„Man klebt quasi an den anderen“Corona-Angst bei Schülern in Bad Godesberg

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Dicht an dicht sitzen Schüler des Friedrich-List-Berufskollegs in Bad Godesberg im Computerraum.

Bonn/Bad Godesberg – Oft wird kritisiert, dass junge Leute ermahnt werden müssten, sich an die Corona-Regeln zu halten. Bei Schülern des Friedrich-List-Berufskollegs in Bad Godesberg ist das anders. „Es gibt keinen Mindestabstand! Man klebt quasi an den anderen Schülern. Jeder hat hier Angst vor dem Virus“, klagen sie in einer Mail an den EXPRESS.

Zwei Fotos geben Grund zur Sorge. Auf einem sitzen die Schüler zwar mit Maske nebeneinander, aber ohne Mindestabstand wie die Hühner auf der Stange. Das andere Bild zeigt mehrere Gruppen, teils eng gedrängt, vor dem Schulhof beim Rauchen. Was ist da los? EXPRESS hat mit Schulleiterin Antje Kost darüber gesprochen.

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Mindestabstand ist bei einigen Raucher-Grüppchen vor dem BFG Fehlanzeige.

„Das Foto zeigt den Eingangsbereich zur Schule“, bestätigt Antje Kost, betont aber: „Dieser Bereich liegt außerhalb des Schulgeländes.“ Das heißt: Die Schule hat keinen Einfluss darauf, was die eng gedrängten Raucher-Grüppchen in Sichtweite tun. „Wir können nur versuchen, in guten Gesprächen auf sie einzuwirken.“

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Corona-Angst bei Schülern in Bad Godesberg: Appell an Eigenverantwortung 

Die Eigenverantwortung der Schüler sei da gefragt, sagt die Schulleiterin. Die lässt im „Gruppenverhalten“ allerdings zu wünschen übrig. Die Aufsichten appellierten daran regelmäßig, sagt Kost. Wenn man auf sie zugehe und die Regeln nochmal erkläre, reagierten die Schüler auch und gingen auseinander.

Antje Kost hat versucht, Unterstützung von der Stadt zu bekommen: „Vor den Herbstferien haben wir das Ordnungsamt darauf hingewiesen.“ Die Schulleiterin hatte gehofft, dass die Beamten dann regelmäßig kontrollieren würden. „Das war aber personell nicht möglich.“

Corona-Angst bei Schülern in Bad Godesberg: Abstand halten ist schwer

Doch wie sieht es im Einflussbereich der Schulleiterin mit der Einhaltung der Regeln aus? „Auf dem Schulgelände werden die Vorgaben der Landesregierung umgesetzt“, betont Antje Kost.

Das heißt: Masken, Lüften, feste Sitzordnungen, freiwillige Corona-Tests für Lehrer, Abstände. Aber das mit den Abständen ist im Schulgebäude offensichtlich nicht so gut umsetzbar.

Corona-Angst bei Schülern in Bad Godesberg: „Wir sitzen zwischen den Stühlen“

„Wir sitzen selber zwischen den Stühlen. Die Vorgabe der Landesregierung sieht Präsenz-Unterricht in voller Klassenstärke vor. Die Räume sind somit natürlich voll besetzt“, sagt Ante Kost.

Die Verpflichtung kollidiert mit der Ausstattung der Schule. Zu dem Foto aus dem Klassenraum erklärt Antje Kost: „Im Computerraum ist die Sitzordnung aufgrund der technischen Gegebenheiten vorgegeben. Eine Erweiterung des Sitzabstandes ist nur mit baulichen Veränderungen möglich.“

Corona-Angst bei Schülern in Bad Godesberg: Freude über Maskenpflicht

In den anderen Klassenräumen sitzen die Schüler des Friedrich-List-Berufskollegs mit Abständen zwischen den Tischen. Dass die Schüler Doppeltische teilen, sei aber nicht vermeidbar, sagt Antje Kost. Sie freut sich über die Maskenpflicht: „Das Ansteckungsrisiko wird geringer.“

Die Einhaltung der Maskenpflicht klappt laut Kost gut: „Die meisten Schüler sehen die Notwendigkeit ein, eine Maske zu tragen.“ Wenn nicht, würden klärende Gespräche oder ganz selten erzieherische Maßnahmen helfen.

Corona-Angst bei Schülern in Bad Godesberg: Überfüllte Busse

Die Schüler berichten in ihrer Mail von überfüllten Bussen. Dass das Schulamt die Taktung der Busse zu Stoßzeiten erhöht hat, bemerken die Schüler nicht.

Die Schüler fordern, dass die Klasse wochenweise aufgeteilt wird. Was sagt die Schulleiterin dazu? Braucht es weitere Maßnahmen? „Das ist eine schwierige Frage und vor allem eine politische“, sagt Antje Kost, aber sie könne die Ängste und Sorgen verstehen.

Corona-Angst bei Schülern in Bad Godesberg: Situation verschärft sich

Schüler, Ausbilder, Lehrer, Eltern - alle fragten sich: Welchem Risiko setze ich mich da aus?

„Man liest in der Presse: Die Zahlen steigen. Die Situation verschärft sich. Auf der anderen Seite wird der Schulbetrieb am Laufen gehalten", sagt Kost. „Das schafft einerseits ein mulmiges Gefühl, aber die Erfahrungen aus dem ersten Lockdown zeigen, dass eine komplette Schulschließung große Nachteile mit sich bringt, gerade für Schüler in schwierigen häuslichen Situationen.“

Corona-Angst bei Schülern in Bad Godesberg: Schulleiterin kann Klassen nicht aufteilen

Schulleiterin Kost kann die Klassen nicht aufteilen: „Für eine Klassenteilung habe ich keine Rechtsgrundlage. Ganz zu schweigen vom Personal, das dann 100 Prozent mehr arbeiten müsste. Das hält keiner aus.“

Dass die Schüler untereinander über Ansteckungsängste diskutieren, war Schulleiterin Antje Kost noch nicht aufgefallen. Der Hilferuf der Schüler hinterlässt einen anderen Eindruck. Am Ende der Mail schreiben die Verfasser: „Das kann so nicht weitergehen.“

„Ich hoffe, dass wir gut durch die Zeit kommen bis Weihnachten. Dann können wir zunächst ein wenig Luft holen“, sagt Antje Kost. Sie hält sich an die Vorgaben des Landes, will die Ängste ihrer Schüler aber ernst nehmen.

Zum Abstandsproblem im Computerraum verspricht sie: „Wir werden nochmal Kontakt mit dem Städtischen Gebäudemanagement und dem Schulamt aufnehmen.“ (lmc)