„Und was empfehlen Sie zum Fisch?“Jutta Knoll aus Bonn-Mehlem macht in Bier

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Vom Schreibtisch ans Bierfass: Jutta Knoll aus Mehlem ist seit drei Jahren Bier-Sommelière.

Mehlem – Von wegen Männersache: Jutta Knoll aus Mehlem ist Bier-Sommelière und damit eine der wenigen weiblichen Experten auf diesem Gebiet. Ihr Ziel: „Die Leute sollen das Bier mehr zu schätzen lernen.“

Auf lange Sicht wünscht sich Knoll, „dass man im Restaurant irgendwann mal fragt: Und welches Bier empfehlen Sie zum Fisch?“ Die 47-Jährige würde gerne Restaurants beraten. „Es gibt Weinkarten und Empfehlungen, aber keine für Bier.“ Zu jedem Gericht fällt der Sommelière ein Bier ein.

Bier-Sommelière Jutta Knoll aus Mehlem bietet Verköstigungen an

Bier ist das Lieblingsgetränk der Deutschen. In Köln hat soeben das kleinste Brauhaus der Welt eröffnet. Dass Bier nicht nur bitter, sondern auch exotisch schmecken kann, lernen die Teilnehmer bei Knolls Verköstigungen.

Knoll will das Image des Hopfen-Getränks aufpolieren – speziell das von Craft-Beer, handwerklich gebrautem Bier unabhängiger Brauerein.

Sie liebt experimentierfreudige Brauer und Biere mit natürlichen Inhaltsstoffen: „Es gibt Biere, die im Whiskey- oder Rum-Fass reifen und so eine Holz- oder Vanille-Note aufnehmen.“

Vom Schreibtisch ans Fass: Bier-Sommelière braute erst selbst

Knolls Bier-Leidenschaft hat ihre Wurzeln in ihrer Jugend in Brüssel. Dort lernte sie verschiedene Bier-Stile kennen. „In Deutschland war ich aber später gar nicht so der Bier-Trinker“, erzählt Knoll. Und erst arbeitete die 47-Jährige für die Telekom in der Kommunikationsabteilung.

Aber in Mehlem traf Knoll einige Hobby-Brauer, die ihr Bier mitbrachten. „Das fand ich viel leckerer und habe dann gleich selber angefangen.“

Die Brau-Experimente im eigenen Keller waren zwar ein Erfolg. Doch eine Brauerei zu gründen, war Knoll dann doch zu teuer. 

Wie wird man Bier-Sommelière? 

2017 absolvierte Knoll stattdessen die Ausbildung zum IHK-Bierbotschafter und zur Bier-Sommelière. Dort lernte sie mehr über Chemie, Herstellung und Bier-Fehler.

Unter ihren Kollegen sind viele Brauer, ein paar aus der Gastronomie und dem Getränke-Handel oder Hobby-Brauer wie Knoll. Nur 16 Prozent sind Frauen. „In der Branche ist das ganz unkompliziert, aber privat werde ich schon mal gefragt: Wie kommst du als Frau denn dazu?“

Was macht eine Bier-Sommelière?

Bei Knolls Instagram-Kanal fällt erstmal auf: Die Sommelière trinkt das kühle Blonde nicht aus Flasche oder Humpen, sondern aus einer Art Weinglas. „So hat das Bier die Möglichkeit, alle Aromen zu entfalten“, erklärt Knoll. „Da passt auch die Nase besser rein.“

Für jedes Bier gibt es das passende Glas. Kölsch soll im schmalen Glas beispielsweise schnell und frisch runtergehen.

Corona-Pandemie: Jutta Knoll bietet Bier-Tasting online

Knoll bietet Bier-Verköstigungen auf Firmenveranstaltungen und im Atelier „Zwei Zwei Drei“ an. Seit der Corona-Pandemie muss man für das Tasting nicht mal das Haus verlassen: Knoll liefert das Bier für knapp 40 Euro, dann wird über Zoom gemeinsam probiert. Die Online-Verköstigung ist besonders bei Firmen beliebt. 

Regel Nummer eins beim Bier-Tasting: Nicht ausspucken!

Zum einen schmeckt man auf der Zunge hinten das Herbe, erklärt Knoll, zum anderen: „Das Ganze soll ja auch Spaß machen.“ Vor Ort werden dann jeweils 0,1 Liter von acht ganz unterschiedlichen Bieren probiert.

Dazu gibt es Brot und Wasser zum Neutralisieren. „Es gehen alle fröhlich und lustig, aber keiner sturzbetrunken nach Hause.“

Knoll erklärt Herkunft und Brauverfahren der Biere. Besonders spannend sei die Geschichte: „Viele denken, das erste Bier wurde von Mönchen im Mittelalter gebraut. Funde aus einer Höhle in Israel haben aber gezeigt, dass Bier schon mehr 13000 Jahre alt ist.“

Bier-Sommelière aus Mehlem: Die besten Brauer der Region

  • Ale-Mania, Craft-Beer-Brauerei aus Bonn: „Mein Liebling ist der Saison Riesling von Ale-Mania. Das ist ein Wein-Bier-Hybrid, Ergebnis einer Kooperation von Brauerei und Weingut.“
  • Seven Mountains Brewery aus Königswinter: „Ich trinke gerne das Dubbel oder Wieß, der Vorläufer des Kölsch.“
  • Drachenfelser Brauzeugen aus Wachtberg
  • Bonn Docs aus Bonn: „Dahinter stecken zwei Ärzte, die bei Fritz Wülfing von Ale-Mania brauen. Das nennt man Gypsy-Brauen.“ Knolls Favorit: das Pale-Ale.
  • Nicht fehlen darf natürlich das Bönnsch: „Das finde ich klasse. Die traditionellen Brauer hier sind alles keine Industriebrauereien.“

Sommelière aus Mehlem will Bier-Image aufpolieren

Ein hochwertiges Bier kann ganz schön was kosten, weiß Knoll: „Damit da kein Hopfen-Extrakt drin ist, muss man tiefer in die Tasche greifen. Eine Flasche kostet zwei oder drei Euro.“

In Belgien gibt es schon länger eine Bier-Kultur mit vielen Sorten, erzählt Knoll: „Der Wert des Bieres ist in Deutschland etwas verloren gegangen. Der Verbraucher will nicht viel dafür zahlen. Dabei ist es ein tolles Produkt und ein altes Kulturgut.“

Bier muss nicht bitter sein. Immer öfter wird Aroma-Hopfen verwendet, erklärt Knoll. „Das sind neue Züchtungen. Mit denen schmeckt das Bier tropisch nach Maracuja oder nach Minze. Und das nach Reinheitsgebot!“ Aus den USA kam die neue Bewegung nach Deutschland, wo man lange vor allem Bitter-Hopfen angebaut habe. 

Am Ende gilt für Knoll als Genussmensch aber ganz klar: „Man soll trinken, was einem schmeckt.“

Ab September gibt es auch wieder Live-Verköstigungen mit bis zu zehn Personen in Mehlem, zum Beispiel am 4. Oktober unter dem Motto „Bier und Käse“. Kostenpunkt: 40 Euro. Mehr Infos gibt es auf Knolls Homepage. (lmc)