Autohändler fast totgeschlagenProzessauftakt in Bonn: Überfall war angeblich Auftrag

Prozessauftakt Troisdorfer Autohändler1 - geblendet

Seit Donnerstag (28. Mai) müssen sich die beiden junge Männer vor dem Bonner Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn/Troisdorf – Sie überfielen am 6. November in Troisdorf einen Autohändler und schlugen ihn fast tot: Jetzt müssen sich die beiden Männer (22, 24) vor dem Bonner Landgericht verantworten – es geht unter anderem um versuchten Mord aus Habgier. 

Beim Prozessauftakt am Donnerstag, 28. Mai, hörte das Duo scheinbar ungerührt zu, als der Kammervorsitzende Klaus Reinhoff die Anklage verlas. Die Vorwürfe sind grausam, äußerst brutal. Der Überfall – angeblich eine Auftragstat!

Prozessauftakt in Bonn: Beide Angeklagten gaben über ihre Verteidiger Erklärungen ab

Er sollte bei dem Autohändler einen besonderen Schlüssel besorgen, so sei der Auftrag gewesen, ließ der 24-Jährige über seinen Verteidiger Michael Hakner erklären. Was es mit dem Schlüssel auf sich hatte, dazu sagte der Angeklagte nichts. 4000 Euro sollte er dafür kriegen, die Hälfte bekam er als Vorschuss.

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In Bezug auf seinen „Auftraggeber“ wollte er keine Angaben machen – aus Sicherheitsgründen, wie er erklären ließ.  

Prozessauftakt in Bonn: 24-Jähriger gibt Überfall auf Händler zu

Der 24-Jährige gab aber zu, den Händler in dessen Containerbüro gemeinsam mit dem Mitangeklagten überfallen und mit einer Vielzahl von Fußtritten gegen den Kopf verletzt zu haben. Auch räumte er ein, dem Opfer ein Tischbein ins Gesicht gerammt zu haben. Er habe eine ungeladene Waffe dabei gehabt, um dem Händler Angst zu machen. 

Den Mitangeklagten habe er dazu gebracht, bei dem Überfall mitzumachen, so der Angeklagte weiter. Er habe ihm gesagt: Da ist kein Risiko, wir holen nur einen Schlüssel...

„Wie die Sache dann eskalieren konnte, kann ich mir nicht erklären“, so der 24-Jährige vor Gericht. Er habe vorher Kokain genommen und das Geld gebraucht, um Schulden bei seinem Dealer zu begleichen. 

Prozessauftakt in Bonn: „Wir sind plötzlich richtig durchgedreht“

Auch der 22-Jährige ließ sich über seinen Anwalt Peter Krieger zur Sache ein. Demnach hatte der 24-Jährige ihn gefragt, ob er ihm bei „einer Sache“ helfen würde und hinzugefügt, dass „der“ sich nicht wehren würde.

Obwohl das dann auch der Fall gewesen sei und der Händler sich nur schützen wollte, „sind wir plötzlich richtig durchgedreht“, so der junge Angeklagte. Er schäme sich dafür, was er dem Mann angetan hat. 

Prozessauftakt in Bonn: Laut Anklage wurde Autohändler auf brutale Weise misshandelt

Das Duo hatte dem Geschäftsmann, der hinter seinem Schreibtisch saß, keine Zeit gelassen, zu reagieren. Laut Anklage zerrten sie den 48-Jährigen hinter dem Tisch hervor, warfen ihn zu Boden und misshandelten ihn auf so brutale Weise, dass er keine halbe Stunde später am Kopf schwerstverletzt war und sämtliche Gesichtsknochen zertrümmert waren (hier lesen Sie mehr).

Eine Zeugin hatte in dem Spicher Gewerbegebiet die Hilfeschreie gehört und die Polizei alarmiert: Der Autohändler wurde bewusstlos und lebensbedrohlich verletzt in seinem Container gefunden und musste sofort in die Intensivmedizin, wo er künstlich beatmet wurde. Erst fünf Tage nach dem Raubüberfall konnte er erstmalig vernommen werden.

Bonner Staatsanwaltschaft wirft Tätern gleich zwei Mordmerkmale vor

Die Bonner Staatsanwaltschaft hat die mutmaßlichen Täter wegen versuchten Mordes, besonders schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt.

Wie Gerichtssprecher Tobias Gülich erklärte, werden den 24 und 22 Jahre alten Angeklagten aus Duisburg gleich zwei Mordmerkmale vorgeworfen: Habgier sowie Ermöglichung einer Straftat.

Angeklagte attackierten Troisdorfer Autohändler brutal mit einem Tischbein

Ob der Überfall tatsächlich ein Auftrag war, muss der Prozess ergeben. Zunächst war man davon ausgegangen, dass die Angeklagten viel Geld bei dem Gebrauchtwagenhändler vermutet hatten, aber nicht fündig geworden waren und entsprechend grausam gegen den Mann vorgingen. 

Während der Jüngere laut Anklage das Opfer festhielt, soll der Ältere ihm das Tischbein eines Couchtisches mit Wucht und gezielt ins Gesicht und in ein Auge gerammt haben. Allein hierdurch brachen die Augenhöhlenböden und -wände und der linke Augapfel erlitt eine Prellung.

Nach weiteren gezielten Fußtritten und Schlägen gegen den Kopf wurde der Händler mit Tapeband geknebelt. Zum Abschied soll es laut Anklage von jedem Täter noch einen wuchtigen Extra-Tritt gegeben haben.

Angeklagte durchsuchten auch Kölner Privatwohnung des Autohändlers

Die Angeklagten flohen mit einer schwarzen Tasche, in der sich zahlreiche Autoschlüssel befanden, auch hatten sie die Wohnungsschlüssel des Händlers mitgenommen und sollen anschließend noch seine Kölner Wohnung durchsucht haben. Aber auch hier konnten sie kein Bargeld oder Wertsachen finden.

Zurückgelassen jedoch hatten die Angeklagten Spuren am Tatort: Vor allem waren die vermummten Männer von einer kleinen Kamera im Bürocontainer aufgenommen worden.

Täter drei Wochen nach öffentlicher Fahndung in Duisburg ermittelt

Die öffentliche Fahndung mit den Tatortfotos war erfolgreich: Drei Wochen später, am 29. November 2019, konnten sie in der gemeinsamen Wohnung in Duisburg festgenommen werden. Seitdem sitzen sie in der JVA Köln in Untersuchungshaft.

Hier lesen Sie mehr: Duo schlug Autohändler aus Köln fast tot

Beide Angeklagte hatten bislang zu den Vorwürfen geschwiegen: Der 24-Jährige ist bereits einschlägig – wegen Raubüberfällen und Körperverletzungen – zu Jugendstrafen verurteilt worden. Sein Komplize hat „nur“ eine Vorstrafe wegen Diebstahls. (ucs, iri)