Ekelig oder faszinierend?Dermatologin sorgt mit Pickel-Videos für Netz-Hype

pimple

Ein junger Mann mit sehr vielen Mitessern auf Nase und Wange.

Pfui, diesen Trend muss man nicht verstehen – oder doch?

Für die einen sind sie einfach nur eklig, für die anderen erscheint die Beschäftigung mit ihnen irgendwie faszinierend. Die Rede ist von Pickeln und Mitessern.

Seit geraumer Zeit kursieren in den sozialen Medien Videos, die sich dem Ausdrücken der Hautunreinheiten widmen. So zu sehen auf dem Youtube-Kanal „Dr. Pimple Popper“ („Dr. Pickel-Platzer“).

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Dieser hat mit dem Upload von besonders schweren Mitesser- und Pickel-Fällen bereits über 1,2 Milliarden (!) Videoaufrufe erreicht. Betreiberin der ungewöhnlichen Seite ist die Dermatologin Dr. Sandra Lee.

Was macht den Reiz aus?

Nun stellt sich die Frage nach dem Warum. Diese Frage beantwortet Dr. Sandra Lee persönlich im Interview mit dem Onlinemagazin „Vice“ wie folgt: „Ich denke, dass es sich für viele Leute befreiend oder befriedigend anfühlt, mit anzusehen, wie so etwas entfernt wird“, sagt Lee.

Der Jugendforscher Philipp Ikrath erklärt im „Bild“-Interview das Interesse für diesen Ekel-Trend etwas anders: „Es sind latent vorhandene Perversionen, die in einigen Köpfen existieren und in den Videos öffentlich gemacht werden.“ Manche Menschen, so Ikrath, würden sich gerne mit dem eigenen Ekel konfrontieren.

In einem Punkt sind sich Lee und Ikrath aber einig: „Es ist ja auch ein befriedigendes Gefühl, wenn man den Mitesser endlich aus seinem Körper hat“, so der Jugendforscher. Ikrath erklärt auch die Reichweite der Videos damit, dass dieses Haut-Ereignis für jeden bekannt ist.

Ekel angeboren, aber auch erlernt

Die Fähigkeit, sich zu ekeln, sei zwar angeboren, jedoch sei Ekel gewissermaßen auch ein Beieffekt der Sozialisation, so die Hygieneforscherin Valerie Curtis. Wovor wir uns ekeln, werde allerdings zu großen Teilen geprägt. Schon kleine Babys verziehen bei bitterem Geschmack das Gesicht, aber gleichzeitig stecken sie sich ohne weiteres alles, von Exkrementen bis Plastik, in den Mund.

Solche Dinge ekeln uns laut Curtis erst ab dem Alter von zwei bis drei Jahren. Trotz dem Aspekt der kulturspezifischen Sozialisation seien, so die Hygieneforscherin, die Dinge, die die heftigsten Ekel-Reaktionen auslösen, in allen Kulturen gleich: Kot und Tod.

„Safe Zone Internet“

Ein weiteren Grund für die Rezeption solcher Pickel-Videos sieht der Jugendforscher Ikrath in der Anonymität: „Youtube wirkt zwar öffentlich, ist tatsächlich aber eine Heimlichtuerei. Jeder kann die Videos anonym anklicken und bewerten. Die Hemmschwelle ist nicht gerade hoch.“

Besondere Faibles gepaart mit dem Schutz des Internets sind auch oft die Erklärung für den Erfolg von Fetisch-Seiten.

Nicht selbst ausdrücken!

In diesem Zusammenhang wichtig: Pickel nicht selbst ausdrücken – vor allem nicht mit den Fingern.

So lautet der Appell von Dr. Afschin Fatemi, Facharzt für Dermatologie und Leiter der S-thetic Gruppe bei „Bild“.

„Bitte NIEMALS Pickel selber ausdrücken! Dadurch entstehen offene Stellen, durch die Bakterien eindringen und so Entzündungen und eitrige Schwellungen entstehen können. Das kann zu einer Blutvergiftung führen. Das kommt zwar äußerst selten vor, die Gefahr besteht allerdings – insbesondere bei größeren Pickeln. Lassen Sie da besser eine medizinische Kosmetikerin ran.“

Vor allem bei den Bereichen Oberlippe, Nasenrücken und bei der Augenpartie sei mit besonders viel Vorsicht geboten, da diese Stellen durch Venen eng mit dem Gehirn verbunden seien. Im schlimmsten Fall können Entzündungen, Thrombosen, Hirnhautentzündungen und Tod das Ergebnis sein.

Diese Dinge kann man gegen unreine Haut tun:

Zur Vorbeugung die Haut regelmäßig peelen, das befreit sie von überschüssigen Hautschüppchen und der Talg kann besser abfließen.

Im akuten Fall nicht mehr peelen! Das Gesicht mit pH-hautneutralem Waschgel reinigen, bei Gesichtswasser auf einen geringen Alkoholanteil achten. Cremes auf Öl-in-Wasser-Basis nutzen.

Bei Schmerzen und Eiter sofort ab zum Arzt. Der kann einschätzen, ob Medikamente nötig sind.

Nie verkehrt sind auch ausreichend Schlaf, frische Luft und eine gesunde Ernährung sind hilfreich.

Lieber meiden sollte man Nahrungsmittel mit hohem glykämischen Index, also viele einfache Kohlenhydrate wie zuckerhaltige Speisen. Sie treiben z.B. den Insulinspiegel in die Höhe, der wiederum die Talgproduktion anregt

(zt)