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Interview über Knast-Zeit„Häftling wollte mich umbringen“ – wie Boris Becker reagierte

Jetzt spricht Boris Becker. In einem Interview mit Steven Gätjen hat die Tennis-Legende am Dienstagabend (20. Dezember 2022) offen über ihre letzten Monate ausgepackt.

„Keine Tabus, kein Blabla.“ Das hätten sie vereinbart, sagt Steven Gätjen über sein Interview mit Boris Becker. Es ist das erste Interview, das die Sport-Legende seit ihrer Haftentlassung am 15. Dezember 2022 gibt.

Gätjen: „Wir werden schonungslos fragen und erwarten ehrliche Antworten.“ Einen selbstkritischen, reflektierten Boris Becker habe er beim Vorgespräch kennengelernt, so der TV-Moderator. Er sei sich sicher, dass dies das ehrlichste Interview sein werde, das Becker je in seiner Karriere gegeben habe. 

Boris Becker über ...

  • ... die Schuld-Frage: Natürlich war ich schuldig. In vier Punkten (von 25 Anklagepunkten, d. Red.) habe ich verloren. Gerade beim fetten Punkt, als ich Gelder aus meinem Firmenkonto genommen habe, um Kosten zu zahlen, hat mich die Jury schuldig gesehen.
  • ... sein Gewicht: Ich habe viel Gewicht verloren. Ich bin mit 97 Kilo ins Gefängnis gekommen, zwischendurch mal circa 90, inzwischen sind wieder ein Paar drauf. Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben hungrig ins Bett gegangen. Es gab keinen Alkohol – wobei es im Gefängnis alles gibt. Es gab nur selbst gebrannten Schnaps, ich habe keinen getrunken. Der ist viel zu stark und zu gefährlich. Ich habe auch nicht geraucht und monatelang wenig gegessen. 
  • ... die Zeit vor dem Urteil: Ich war jeden Tag in der Kirche und habe eine Kerze angemacht. Als die Richterin mir für den ersten Punkt 30 Monate gegeben hat, rutschte mein Herz in die Hose. Da wusste ich, dass ich quasi direkt vom Gerichtssaal abgeführt werde.
  • ... seine Anwälte: Sie haben alles versucht, mein Leben zu retten. Vielleicht habe ich nicht genug Reue gezeigt. Ich wurde beraten, was ich aussagen sollte. Es hätte besser laufen können, aber es hätte auch viel schlimmer laufen können.

