Bonner Jens SöringVerurteilter Doppelmörder frei: Ohne sie hätte das nie geklappt

5F9F220092991402

Jens Söring wurde von viel Presse, aber auch vielen Freunden am Frankfurter Flughafen empfangen. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn/Frankfurt/Virginia – 33 Jahre, sechs Monate, 25 Tage lang ein Gefangener – und jetzt endlich wieder ein freier Mann! Jens Söring (53), der wegen Doppelmordes im US-Bundesstaat Virginia im Gefängnis schmorte, landete am Dienstagmittag in einer Linienmaschine auf dem Frankfurter Flughafen.

Dort wurde der Bonner Diplomatensohn von vielen Freunden und Pressevertretern in Empfang genommen. Doch Sörings erste, sehr persönliche Worte galten einer katholischen Religionslehrerin…

Bonner Jens Söring nach 33 Jahren US-Knast zu Hause

Die Lehrerin Bernadette Faber aus Bitburg in der Eifel ist eine seiner fleißigsten Unterstützerinnen. Als sie am Flughafen auf ihn zukam, nahm er sie in den Arm und zeigte vor laufenden Kameras auf sie: „Ohne sie hätte das nie geklappt!“

Zwölf Jahre lang habe Bernadette Faber für ihn gekämpft, ehrenamtlich, erklärte Söring. „Ihr Nebenjob ist Lehrerin“, fügte er scherzend hinzu. Als Sprecherin des „Freundeskreises Jens Söring“ kümmerte sie sich um die Internetseite, organisierte Aktionen, war Ansprechpartnerin für die Medien. Mehrfach besuchte sie Jens im Gefängnis. Jetzt gehört das der Vergangenheit an.

Dienstag, Punkt 13.03 Uhr, trat Jens Söring im weißen Jogginganzug, in weißen Sneakers und dunkelblauer Steppjacke vor die Presse. „Es ist der schönste Tag meines Lebens – und ich hätte es nie ohne meine wunderbaren Unterstützer geschafft“, erklärte er sichtbar überwältigt vor der großen Anteilnahme und den Tränen nahe. Er umarmte seine Freunde, die in großer Anzahl gekommen waren, um ihn in Freiheit zu begrüßen, dankte ihnen immer wieder. „Damit habe ich bestimmt nicht gerechnet. Das tut gut“, so der 53-Jährige.

Söring kündigte an, jetzt erstmal psychologisch und emotional ankommen zu müssen und bat um Verständnis, dass er sich einige Wochen zurückziehen wird – um Zeit mit seinen Freunden zu verbringen, sie zu besuchen. „Seit 33 Jahren wünsche ich mir nichts mehr, als nach Deutschland zu kommen, und nun stehe ich plötzlich hier – es ist absolut überwältigend“, sagte er. Doch jetzt müsse er sein neues Leben in Freiheit „erst einmal selbst kennenlernen“.

Wie überwältigt er war, zeigte sich auch, als er zum Empfang ins Fraport Conference Center geführt wurde und dabei kurz das Flughafengebäude verließ. Wie ein Kind blickte er mit großen Augen mehrfach zum Himmel hoch und meinte: „Ach Gott, ist das schön, es ist kaum zu fassen.“

Jens Söring will mit Freunden Feiertage verbringen

Über die Feiertage wird Jens Söring Zeit mit seinen Freunden verbringen. „Und dann werde ich langsam entscheiden, wo und wie ich mir ein neues Leben aufbaue“, verriet er. Er versprach, dass er sich in einigen Wochen wieder melden wird. Ganz sicher hat der intelligente, dynamische Ex-Häftling, der sich trotz der quälenden Zeit hinter Gittern nie hat unter kriegen lassen, dann bereits konkrete Pläne.

Doch selbst für ihn wird es nach mehr als 33 Jahren im Gefängnis zunächst nicht leicht, in der Freiheit zurechtzukommen. „Er muss nicht resozialisiert, sondern sozialisiert werden“, meint der Sozialwissenschaftler Bernd Maelicke. „Das ist wie bei einem kleinen Kind – zu lernen, wie ist das mit den Verkehrsregeln, mit dem Internet, mit Smartphones.“ Er rät Jens Söring, sich dafür Hilfe eines Coaches zu suchen.

Jens Söring aus Bonn: Erstmal den US-Knast verarbeiten

Der 53-Jährige müsse auch erstmal die Zeit im US-Gefängnis verarbeiten, sagt Maelicke, der auch Gründungsdirektor des Deutschen Instituts für Sozialwirtschaft ist. „Das ist mit der schlimmste Knast, den man sich vorstellen kann – da ist Gewalt, da sind Drogen, da sind Vergewaltigungen.“ Mit diesen Erfahrungen müsse Söring ein Leben lang leben. Aber dass sich der Bonner Diplomatensohn in solch einem Umfeld nicht habe unterkriegen lassen, zeuge von dessen Stärke, so Maelicke.

Jens Söring ist ein Kämpfer – und er wird in sein Leben in Freiheit zurückfinden, davon sind alle, die ihn kennen, überzeugt. Kurz vor seinem Abflug in Amerika hatte Söring noch „getwittert“: „Gedanklich bin ich schon längst ein freier Mensch. Aber eigentlich war ich wohl ohnehin nie ein Gefangener, im Kopf war ich immer frei.“