Julia BehlerSie ist die „Ausbilderin des Jahres 2015“

Frau Behler, Sie sind von der IHK Köln zur „Ausbilderin des Jahres 2015“ gewählt worden. Was machen Sie anders als andere Ausbilder?

Julia Behler: Wir haben für die Procar Automobile GmbH ein besonderes Ausbildungskonzept entwickelt: die Azubi-WG. Alle Auszubildenden im Betrieb verbringen drei bis vier Monate an einer Kölner Berufsschule und leben für die Zeit zusammen in einem Haus. Dort schaue ich regelmäßig vorbei, wir kochen gemeinsam und ich habe ein offenes Ohr für die jungen Mitarbeiter. Mir ist es wichtig, nah an unseren Azubis dran zu sein – da darf das Gespräch auch mal eine persönliche Note bekommen. Außerdem kommunizieren wir auf kurzem Wege über Whats-App. Diese Linie kam bisher insgesamt sehr gut an.

Sie selbst tragen mit 28 Jahren bereits viel Verantwortung. Was ist das Wichtigste, das Sie den Azubis mit auf den Weg geben möchten?

Behler: Dass sie sich Ziele setzen und diese auch nicht aus den Augen verlieren. Sie sollen eine Vorstellung entwickeln, in welchem Bereich sie nach der Ausbildung arbeiten und wohin sie kommen möchten. Viele bringen das mit, aber eben nicht jeder. In persönlichen Gesprächen gebe ich gerne Hilfestellung aus meinen eigenen Erfahrungen. Es kann auch vorkommen, dass Leute ein Ziel zu starr verfolgen und gar nicht nach rechts oder links schauen. Dabei können da spannende Bereiche auf sie warten. Ich versuche immer, Möglichkeiten aufzuzeigen und gemeinsam mit den Azubis das beste Paket für die Zukunft zu schnüren.

Was macht für Sie eine gute Ausbildung aus?

Behler: Ich finde es sehr wichtig, dass sich die Ausbildung auf die junge Generation ausrichtet. Die Azubis sollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Verantwortung übernehmen und Vertrauen spüren. Wichtig ist aber auch, dass sie nach dem Ende der Ausbildung gleich als vollwertiger Mitarbeiter eingesetzt werden können und das sie alle wesentlichen Bestandteile des Jobs beherrschen. Wenn Wissenslücken klaffen, dann hat etwas in der Lehre nicht gestimmt. Es geht nicht nur darum, den Azubis die Inhalte des Ausbildungsrahmenplans beizubringen. Für mich steht das Thema Kommunikation an erster Stelle.

In einigen Branchen herrscht bereits jetzt Nachwuchsmangel. Der demografische Wandel wird die Lage weiter verschärfen. Was müssen Unternehmen tun, um motivierte Auszubildende für sich zu gewinnen?

Behler: Eine gute Möglichkeit ist, sich Jugendlichen frühzeitig vorzustellen. Beispielsweise in Schulen Praktika anzubieten, damit die Schüler das Unternehmen kennenlernen können und sich später daran erinnern, wenn sich die Frage nach Ausbildung oder Studium stellt. In diesem Sommer hatten wir 22 Praktikanten im Betrieb. Ich persönlich bin außerdem jemand, der auch Bewerbungen, die spät im Ausbildungsjahr eingehen, wichtig nimmt. Häufig sind das junge Leute, die zwar etwas länger abgewogen haben, sich dann aber sicher sind, in welcher Branche und bei welchem Unternehmen sie ihre Ausbildung machen möchten. Aus meiner Sicht müssen späte Bewerbungen kein Zeichen von Unentschlossenheit sein.