Immer erreichbar?Endlich gibt es ein Umdenken bei der Verfügbarkeit von Mitarbeitern

immer erreichbar sein

Wer selbst in der Kaffeepause Berufliches erledigt, erholt sich nicht.

Das Handy liegt für den letzten Blick auf die Mails auf dem Nachttisch, am Strand im Urlaub werden noch Fragen des Chefs beantwortet und bei der Familienfeier wird noch schnell am aktuellen Projekt gearbeitet. Handy und Tablet machen es möglich, dass Arbeitnehmer immer und überall im  Einsatz sein können.

Vorbereitung

Vorträge am besten vor der Familie üben

Vorträge üben

Als Auszubildender fällt es einem oft schwer, vor den versammelten Kollegen zu  sprechen. Leichter wird das durch eine gute Vorbereitung: Wer weiß, worüber er vor einer Gruppe sprechen soll, geht den Vortrag am besten gedanklich einmal durch und macht sich ein paar Notizen. Es kann außerdem helfen, den Vortrag erst einmal probeweise vor vertrauten Menschen wie der Familie zu halten. Wenn es dort klappt, wird es vor den Kollegen leichterfallen, rät die Industrie- und Handelskammer. Mitunter macht sogar eine Videoaufzeichnung Sinn: Wer sich selbst beim Vortrag einmal anschauen kann, sieht, wie er wirkt. Eigenarten wie zum Beispiel „äm“ lassen sich dann künftig vielleicht eher vermeiden. Aber: Azubis sollten sich immer wieder vor Augen führen, dass sie eine Ausbildung begonnen haben, um zu lernen. Sie müssen also gar nicht alles können.

E-Mails im Urlaub

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab, dass fast jeder zweite Erwerbstätige in Deutschland nach Feierabend noch seine beruflichen E-Mails checkt. Etwa jeder Dritte hat in seinem letzten Urlaub mindestens einmal in die Dienst-Mails geschaut. Gleichzeitig stört es etwa 40 Prozent aller Deutschen, wenn ihre Begleitung im Urlaub berufliche E-Mails liest. Dabei wird die ständige Erreichbarkeit nach Feierabend von etwa jedem Dritten als „eher“ oder „sehr belastend“ empfunden. Eine ernste Konsequenz kann ein Erschöpfungszustand sein.

Viele Schattenseiten

Die ständige Erreichbarkeit hat noch mehr Schattenseiten als genervte Partner. Sie bleibt nicht ohne gesundheitliche Folgen. Einer Untersuchung der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) zufolge sind Beschäftigte im Dienstleistungsbereich stärker betroffen als im Verarbeitenden Gewerbe. Erholzeiten werden verkürzt oder unterbrochen, auch der Abstand zwischen Arbeit und nächtlicher Ruhe falle unter Umständen geringer aus und könne zu Schlafstörungen führen. Eine ernste Konsequenz könne beispielsweise  ein Erschöpfungszustand sein. 

Weniger Schlaf

Der nun veröffentlichte zweite Teil der Studie bestätigte: Ständig für den Beruf auf Abruf zu stehen, kann auf die Gesundheit schlagen. Etwa ein Fünftel der Befragten in der Studie gaben an, in ihren Schlaf- und Erholungszeiten beeinträchtigt zu sein. Etwa ein Drittel fühlen sich im Familienleben und bei Freizeitaktivitäten während der Wochen und am Wochenende gestört. Stressbedingte Gesundheitsbeschwerden wie Bluthochdruck und psychische Beschwerden wie Ängstlichkeit, Schlafstörungen, Burn-out oder ernsthafte Krankheiten wie Depression seien schlimmstenfalls die Folge.

Erholzeiten einhalten

Einige Konzerne haben inzwischen Schutzmechanismen für ihre Mitarbeiter eingeführt. Der Vorstand der Deutschen Telekom hat zur Maßgabe gemacht, dass leitende Angestellte ihren Mitarbeitern nach Dienstschluss, am Wochenende und im Urlaub keine Mails schicken. „Jeder kann sich darauf berufen“, sagt ein Telekom-Sprecher. Die Vorgabe gilt bei flexiblen Arbeitszeiten auch am Nachmittag. „Diese ständige Erreichbarkeit wird dadurch ausgehebelt“, so der Telekom-Sprecher. Das solle die Mitarbeiter in Zeiten von Blackberry und Smartphone auch vor sich selbst schützen. „Erholzeiten sind Erholzeiten.“ 

Feierabend zu kurz

Feierabend

Mehr als jeder dritte Erwerbstätige (36 Prozent) hat das Gefühl, dass der Feierabend zur Erholung vom Job nicht ausreicht. Das geht aus einer bevölkerungsrepräsentativen Toluna-Umfrage hervor. Von denen, die das sagen, klagt rund jeder Zweite (56 Prozent) darüber, dass der Feierabend wegen Überstunden, langen Pendelzeiten oder Zweitjobs zu kurz ist. Rund jeder Dritte (36 Prozent) ist wegen der Betreuung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen stark eingespannt. Dabei haben viele Entspannung dringend nötig: 45 Prozent der Erwerbstätigen sagen von sich, dass sie am Feierabend „stark“ oder „sehr stark“ erholungsbedürftig sind.