Mord, Drogen, Steuern

Promis hinter Gittern: Diese Stars saßen bereits im Gefängnis

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  • ... den Tag seiner Verurteilung – gleichzeitig der Geburtstag seiner Freundin Lilian de Carvalho Monteiro: Ich hatte Gelegenheit, ihr noch ein paar Blumen zu kaufen. Weiße Rosen. Ich habe ihr gesagt: ‚Meine Liebe, du musst nicht auf mich warten. Ich weiß nicht, weil lange ich ins Gefängnis muss.‘ Da hat sie mich angeschaut und gesagt: ‚Boris wir sind ein Team, du bist mein Partner. Wir schaffen das zusammen.‘ Bei dieser Erzählung kommen ihm erstmals die Tränen.
  • ... das Gefängnis Wandsworth: Das kann man sich nicht vorstellen. Das ist extrem groß, extrem dreckig, extrem gefährlich. Mörder, Kinderschänder – alles, was man sich vorstellen kann, ist hier Zelle an Zelle. Da geht es wirklich ums nackte Überleben. An jedem Tag gehst du raus aus deiner Zelle und musst aufpassen auf deine Haut. Weil: Die Wärter tun’s nicht.
  • ... Ängste vor der Zeit im Gefängnis: Ich hatte zwei große Sorgen. Das eine war eine Doppelzelle. Der Zellennachbar kann dich angreifen oder bedrohen. Eine zweite große Angst hatte ich vorm Duschen. Da haben die vielen Filme, die ich gesehen habe, nicht geholfen. Wenn da mal die Seife auf den Boden rutscht... Aber das ist da nicht passiert, es gab eine Dusche mit Kabinen. Du siehst keinen Menschen da nackt.
  • ... was zuvor über seine Knast-Zeit berichtet wurde: Für ein paar Hundert Pfund erzählt man schon viele Geschichten, das kann ich im Nachhinein jetzt verstehen.
  • ... Lebensgefahr im Gefängnis: In Wandsworth gab es eine Situation mit jemandem, der war in den ersten Wochen sehr nett zu mir, wollte aber an meine Kohle. Der hat dann angefangen, mich leicht zu erpressen. Und wenn ich das und das und das nicht zahle, würde er es mir zeigen. Im zweiten Gefängnis, Huntercombe, wollte mich ein Häftling umbringen. Der saß auch schon 16 Jahre. Man sagt, dass Gefangene nach sieben Jahren Probleme haben, dass die Psyche dann leidet. (... ) Um die Geschichte zu Ende zu bringen: Er hat unterschätzt, dass ich inzwischen so eine Position im Gefängnis hatte, dass – er ist laut geworden – dann Häftlinge dazu kamen. Ich habe so gezittert. Mit dem Essens-Tablett noch in der Hand. Einen Tag später hat der Mann um Vergebung gebeten, sich vor mir auf den Boden geworfen, meine Hand geküsst. Ich habe ihm gesagt, dass ich großen Respekt vor ihm habe und ihn umarmt. (Becker muss schlucken, stockt, ihm kommen die Tränen)
  • ... den Umgang mit seiner Familie und seiner Freundin: Natürlich war ich beschämt, dass ich verurteilt wurde. Mein Verhältnis zu meinen Kindern war immer toll. Sie kennen meine Stärken und Schwächen. Ich durfte zwei Anrufe machen, die gingen an meinen Sohn Noah und meine Liebe. Aber du willst auch erstmal keinen sehen. Meine Liebe hat mich in der ersten Woche gleich besucht und war erschrocken, wie ich aussah. Das hat sie mir m Nachhinein erzählt. (lacht kurz auf)
  • ... nicht erlaubte Besuche seiner Freunde: Ich bin ganz gut befreundet mit Jürgen Klopp und Johannes B. Kerner. Ich habe die Namen dann beim Gouvernor angegeben, dann kam die Antwort: Jürgen darf dich nicht besuchen, der ist zu bekannt, wir haben Angst um seine Sicherheit und wollen den Rummel nicht. Wir müssen das ablehnen. Und es gab noch ein paar: Ion Tiriac hat es dreimal versucht, dreimal gab es eine Absage. 
  • ... seinen 55. Geburtstag im Gefängnis: Ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben. Aber sie haben drei unterschiedliche Kuchen bekommen. Das habe ich nicht mal in Freiheit bekommen. Drei Schokoladenkuchen. Im Gefängnis teilt man alles.
  • ... das erste Gespräch mit seiner Mutter: Ich habe ihr gesagt, dass ich lebe, dass es mir gut geht. Sie wollte meine Stimme hören, ich habe sie beruhigt, dass sie sich keine Sorgen machen muss – das war natürlich gelogen. Aber ich wollte sie nicht beunruhigen.
  • ... Briefe aus dem Tennis-Zirkus: Michael Stich hat mir einen dreiseitigen Brief geschrieben. Das hat mich sehr berührt. Auch andere, wie Barbara Rittner haben geschrieben. Lange Briefe, jetzt nicht nur ‚liebe Grüße‘, sondern zwei, drei Seiten. Das hat mir geholfen, jeden Tag meine Disziplin nicht zu verlieren.
