Eltern erzählenStadt oder Land - Wo lebt es sich besser mit Kindern?

Mit der Familie auf dem Land zu leben, das gilt bei vielen Eltern noch als Ideal.

Mit der Familie auf dem Land zu leben, das gilt bei vielen Eltern noch als Ideal.

Soll ich mit meinen Kindern lieber aufs Land ziehen? Oder tut die Stadt ihnen gut? Und was sind die Alternativen? Vier Eltern erzählen, warum sie sich für ihren Ort entschieden haben, was sie dort lieben und was ihnen am meisten fehlt.

Kinder, die über weite grüne Wiesen laufen, mit Tieren spielen und im riesigen Garten Baumhäuser bauen. Bis heute verbinden viele mit diesen Bildern die ideale Kindheit auf dem Land. Mit der Realität hat dieser leicht romantisierte Blick nur manchmal zu tun. Heute wachsen Kinder in ganz verschiedenen groß- und kleinstädtischen oder ländlichen Umgebungen auf. Dass sie überall ein schönes Leben führen können, ist natürlich unbestritten.

Und doch, als Eltern hadern wir oft damit, ob das ausgewählte Umfeld unseren Kindern gut tut. Gerade an Stadt-Eltern nagt oft das schlechte Gewissen: Sollte ich mit meinem Kind nicht ins Grüne ziehen? Oder wenigstens an den Stadtrand? Land-Eltern überlegen auf der anderen Seite: Vielleicht doch lieber in die Stadt, wo man den Anschluss nicht verliert und meine Kinder mehr geboten bekommen?

Warum man dort lebt, wo man lebt, das ist im besten Fall eine freie Entscheidung. Oft zwingen aber auch finanzielle, familiäre oder berufliche Gründe dazu, an einem bestimmten Ort zu wohnen. Klar ist auch, die perfekte Lösung gibt es nicht, für jeden ist etwas anderes genau richtig.

Großstadt, Kleinstadt, Stadtrand oder Land? Vier Eltern erzählen von ihren Erfahrungen.

Die Großstadt-Mama

Isabell Wohlfarth (35) lebt mit Mann und Tochter (1) in einer Wohnung mitten in Köln.

„Wir leben mitten in der Stadt – wegen der Nähe zum Arbeitsplatz und weil wir die Großstadt mögen. Das Gefühl, dort zu sein, wo was los ist. Wenn ich meine Tochter morgens zur Kita bringe, dann schlendern wir zu Fuß durch das Großstadtgewimmel, vorbei an den Geschäften und Cafés, belebten Plätzen und Straßen. Ein erstes Abenteuer für meine Tochter, die es liebt, sich in ihrem Wagen zurückzulehnen, alles zu beobachten und mit lustigen Ausrufen zu kommentieren. Wir machen hier fast alles zu Fuß, die Bahn oder das Auto brauchen wir im Alltag nur selten.

Gerade als Mutter, wenn man nicht mehr ganz so häufig ausgeht, ist es toll, einfach aus der Tür rauszugehen und direkt im Kino, in der Kneipe oder auf dem Konzert zu sein. Besonders schön finde ich auch, dass man hier in der Stadt so viele Gleichgesinnte, viele andere Eltern mit ähnlichen Interessen kennenlernt. Man trifft sich mit den Babys im Park oder in Kindercafés, von denen es immer mehr gibt, geht in die Babyphilharmonie, zum Kindertheater oder auf einen der zahllosen Flohmärkte. Und allein in meinem Viertel gibt es hunderte verschiedene Kurse, allein für Kleinkinder - alles direkt um die Ecke.

Was mir manchmal fehlt, ist, mehr Platz zu haben. Nicht nur in der Wohnung, sondern auch draußen, an Tagen wenn Spielplatz oder Park überfüllt sind. Und ich vermisse die Natur. Für meine Tochter würde ich mir mehr Grün wünschen. Auf der anderen Seite freut sich mein Kind wie ein Schneekönig an Tauben, Enten, Hunden und Marienkäfern, die es alle auch hier gibt. Im Park kann man rennen, Laufrad fahren und Kastanien sammeln. Und das Schönste: überall sind Kinder, jeden Alters und jeder Nationalität.“

Eine Land-Mama berichtet. Lesen Sie weiter auf der nächsten Seite.

Die Land-Mama

Martina Petersen (38) lebt mit Mann und Sohn (3) auf einem Hof in Langballigholz bei Flensburg.

„Ich habe vor zwei Jahren den Ferienhof meiner Schwiegereltern direkt an der Flensburger Förde übernommen. Dafür habe ich meinen früheren Job als Journalistin in der Stadt an den Nagel gehängt. Und es noch nicht einen Tag bereut. Hier hatte ich das Gefühl, entschleuningen zu können.

Am Landleben gefällt mir die unbeschreibliche Natur, die Nähe zu Wasser und Wald. Dass ich mein Kind einfach raus schicken kann. Wir haben Katzen, Hühner, Ziegen und Pferde und mein Sohn lernt, mit Tieren ohne Angst umzugehen. Hier gibt es immer etwas zu entdecken, zum Beispiel mit dem Laufrad zum Wasser runter fahren, Steine ins Meer werfen oder auf dem Spielplatz am Strand schaukeln und toben. Direkt nebenan ist ein leckerer Eispavillion, es gibt frische Fischbrötchen oder wir fahren mit unserem kleinen Motorboot rüber nach Dänemark. Von all der frischen Luft sind die Kinder abends kaputt aber glücklich.

