrer Kinder hatte zuvor die Hand des toten Vaters unter einem Tuch gesehen. Das Mädchen machte weinend die entscheidende Aussage im Prozess. Janßen: „Wir mussten die Sitzung unterbrechen und haben im Beratungszimmer ebenfalls ein paar Tränen vergossen“.

Im Schnitt landen pro Jahr 14 Strafsachen beim Schwurgericht, in den vergangenen neun Jahren hatte Josef Janßen also rund 130 Verfahren geführt. Wenn er jemanden zu „lebenslang“ verurteilen musste, „dann habe ich eine Woche daran zu knabbern gehabt“, gibt er offen zu.

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Janßen mit seinem Vorgänger Udo Buhren (2.v. l.), Landgerichtsboss Stefan Weismann und Oberstaatsanwalt Robin Faßbender

Mit Janßen geht eine Ära zu Ende

Am Freitag wurde Josef Janßen bei einer Feier im Landgericht verabschiedet. In launigen Reden wurde er als humorvoll, offen, impulsiv  beschrieben. „Mit ihm geht eine Ära zu Ende“, erklärte Präsident Stefan Weismann. Und Janßens  ehemalige Beisitzerin Anja Johansson sagte: „Er war viel mehr Mensch als Robe.“