  • ... den Kontakt zu seinen Kindern: Ich bin sehr stolz auf meine vier Kinder. Ich habe mit allen vier Kindern gesprochen, leider zu wenig mit meinem Jüngsten. Er wollte mich im Gefängnis besuchen, aber ich wollte nicht, dass ein zwölfjähriges Kind mich im Gefängnis besucht. Ich wusste nicht, ob ich das verkrafte, wenn er mir um den Hals fällt und der Wärter ihn dann wieder mitnehmen muss. Mit meiner Tochter hatte ich viel Kontakt. Es brauchte ein Gefängnis, dass wir uns so nahekommen.
  • ... seine Ex-Frauen: Barbara und ich sind seit über 20 Jahren geschieden und ich glaube, wir können stolz darauf sein, wie wir damit umgehen. Sharlely (sie habe ihn gebeten, sie nicht mehr Lilly zu nennen, erklärt er) – ich bin nicht der Typ, der negativ über eine Ex-Frau spricht. Sie hat sich einige Male zu Wort gemeldet, da muss jeder wissen, ob das richtig war oder nicht.
  • ... die Nächte im Gefängnis: Im ersten waren die Nächte ein Gräuel. Die Geräuschkulisse, flehende Gefangene, Gefangene, die sich verletzt haben, Schimpfwörter ... Wie im Irrenhaus. Und du schläfst nicht. Es schreit immer einer. Was ich für Schimpfwörter gehört habe ... über deine Mutter, deine Schwester ...
  • ... Läuterung: Während der Zeit war es die schlimmste Zeit meines Lebens. Aber vielleicht habe ich das gebraucht, man hatte viel Zeit nachzudenken. Ich habe Fehler eingesehen. Es gibt einen Grund für den Urteilsspruch. Ich habe über Jahre Fehler gemacht, falsche Freunde gehabt, war nicht organisiert genug, hab' mich treiben lassen, wurde vielleicht faul. Ich glaube, dieser Gefängnisaufenthalt hat mich zurückgeholt. Jetzt besteht meine Aufgabe darin, diesen Weg nicht mehr zu verlassen. Ich glaube, dass ich eine zweite Chance bekommen habe. Jetzt liegt es an mir, mir treu zu bleiben.
  • ... Geld: Geld war noch nie meine Motivation. Ich habe mit 17 meine erste Million verdient. Ich habe teilweise vergessen, das Preisgeld abzuholen. Ich habe nie für Geld Tennis gespielt. Bei meiner Arbeit fürs Fernsehen, als Trainer – mich interessiert immer mehr der Erfolg, dass ich etwas Gute schaffe. Natürlich will ich dafür bezahlt werden, aber das war nie so wichtig. 
  • ... seine Zukunft: Ich kann nur das ausgeben, was ich verdiene. Ich habe dazugelernt, dass ich deutlich vorsichtiger sein muss bei meinen sogenannten Beratern. Ich habe seit 2017, meiner Insolvenz und dem Ende mit Sharlely, ein komplett neues Umfeld geschaffen. Mit wunderbaren Menschen, die vor allem nicht in der Presse stehen wollen, keine Öffentlichkeit brauchen, die mich als Menschen schätzen. Da sind Deutsche dabei, Engländer, Italiener, Moslems. Auch diese Menschen haben mich in dieser Zeit unterstützt. Wer mir in meiner schlimmsten Zeit beigestanden hat – und ich konnte nichts zurückgeben – der ist ein Guter. Das ist der Kreis, mit dem ich mich auch in Zukunft umgeben muss. Sie haben gezeigt, dass ich ihnen vertrauen kann. 
  • ... das Privatflugzeug, das ihn nach der Haft-Entlassung nach Deutschland brachte: Ich habe das Geld nicht dafür. Ein Freund hat mir das angeboten, dass er eine Privatmaschine für mich organisiert. 
  • ... was er jetzt vorhat: Wohin ich jetzt gehe? Ich glaube nicht Deutschland. Weil ich mein Privatleben über alles schätze und ich glaube, das schaffe ich hier nicht. Ob ich in Europa bleibe oder nach Miami ziehe, kann ich nicht sagen.
  • ... seine Freundin Lilian: Sie ist eine sehr kluge und intelligente Frau. Ich höre ihr gut zu. Sie hat mir vor allem gesagt, dass ich über unser Privatleben nichts sagen darf und über unsere Pläne. Ja, sie ist die Liebe meines Lebens. Was wir alles tun werden, kann ich nicht sagen.
  • ... wo er sich in zehn Jahren sieht: Umringt von meinen Kindern, ich hoffe, es kommen noch ein paar dazu. Und dass ich in Frieden und Freiheit meinen Lebensabend verbringen kann. 

Boris Becker war Ende April von einem Gericht in London zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil er Teile seines Vermögens in seinem Insolvenzverfahren nicht ordnungsgemäß angegeben hatte. Er war dann am Donnerstag – nach 231 Tagen hinter Gittern – freigekommen. (sku, dpa)