Im Sommer kamen alle Muttis oft mit Ihren Kindern zu uns auf den Hof und die Kleinen haben stundenlang im großen Garten mit eigenem Spielplatz gespielt. Es war wunderbar entspannt und einfach schön - so ganz ohne Verkehr, Lärm und Abgase. Dank Kind und wenn man offen ist für neue Freunde, ist es schnell möglich, auch auf dem Land Anschluss zu finden. Das Angebot an Babykursen ist auch vorhanden - ich habe nichts vermisst. Und auch einen ganz tollen neuen Freundeskreis gefunden.

Manchmal fehlt mir etwas mehr Kultur-Angebot. Hier auf dem Land ist es etwas eingeschränkt. Zum Glück ist Flensburg mit ca. 17 km nicht weit entfernt, sodass man auch mal ins Theater, Kino oder gut essen gehen kann. Zudem finde ich, ist es auf dem Land viel intimer. Hier wird viel mehr geklatscht und getratscht als in der Stadt. Das nervt manchmal etwas.“

Wie lebt es sich in der Kleinstadt? Ein Vater erzählt. Weiter geht's auf der nächsten Seite.

Der Kleinstadt-Papa

Guido van de Lageweg lebt mit Frau, Sohn (9) und Tochter (6) in einem Haus in Pulheim.

„Am Leben in der Kleinstadt gefällt mir, dass alles doch überschaubarer, übersichtlicher und vor allem weniger hektisch ist als in der Großstadt. Das Leben kommt einem etwas entschleunigter vor. Die Wege sind kürzer und manchmal ist es auch hilfreich, nicht immer die Qual die Wahl zu haben.

Da ich viel laufe, kommt es mir persönlich mehr als entgegen, aus der Haustür zu gehen und sofort durch die Felder und Wälder laufen zu können. Ich muss nicht erst irgendwo hinlaufen. Die Kinder haben extrem kurze Wege in die Schule, es gibt einen Sportverein mit einem breiten Angebot an Sportarten, auch exotischen wie Baseball oder Fechten.

Wir sind hierher gezogen, weil das Eigentum am Rande der Großstadt einfach bezahlbar war, in Köln in vergleichbaren Veedeln mit guten Schulen war das finanziell kaum darstellbar. Die Stadt, in der wir jetzt leben, bietet alle Schulformen und wir sind - wenn wir es wollen - mit dem Zug in 12 Minuten am Dom, mit dem Auto in 20 Minuten. Das passt ideal, nur an das Kennzeichen BM musste man sich gewöhnen.

Machmal fehlen mir Kinos und ein vernünftiger Baumarkt. Die Auswahl bei allem ist natürlich geringer und spezialisierte Fachgeschäfte fehlen. Aber wie gesagt, in 12 Minuten ist man am Dom, in 30 Minuten über die A57 in Düsseldorf.“

Den Bericht einer Stadtrand-Mama gibt es auf der nächsten Seite.

Die Stadtrand-Mama

Eva Fiedler (39) lebt mit Mann, Tochter (9) und Sohn (6) in einem Häuschen am Stadtrand von Düsseldorf.

„Unsere letzte Wohnung war eine sehr schöne, ruhige mit Garten in einem angesagten, zentralen Stadtteil. Doch mit dem zweiten Kind wurde sie uns zu klein. Und dann standen wir plötzlich vor dem Dilemma, vor dem viele Eltern stehen: Es gibt keine großen, bezahlbaren, ruhigen Wohnungen in der Großstadt, geschweige denn ein ganzes Haus. Aber richtig rausziehen aufs Land? Bloß nicht!

Irgendwann hatten wir einfach Glück, wir fanden ein kleines Haus am Stadtrand. Und jetzt haben wir eigentlich alles zusammen: Stadt, Land und Kleinstadt. Denn der Stadtteil war früher eine eigenständige Stadt, die vor gut 100 Jahren eingemeindet wurde.

Das Haus liegt in einer Spielstraße, die Kinder haben Freunde in der Nachbarschaft. Abends mal ins Kino oder mit einer Freundin was trinken gehen, das geht mit der Straßenbahn. In fünf Minuten sind wir zu Fuß auf der Einkaufsstraße. Alleine beim Bäcker Brötchen kaufen konnte unsere Tochter bevor sie in die Schule kam.

Das klingt alles sehr idyllisch. Und das ist es auch. Um uns herum ist alles ein wenig bodenständiger und spießiger als in den Innenstadtvierteln. Manchmal finde ich das auch langweilig. Dann vermisse ich zum Beispiel ein schönes Café. Obwohl ich vermutlich eh keine Zeit hätte, die ich dort vertrödeln könnte. Entschädigt werde ich dafür beim Joggen. Ich drehe keine Runden mehr im Stadtpark. Ich laufe durch Felder, Wälder und Wiesen, denn hinter unserem Ort ist die Stadt zu Ende!“