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Der ewige Rocker wird 70Zweite Reihe war nie was für Udo Lindenberg

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Udo Lindenberg - der ewige Rocker

Wie schafft er das nur immer? Udo Lindenberg. Wie ein Phönix ist er nach zahlreichen Krisen aus der Asche gestiegen. Holprig durchs Leben getänzelt. Wie ein rastloser Streuner.

Er, das Gesamtkunstwerk. Mit seinem tief ins Gesicht gezogenen Hut. Der ewig qualmenden Zigarre.

Der Sonnenbrille. Udo ist Kult. Udo hat am 17. Mai runden Geburtstag. Ein ganz persönlicher Rückblick.

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„Stärker als die Zeit“

„Wir sind der Stoff, aus dem die großen Träume sind“, singt er in seinem neuen Song „Stärker als die Zeit“.

Das geht wieder mal ganz tief rein. Die Zwischentöne. Die Sehnsucht. Diese einfachen Worte. Das ganze neue Album rockt. Platz 1.

Als ich Udo das erste Mal treffe, erwarte ich einen launischen Mann mit Starallüren. Ob er erscheint? Fraglich, raunen die einen. Udo sei eben Udo, wenn er plötzlich keine Lust mehr habe, sei das so.

Ich bin mit Udo aufgewachsen. „Meine erste Liebe“ war eine Hymne für mich. „Cello“, „Wozu sind Kriege da“ ebenso. Bis heute kenne ich jede Silbe auswendig.

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Udo 1977 am Rande der Berliner Funkausstellung. Damals machte er einen privaten Kurzbesuch in Ost-Berlin und besichtigte den Fernsehturm am Alexanderplatz. Die DDR und er – das ist eine lange Geschichte.

Dann kommt er. Tingelt mit gekräuselten Lippen in den Raum. Wie ein Kind. Seine Entourage schwirrt um ihn herum. Er setzt sich, ordert ein Bier. „Ohne Umdrehungen“, raunt er.

Von seinen Alk-Exzessen sei er weg. Nur der Eierlikör sei geblieben. Aber in Maßen. „Eine Flasche davon verklebt dir die Birne.“ Er sagt es in seiner typisch näselnden, flachsigen Art. Bei jedem anderen würde man denken, gibt's den auch in uncool? Bei ihm nicht.

Seine Alk-Exzesse. Vor 20 Jahren sind Spirituosen seine besten Freunde, wenn er einsam durchs Hamburger Hotel Atlantic (seinem Zuhause) wandert. Vor zehn Jahren noch macht er einen Entzug nach dem nächsten.

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1980 schrieb, inszenierte und produzierte Udo den Spielfilm „Panische Zeiten“. Darin ist er zudem in einer Doppelrolle zu sehen (als er selbst und Detektiv Coolman). Herrlicher Klamauk.

Raucht, trinkt, raucht, trinkt. Wirft Pillen ein. Ganz unten ist er. Inzwischen sei er klüger geworden, sagt er mir. Vielleicht auch, weil 2006 sein heiß geliebter Bruder starb. Ein schwerer Verlust. Danach will er nur eins: zurück ins Leben.

Profi-Spiel auf der Klaviatur

Wir reden fast zwei Stunden, angesetzt waren 30 Minuten. Es ist wie Biertrinken mit einem Kumpel. Er ist locker, witzig, unkompliziert. Er fragt mich nach meinem Leben. Ich ihn nach seinem. Aber er ist auch ein Profi.

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„Gitarren statt Knarren“ stand auf den Gitarre, die der Rockmusiker dem damaligen SED-Generalsekretär Erich Honecker (†) bei dessen Besuch 1987 in Wuppertal überreichte. Eine laut Lindenberg  „nicht ganz billige Gitarre“.

Seit mehr als 50 Jahren spielt er auf dieser Klaviatur. Verkauft sich. Und irgendwie dann doch nicht, weil er eben so ist.

Wir haben uns noch öfter getroffen. Auf seinen Tourneen. Auf Terminen. Immer um ihn herum sein Bienenstock. Tine Acke (39), seine „liebste Komplizin“, die ihn damals von Entzug zu Entzug begleitete. Udo liebt seine eingeschworene Familie. Seine Musiker, Agenten, Tine.

