Fohlen-Legende wird 75So feiert Jupp Heynckes „dahoam“ am Niederrhein

Heynckes Geburtstag

Jupp Heynckes spielte von 1970 bis 1978 für Borussia Mönchengladbach.

Schwalmtal – Vogelgezwitscher. Blätter, die in milden Frühlingstagen im leichten Wind sanft rascheln. Pferde, die, umringt von gewaltigen Baumkronen, gelassen dreinblickend das Treiben um sie herum verfolgen. Dazu prägen Felder, Landhäuser und Bauernhöfe das Bild. Willkommen im 130-Seelen-Örtchen Fischeln. Gemeinde Schwalmtal. Niederrhein.

Geplant: Ruhiger Abend mit Frau Iris

Ganz tief im Westen unserer Republik liegt das Refugium von Jupp Heynckes und seiner Frau Iris. Die beiden leben auf einem liebevoll restaurierten Bauernhof mit 5.000 Quadratmetern Grundstück. Casa de los Gatos, Haus der Katzen, heißt das prächtige Anwesen. Dort wird der Mann, der in Mönchengladbach als Fohlen-Legende verehrt wird und als bislang einziger Trainer dem FC Bayern München das Triple-Wunder bescheren konnte, am Samstag seinen 75. Geburtstag feiern.

Ohne viel Tamtam. „Den 75. werden wir ganz spartanisch daheim verbringen“, verrät Heynckes im Gespräch mit der „Welt“. „Ich weiß, dass meine Frau ein schönes Gericht zaubern wird. Bei einem Glas Wein werden wir dann am Abend über alltägliche oder vergangene Dinge sprechen. Das wird schön. Ich hatte nicht vor, groß zu feiern. Wenn man älter wird, gibt es doch keinen Grund, überschwänglich zu feiern.“

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Jupp Heynckes, der stille Genießer

Jupp, ein echter Gladbacher, feiert „dahoam“. Im engsten Kreis. Er sei schon immer ein stiller Genießer gewesen, sagt Heynckes. „Ich mag eher den kleinen Rahmen, in dem man sich in Ruhe unterhalten kann. Große Feiern, von denen einige durchaus oberflächlich sein können, aber nicht alle, kenne ich aus dem Fußball zu Genüge. Ich lade natürlich auch gern Freunde ein. Aber wenn ich dann mal zwei, drei nicht berücksichtige, fühlen die sich zurückgesetzt.“

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Mit 195 Treffern ist Welt- und Europameister Heynckes bis dato Borussias Rekordtorjäger. Als Spieler gewann er mit Borussia vier Meisterschaften, den DFB- und UEFA-Pokal. Als Trainer holte er mit Real Madrid und den Bayern die Champions League. Dazu vier deutsche Meisterschaften und einmal den Pokal. Das war 2013, als „Don Jupp“ somit das Triple in München perfekt machte.

Dem FC Bayern München die Triple-Krone aufgesetzt

Anerkennend sagt später FC-Bayern-Patron Uli Hoeneß (68): „Unter Jupp Heynckes ist wohl der beste Fußball gespielt worden, den München je gesehen hat.“ Heynckes hat Spuren hinterlassen im Business Profi-Fußball. Durch seine Gentleman-Art, durch sein Auftreten.

Weltmeister Bastian Schweinsteiger (35) schreibt im Vereinsmagazin des FC Bayern. „Lieber Jupp, ich schätze mich sehr glücklich, dass ich dich nicht nur als außergewöhnlichen Trainer kennenlernen, sondern auch einen wunderbaren Menschen als Freund gewinnen durfte.“ Und weiter: „Offenheit, Teamgeist, Ehrlichkeit, Arbeitsmoral hast du uns vorgelebt, heute vermisse ich diese Werte manchmal im Fußball.“

Da passt es ins Bild, dass Heynckes jüngst, in Zeiten der Corona-Krise, mit Blick auf aktuelle Negativ-Entwicklungen in unserer Gesellschaft samt Profifußball mahnte: „So wie bisher geht es nicht weiter.“ Heynckes, den sie in Spanien respektvoll Mister nennen, knackt die 75.

Ex-Profi sportlich immer noch aktiv

Zurückgezogen, was nicht bedeutet, dass er nicht immer noch quietschfidel ist. „Ich bin ein Mensch, der sich beschäftigen kann, sehr aktiv und sportlich ist und quasi immer im Unruhezustand. Ich gehe viel spazieren. Ich liebe die Natur und kann mich an Vögeln, Rehen, Kaninchen, die ich sehe, erfreuen. Ich bin gern in meinem Garten mit seiner Blumen- und Pflanzenpracht und setze mich auch mal an den Fischteich und beobachte das Treiben darin. Langeweile habe ich überhaupt nicht. Der Tag hat eigentlich zu wenig Stunden.“ Wahrscheinlich auch an diesem Samstag.