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Erst Macht, dann AbsturzWieso Narzissten so oft scheitern

Narzissten Teaser

Sepp Blatter, Lance Armstrong, Steve Jobs: Auto Roger Schawinski nimmt berühmte Männer ins Visier – ihren kometenhaften Aufstieg, und den spektakulären Fall.

Sie sind berühmt, reich, mächtig – und über jeden Selbstzweifel erhaben. Trotzdem, oder gerade deswegen, scheitern sie oft auf dem Höhepunkt ihrer Karriere: Männer wie Apple-Gründer Steve Jobs, Star-Meteorologe Jörg Kachelmann, Ex-Fußballfunktionär Sepp Blatter oder der ehemalige Radprofi Lance Armstrong. 

In „Ich bin der Allergrößte. Darum scheitern Narzissten“ (Kein & Aber)  schildert der Schweizer Journalist und Unternehmer Roger Schawinski in elf Porträts den Aufstieg und Fall solcher Männer. Schawinski schöpft dabei aus persönlichen Begegnungen und eigener Recherche und zeigt anhand seiner Beispiele ein Phänomen, das sich in unserer Gesellschaft ausgebreitet hat: Narzissmus. 

Was macht eigentlich einen typischen Narzissten aus? 

Sie sind charismatisch, verlangen nach ständiger Bewunderung, benutzen andere Menschen, überschätzen die eigene Wichtigkeit, sind manipulativ und empathielos – so beschreibt Schawinski den Charakter von typischen krankhaften Narzissten. Und er stellt fest: wir alle werden immer mehr zu Selbstdarstellern, was nicht zuletzt an den Sozialen Medien liegt, wo wir um möglichst viele „likes“ buhlen. 

Zitiert wird unter anderem Psychiater Reinhard Haller, der vielen hohen Tieren in Wirtschaft und Gesellschaft eine narzisstische Störung zuschreibt: „Psychopathen im Anzug“ werden diese auch genannt. Offenbar, da sind sich viele Experten einig, fördern nämlich narzisstische Eigenschaften die Karriere. Ein Problem dabei ist, dass Narzissten keine Kritik vertragen und somit Gegner im eigenen Umfeld gerne ausschalten. Somit gibt es kaum noch jemanden, der ihnen etwas entgegensetzen kann.

Sepp Blatter & Co. – Hochmut kommt vor dem Fall

Sepp Blatter war Präsident des wichtigsten Sportverbands der Welt – doch schon vor seiner Wahl soll er laut Schawinski von Korruptionsvergehen in der FIFA gewusst haben. Auch bei Blatters eigener Wahl sollen mehrere Millionen geflossen sein, um die notwendigen Stimmen zu sichern. Die ursprünglich geplanten zwei Amtsperioden wurden immer wieder verlängert, korrupte Machenschaften im Umfeld ignoriert. „Echte Freunde hatte Blatter kaum, dafür umgab er sich mit Claqueuren und Profiteuren. Er brach laufend öffentliche Versprechen – und dies führte ihn schnurgerade in die große persönliche Katastrophe“, so die Analyse von Schawinski, der Blatter mehrfach beruflich und privat getroffen hat.

Der Narzissmus ging offenbar soweit, dass Blatter nach dem Bundesverdienstkreuz sogar auf den Friedensnobelpreis hinarbeitete und dafür Strippen zog. Bei den Fußballfans war er zu diesem Zeitpunkt allerdings schon verhasst, sie buhten ihn in den Stadien aus. 2015 platzte dann der Knoten: FIFA-Funktionäre wurden verhaftet, der Druck auf Blatter wuchs – bis hin zum Rücktritt und zur lebenslangen Verbannung: „Seine Welt, in der er sich während vierzig Jahren beinahe pausenlos in Privatfliegern und Luxussuiten bewegt hatte, war nun auf kümmerliche Reste zusammen geschrumpft“, beschreibt es Schawinski. 

In einem Boot mit Steve Jobs und Lance Armstrong

Apple-Gründer Steve Jobs war zwar bis zu seinem Krebstod beruflich erfolgreich. Doch er zerstörte mit seinem Hang zur Perfektion und Autonomie nicht nur seine Gesundheit, wie es das Porträt beschreibt. Auch Jobs Privatleben soll schwierig gewesen sein: „Während vieler Jahre hatte sich Jobs in persönlichen Kontakten unglaublich mies verhalten, und dies sowohl gegenüber seinen engsten Mitstreitern als auch gegenüber seiner Tochter Lisa“, weiß Journalist Roger Schawinski.

Der siebenfache Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong hingegen dopte über Jahre hinweg und gilt somit als einer der größten Betrüger der Sportgeschichte. Zu einer richtigen öffentlichen Entschuldigung konnte sich das einstige Idol aber nie durchringen: „Nach seiner Sicht der Dinge hat sich Lance bloß gemäß den damals gültigen Prinzipien verhalten.“

Hochmut kommt also oft vor dem tiefen Fall. Schawinski beschreibt das in den kurzen Porträts sehr eindrücklich und findet bei auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Männern viele Gemeinsamkeiten. Ein ebenfalls lesenswertes Interview mit dem Psychiater und Wissenschaftler Dr. Mario Gmür rundet das mit etwas über 200 Seiten sehr kompakte Buch ab.

Die gute Nachricht: Gmür zufolge gibt es auch gesunden Narzissmus, ein intaktes Selbstbewusstsein, das „den gesunden Ehrgeiz und ein wackeres Geltungsstreben befeuert“. Je verbissener und fanatischer dieser Ehrgeiz jedoch wird, desto ungesünder ist der Narzissmus. Daraus können Leser durchaus ihre Lehren ziehen.

Roger Schawinski: „Ich bin der Allergrößte. Darum scheitern Narzissten“ Verlag: Kein & Aber, 20,- Euro.

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