Recht auf Nichterreichbarkeit

Bei BMW und Volkswagen zum Beispiel räumen spezielle Regelungen den Beschäftigten ein Recht auf Nichterreichbarkeit ein. VW hatte vor einigen Jahren bereits eine E-Mail-Sperre eingerichtet, die Tarif-Mitarbeiter in den Randzeiten – etwa abends – von E-Mails abkoppelt. Sie können dann weder Mails empfangen noch senden. Daimler stellt seinen Mitarbeitern frei, eingehende E-Mails während ihres Urlaubs einfach löschen zu lassen. Daimler arbeitet nach den Worten von Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht gerade an einer Betriebsvereinbarung, die auch das Recht auf Nichterreichbarkeit einschließen soll.

Doch andere Konzerne wie beispielsweise Siemens oder Eon überlassen das den Mitarbeitern. „Wir setzen auf Eigenverantwortung“, sagt ein Siemens Sprecher. Die Firmen möchten ihre Angestellten vor sich selbst schützen. 

Politische Diskussion

In den Gewerkschaften wird inzwischen ein Rechtsanspruch auf Nicht-Erreichbarkeit diskutiert. „Es gibt Regelungsbedarf“, sagt Oliver Suchy, Leiter des Projektes „Arbeit der Zukunft“ beim Deutschen Gewerkschaftsbund. Das Arbeitsministerium hat Fragen der Erreichbarkeit in seinem „Grünbuch Arbeit 4.0“ zur Diskussion gestellt.

Unentgeltlich in der Freizeit

„Erreichbarkeit ist ein zweischneidiges Schwert“, sagt Suchy. Einerseits werde dadurch flexibles Arbeiten ermöglicht, was im Interesse der Beschäftigten sei. Doch es gebe zu wenige Regelungen, häufig arbeiteten die Beschäftigten unentgeltlich in ihrer Freizeit, Überstunden würden am Ende doch nicht abgegolten.        

Unbezahlte Überstunden

Einer jüngst veröffentlichten Statistik des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge leisteten die Arbeitnehmer im vergangenen Jahr in Deutschland fast eine Milliarde unbezahlte Überstunden. Diese Belastung sei für die Chefs häufig nicht sichtbar, sagt Oliver Suchy vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Außerdem sparen die Unternehmen Geld, laut Suchy: „Arbeit muss auch bezahlt werden.“

In Kürze

Lücken im Lebenslauf ehrlich erklären

Kündigung im März, neuer Job im November: Wer im Lebenslauf eine Lücke von mindestens sechs Monaten hat, sollte sie in einer Bewerbung erklären. Bei manchen Arbeitgebern ist das selbst schon bei kürzeren Unterbrechungen zwischen zwei Stellen sinnvoll, rät die Karriereberaterin Svenja Hofert: „In einer sehr konservativen Branche will man vielleicht auch schon für zwei Monate eine Erklärung.“ Die Erläuterung der Lücke sollte in der Regel direkt im Lebenslauf stehen. Im Anschreiben kommt sie möglicherweise zu spät, so die Expertin. Die Erklärung der Lücke sollte dann möglichst ehrlich sein, schließlich müssen sich Bewerber im Ernstfall Fragen dazu stellen können. Eine längere Stellensuche fälschlicherweise zur „Weltreise“ zu erklären, ist keine gute Idee. Allerdings sollte die Erklärung der Lücke nicht so formuliert sein, dass sie die Jobchancen schmälert. „Bei Krankheiten sollte also zum Beispiel möglichst dabeistehen, dass man wieder voll rehabilitiert ist“, rät Hofert. „Wichtig ist, da einen positiven Ausblick zu vermitteln.“

Keine Kündigung bei Ersatzbeschäftigung

Kann ein Arbeitnehmer anderweitig weiter beschäftigt werden, darf er nicht betriebsbedingt gekündigt werden. Dabei muss der Arbeitgeber ihm selbst einen Arbeitsplatz mit deutlich niedrigerem Lohn anbieten. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn. Im verhandelten Fall war ein Mitarbeiter bisher im Produktionsbereich beschäftigt. Betriebsbedingt musste ihn der Arbeitgeber entlassen. Eine mögliche offene Stelle als Pförtner bot er dem Mitarbeiter nicht an. Diese Stelle war um mehrere Entgeltgruppen niedriger vergütet als die bisherige Stelle des Mannes. Er klagte gegen die Kündigung und gab an, dass er weiter in dem Betrieb beschäftigt werden könnte. Die Klage hatte Erfolg. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung liege nur dann vor, wenn der Arbeitgeber die Mitarbeiter nicht anderweitig beschäftigen könne, so das Gericht.