Der ewige Rocker stammt aus einem kleinen Kaff in Westfalen. Aus Gronau. Er ist ein Sandwich-Kind. Sein Bruder Erik ist sieben Jahre älter, 1946 kommt er und später die heiß ersehnten Mädchen.

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Udo Lindenberg und seine Freundin  Tine Acke 2011. Sie hat immer zu ihm gehalten, auch als er ganz  unten war. Udo ist mittlerweile auch als Künstler ein Großer.

Zwillinge. Inge und Erika. Da muss er sich behaupten. Laut sein. Zweite Reihe sei nie was für ihn gewesen, so Schwester Inge. Mit neun Jahren trommelt er. Mit elf steht er erstmals auf der Bühne.

Irgendwann stellt er sich in Gronau an die Straße, trampt nach Hamburg und sucht den Horizont. In den 70er Jahren fängt er an zu singen. Der laute Udo rockt gegen rechts, gegen die Nazis, fällt in die DDR ein und lässt sich auch dort den Mund nicht verbieten.

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Udo bei „Udo. Die Ausstellung“ auf Schloss Neuhardenberg.

Jetzt wird dieser Mann, der den Deutsch-Rock salonfähig gemacht hat, 70. Am Dienstag feiert er mit seiner Panikfamilie in Gelsenkirchen. Dort probt er für seine Tournee (ab 20. Mai).

Mehr als einen Monat wird sie gehen. Udo, das Energiebündel, dass am liebsten 100 werden würde, auf der Bühne sterben. Selbstverständlich hat er dazu einen Song geschrieben: „Wenn die Nachtigall verstummt“.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Peter Brings seinem Idol Udo Lindenberg schreibt

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Peter Brings (51) und Udo Lindenberg

„70! Udo, Mensch Alter! Du bist für mich einfach der Größte – bist es schon immer gewesen. Das fing schon in den 70ern an. All die glatten Schlagerfuzzis – und dann kamst Du. Schlapphut, Jeans, Kippe zwischen den Lippen, umgeben von echt schrägen Vögeln.

Alles klar auf der Andrea Doria? Aber sicher! Hey, das war das erste Mal, dass ich deutsche Rockmusik so richtig cool fand. Ich erinner’ mich noch genau:

Ende der 70er, die Dröhnland-Tour, ein Riesen-Schauspiel. Ich war damals 14 – es war mein erstes Konzert. Du  bist auf ’nem riesigen Schlitten in die Kölner Sporthalle geschneit – der Wahnsinn!

Ich hab’ mir alle Platten von Dir gekauft, kannte fast jede Zeile auswendig, besonders von  „Meine erste Liebe“.

Du hast es geschafft, dass ich immer das Gefühl hatte: »Hey, der meint mich, der kennt mich.« Du hast mich inspiriert, Deutsch zu singen, als ich anfing, selbst Musik zu machen. Okay, kein Nuscheln, sondern Kölsch – egal, Hauptsache, Rock!

In diesem Jahr hab’ ich Dich zum ersten Mal persönlich kennengelernt. Mann, war ich aufgeregt. Was wäre, wenn mein Idol sich privat als A... entpuppt? Aber nix da.

Im wahren Leben, da bist Du noch viel geiler als diese Kunstfigur, die Du in der Öffentlichkeit gibst. So lieb, so bodenständig – und politisch  auf der richtigen Seite engagiert.

Ich war echt überrascht, wie fit du bist. Na ja, wenn man mit 70 noch so eine Riesen-Tournee stemmt, dann funktioniert das eben nicht mehr mit unkontrolliertem Saufen.  Hab’ ich ja selbst schon kapiert. Lieber Udo, das meine ich jetzt absolut ernst: Du hast mit Deiner großartigen Lyrik die Sprache von Generationen geprägt. Du bist für dieses Land genauso wichtig wie Brecht und Beethoven!

Lass’ es krachen. Ich freu mich schon drauf, Dich am 3.  Juni in Köln wiederzusehen.“