Viele zahlen höhere Preise als sie müssenAchtung, neuer Trick der Gasanbieter: Verbraucherschutz warnt

Immer mehr Gasanbieter versuchen Kundinnen und Kunden in eine deutlich teurere Ersatzversorgung zu schieben. Eine Frau steht in unserem Symbolbild neben einem Gaszähler und blickt erschrocken auf die hohe Abrechnung des Energieversorgers.

Immer mehr Gasanbieter versuchen Kundinnen und Kunden in eine deutlich teurere Ersatzversorgung zu schieben. Eine Frau steht in unserem Symbolbild neben einem Gaszähler und blickt erschrocken auf die hohe Abrechnung des Energieversorgers.

Die Kosten für die Kilowattstunde Gas schießen in die Höhe, im Mittel kostet sie derzeit 37,3 Cent. Viele Kundinnen und Kunden versuchen daher, in die Grundversorgung ihres örtlichen Anbieters zu wechseln – doch immer mehr Anbieter versuchen mit einem Trick, sie daran zu hindern. 

Im September 2021 konnten Verbraucherinnen und Verbraucher noch Neuverträge mit einem Preis von fünf Cent pro Kilowattstunde abschließen. Doch inzwischen haben sich die Kosten vervielfacht, der Krieg und der Ukraine und die Gas-Krise ließen die Preise ordentlich ansteigen. 

Zusätzlich zu den hohen Gasrechnungen kommt die Gasumlage, die bei 2,4 Cent pro Kilowattstunde liegt. Sie soll vom 1. Oktober an erhoben werden. Gut möglich, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sie noch kippt, denn angesichts einer möglichen Verstaatlichung des angeschlagenen Versorgers Uniper steht sie nun wieder auf dem Prüfstand.

Gas: Preise steigen extrem, Anbieter haben neuen Trick

Dennoch schauen viele Deutsche derzeit mit Sorge auf die nächste Heizperiode. Sie versuchen daher, in die Grundversorgung ihres örtlichen Anbieters zu wechseln. Doch wie die Verbraucherzentralen erklären, versuchen immer mehr Anbieter ihre Kundinnen und Kunden in die deutlich teurere Ersatzversorgung zu schieben. 

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Die „Welt“ berichtet von einem Beispiel aus Mettmann (NRW): Eine Kundin habe einen Brief von ihrem Gasversorger bekommen – so wie viele andere Deutsche. Statt sechs Cent pro Kilowattstunde soll sie ab Ende September 26,6 Cent bezahlen. 

Die Frau wollte daher in den Grundversorger-Tarif ihres örtlichen Gasnetzes wechseln. Früher waren diese Tarife sehr teuer, doch die jüngst rasant gestiegenen Gaspreise führten dazu, dass diese Tarife derzeit am günstigsten sind. Im Fall der Kundin aus Mettmann lag der Tarif bei 14 Cent pro Kilowattstunde – nur gut die Hälfte der neu angebotenen Konditionen.

Doch: Der Anbieter teilte der Kundin mit, dass sie nicht sofort in den Grundversorger-Tarif wechseln könne. Stattdessen habe man ihr die Möglichkeit geboten, in eine Ersatzversorgung zu wechseln. Und die würde mit 42 Cent noch einmal deutlich mehr kosten. Nach drei Monaten dann könne man in den Tarif der Grundversorgung wechseln, hieß es demnach. Dies sei gesetzlich so vorgesehen.

Gas: Verbraucherschutz warnt vor Trick: „Muss nicht in Ersatzversorgung“

Doch das ist ein Trick der Gasanbieter, die Verbraucherschützer widersprechen dem Bericht nach deutlich. „Nach unserer Auffassung kann jeder Kunde, der entweder aktiv seinen Vertrag wegen einer Preiserhöhung kündigt oder dessen Vertrag vom Versorger gekündigt wird, in die Grundversorgung und muss nicht in die Ersatzversorgung“, sagt der Energie-Experte Holger Schneidewindt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen der Zeitung.

Dass viele Anbieter es in der Praxis anders handhaben, würden auch die Verbraucherzentralen an den entsprechenden Beschwerden von Gaskundinnen und -kunden merken, heißt es. „Die Grundversorgung war immer die Cashcow der Versorger, das hat sich jetzt geändert“, wird Schneidewindt zitiert. „Viele Anbieter versuchen jetzt, die Ersatzversorgung zur neuen Cashcow zu machen.“

Gas: So funktioniert der neue Preis-Trick der Anbieter

Der Hintergrund: Die Anbieter haben für ihren Kundenstamm in der Grundversorgung langfristig Gas eingekauft – und damals günstigeren Preisen. Daher können sie hier niedrigere Tarife anbieten. Wenn jetzt plötzlich viele neue Kundinnen und Kunden in die Grundversorgung kommen, könnte das für die Unternehmen ein erhebliches Problem darstellen.

Viele Versorger führten anfangs unterschiedliche Preise für Neu- und Bestandskundinnen und -kunden innerhalb der Grundversorgung ein. Das sei eine rechtliche Grauzone. Daher habe der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen Grund - und Ersatzversorgung eingeführt, weil es nicht mehr zulässig sei, innerhalb der Grundversorgung unterschiedliche Tarife anzubieten. 

Gas: „Anbieter versuchen, Kundschaft in Ersatzversorgung zu schieben“

Nun gibt es also einen neuen Preis-Trick: „Stattdessen versuchen einige Anbieter nun, möglichst viele Kundengruppen statt in die Grundversorgung in die Ersatzversorgung zu schieben.“ Und die habe teils erhebliche preisliche Unterschiede. Dabei sei die Ersatzversorgung als „Notversorgung“ konzipiert, wenn etwa Gas verbraucht werde, der keinem Lieferanten oder Vertrag zugeordnet werden könne. 

Der Verbraucherschutz ist überzeugt: Wenn Kundinnen und Kunden von ihrem Sonderkündigungsrecht aufgrund der Preiserhöhung Gebrauch machten, müsse ihnen auch die Grundversorgung vom örtlichen Anbieter angeboten werden. Es sei jedenfalls ratsam, aktiv werden – wie im Fall der Frau aus Mettmann: Wer den bestehenden Vertrag nur kündigt und einfach weiter Gas nutzt in der Annahme, automatisch in der Grundversorgung zu landen, könne sich schnell in der teuren Ersatzversorgung wiederfinden.

Daher sollte man unbedingt aktiv einen Grundversorgungstarif beim örtlichen Versorger abschließen. Sollte sich der Anbieter quer stellen, sei der Gang zu den Verbraucherzentralen oder zum Anwalt empfehlenswert. (mg)