Tipps zum Nein-SagenLassen Sie sich nicht mehr ausbeuten!

„Chef, du kannst mich mal!“ - Wer immer zu allen nett ist, lässt sich schnell Überstunden und Sonderschichten aufs Auge drücken. Aber Nein-Sagen kann man lernen.

„Chef, du kannst mich mal!“ - Wer immer zu allen nett ist, lässt sich schnell Überstunden und Sonderschichten aufs Auge drücken. Aber Nein-Sagen kann man lernen.

Die Filialleiterin Sylvia Nester hatte es nicht leicht. Schon zum zweiten Mal in sechs Monaten räumten Einbrecher das Warenlager ihres Fachgeschäftes aus. Doch mit dem dreisten Vorschlag ihres Vorgesetzten hatte sie nicht gerechnet: Er bat sie „gelegentlich“ im Lager zu übernachten, vor allem von Freitag auf Samstag; er würde ihr dort auch ein Bett und einen Fernseher aufstellen lassen. Der Chef bequatschte Sylvia Nester so lange, bis sie nachgab - sie war dringend auf das Gehalt angewiesen und traute sich nicht, zu widersprechen.

An immer mehr Freitagen blieb die Filialleiterin nach 21 Uhr am Arbeitsplatz, und am nächsten Morgen um 7 Uhr war sie schon da, wenn es wieder losging. Nach acht Monaten war die Frau psychisch am Ende, weil ihr jeder Abstand zur Arbeit abhanden gekommen war. Auch ihr besorgter Mann hatte die meisten Nächte mit ihr in dem gruseligen Warenlager verbracht. Der Arzt verschrieb der ausgebrannten Sylvia Nester schließlich eine Kur - die Firma schickte nicht einmal einen Blumenstrauß.

Das ist nur ein trauriger Erfahrungsbericht von vielen Arbeitnehmern, die von ihren Chefs ausgebeutet werden. Der Bericht stammt aus dem Buch Bin ich hier der Depp? Wie Sie dem Arbeitswahn nicht länger zur Verfügung stehen (Mosaik Verlag). Karriereberater Martin Wehrle schildert darin den Wahnsinn in deutschen Firmen. Er entlarvt die Tricks der Chefetage - und er weist Wege aus dem Hamsterrad.

„Muss es uns beunruhigen, dass Arbeitnehmer in Deutschland pro Jahr drei Millionen Stunden Überstunden leisten, die Hälfte davon unbezahlt? Dass jeder dritte Vorgesetzte von seinen Mitarbeitern erwartet, bei Krankheit weiterzuarbeiten? Dass jeder vierte Arbeitnehmer keine Zeit mehr für seine Pausen hat? Ja, es muss!“, sagt Bestsellerautor Wehrle. Letzten Endes ist es auch im Interesse der Arbeitgeber, gesunde Mitarbeiter zu haben.

Die Burn-out-Gefahr selbst testen

Der erste Teil des Buches entlarvt eine ausbeuterische Arbeitswelt. Anhand der „Deppen-Erlebnisse“ zahlreicher Arbeitnehmer wird eine Welt beschrieben, „in der die Rendite von Firmen über der Gesundheit von Menschen steht; eine Welt, in der Mitarbeiter ausgenutzt, ausgelaugt und aussortiert werden.“ Im Zweiten Teil können Leser anhand eines Tests prüfen, ob sie selbst ausgenutzt werden und wie hoch ihre Burn-out-Gefahr ist. „Zugleich bekommen Sie Anregungen, wie Sie effektiver 'Nein' sagen, Ihr Privatleben abgrenzen und vom Dauerstress-Highway in ein gesundes und erfülltes Berufsleben abbiegen“, führt Wehrle aus.

Insgesamt ist „Bin ich hier der Depp?“ eine sinnvolle Lektüre für überforderte und gestresste Arbeitnehmer - und auch für Vorgesetzte. Es bewirkt, dass man inne hält - und sich und sein Arbeitsleben genauer unter die Lupe nimmt. Ob die Tipps am Ende helfen, das Hamsterrad dauerhaft anzuhalten und den Burn-out zu verhindern, ist aber fraglich. Auf lange Sicht muss sich die Unternehmenskultur in Deutschland grundsätzlich ändern - und das schaffen die Mitarbeiter nun einmal nicht allein mit Hilfe eines Ratgebers. (gs)

Schon wieder Überstunden oder eine Wochenend-Schicht aufgedrückt bekommen? - Wie Sie dem Chef künftig Ihre Grenzen aufzeigen, erklärt die Bildergalerie: