Diagnose KnochenkrebsWas eine todkranke 16-Jährige übers Leben denkt

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Maria Sophie (16) redet offen über ihre Erkrankung – auch, wenn ihr ab und zu die Tränen kommen.

Wilhelmsburg - Leben mit dem Tod: Maria-Sophie Byrla ist 16 Jahre alt. Anstatt sich Gedanken über Schulabschluss und Berufswahl zu machen, lebt sie von einem Moment zum Nächsten, versucht in möglichst kurzer Zeit möglichst viel zu erleben – denn sie hat Knochenkrebs.

Eine Chance auf Heilung gibt es nicht.

Wadenbein entfernt

Als Maria-Sophie den Raum betritt, lächelt sie. Die dunkelblonden Haare hat das zierliche Mädchen zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihre schwere Krankheit sieht man ihr nicht an. Nur wenn sie geht, fällt auf, dass ihr Bein etwas steif ist. Die Folgen einer Operation, bei der ihr das vom Krebs befallene Wadenbein entfernt wurde.

Das war nötig im Kampf gegen die tödliche Krankheit – ein Kampf, den das Mädchen schon so gut wie gewonnen hatte. So schien es zumindest.

Krebs-Diagnose vor zwei Jahren

Vor genau zwei Jahren wird der Krebs bei Maria-Sophie das erste Mal diagnostiziert.

Neben Operationen folgen Chemotherapie und Bestrahlungen. Denn in ihrer Lunge hatten sich Metastasen gebildet. Nach einem Jahr voller  Krankenhausaufenthalte gilt sie als geheilt. Ein Irrtum. Im vergangenen November kommt die Schreckensnachricht: Der Krebs ist wieder da, und das schlimmer als je zuvor.  Jetzt befinden sich Metastasen sogar in Becken, Knochenmark und Lymphknoten – und auch die Lunge ist erneut befallen.

Heilung ausgeschlossen

Die Ärzte sagen Maria-Sophie und ihrer Mutter: Eine  Heilung ist ausgeschlossen.

Wie sich dieser Moment anfühlte? Die 16-Jährige kann es nicht beschreiben. Sie schluckt, wischt sich eine Träne aus den Augen. Dennoch – eines weiß sie genau: „Bevor es mir nicht mehr gut geht, möchte ich noch ganz viel erleben.“ Sie möchte frei sein. „Fliegen – mit dem Hubschrauber. Und Fallschirmspringen.“ Um ihr diese Wünsche zu erfüllen, sammelt eine Freundin der Familie Spenden.

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Familie und Freunde sind Maria-Sophie besonders wichtig: Hier kuschelt sie mit Mutter Manuela (37) und Bruder Luca (5).

„Meine  Tochter ist einfach verrückt“

Maria-Sophies alleinerziehende Mutter Manuela (37) könnte sich das sonst nicht leisten.

Sie sitzt neben dem Mädchen und lächelt. „Meine  Tochter ist einfach verrückt“, sagt sie. Im nächsten Moment brechen beide in schallendes Gelächter aus. Ihre Art, mit dem schweren Schicksal umzugehen. „Wir versuchen die schlimmen Gedanken zu verdrängen, solange wir noch können“, sagt Manuela Byrla. Im nächsten Moment beginnt ihre Stimme wieder zu zittern.

„Ich versuche alles, umso lange wie möglich auf dieser Welt zu bleiben“

Denn wie viel Zeit ihrer Tochter noch bleibt ist unklar. Ärzte attestieren Menschen mit metastasierendem Ewing-Sarkom, wie sich Maria-Sophies Tumor nennt, eine 25 prozentige Chance, noch fünf Jahre zu überleben. Nach einem Rückfall, wie bei der 16-Jährigen, liegt diese Chance bei nur noch 13 Prozent.

„Auch, wenn ich Angst vor der Zukunft habe, weil ich nicht weiß, was auf mich zukommt, versuche ich alles, umso lange wie möglich auf dieser Welt zu bleiben“, erklärt die 16-Jährige zaghaft.

Sie möchte in schöner Erinnerung bleiben

Diese Welt. Das sind für sie vor allem ihre Familie und ihre beste Freundin. Mit denen verbringt sie mehr Zeit als je zuvor. „Im Moment versuchen wir so viel miteinander zu unternehmen wie nur möglich.“ 

Kino, Schwimmbad, Restaurant. Ein Fotoshooting ist geplant. Sie möchte in schöner Erinnerung bleiben, wenn sie nicht mehr ist. „Das hilft mir schlimme Gedanken zu verdrängen. Das brauche ich, um durchzuhalten.“

Sie wirkt traurig und dennoch erwachsen

Maria-Sophie denkt mehr an Andere als an sich, wirkt traurig und dennoch erwachsen, wenn sie über ihre Krankheit spricht. Von der Schule ist sie freigestellt, ein „normaler“ Teenager, der sich für Jungs und Partys interessiert, ist sie nicht. „So wichtig ist das alles nicht“, sagt sie und blickt auf den Boden. So schön es wäre, es fällt schwer, ihr das zu glauben.

Knochenkrebs

Das Ewing-Sarkom

Das Ewing-Sarkom ist die zweithäufigste Art von Knochenkrebs im Kindesalter und die dritthäufigste bei Erwachsenen. Dabei kann jeder Knochen Ursprungsort sein. Am häufigsten sind jedoch Becken und Oberschenkelknochen betroffen.  Patienten, die bei Diagnosestellung keine sichtbaren Metastasen haben, können zu 65 Prozent langfristig geheilt werden. Patienten mit anfänglichen Metastasen haben eine 25-prozentige Wahrscheinlichkeit, die nächsten fünf Jahre zu überleben.  Bei einem Rückfall nach einer Behandlungen sind es nur noch 13 Prozent.

„Man hört ja auch von Wunderheilungen...“

Manchmal scheint sie wie zerrissen: Ihre Augen hält sie weit geöffnet, ihren Mund zu einem dünnen Strich zusammengepresst. Und von einem auf den  anderen Moment wirkt sie wieder entschlossen: „Man hört ja auch von Wunderheilungen. Jedes Mal, bevor ich meine Tabletten nehme, spreche ich ein Gebet“, sagt sie.

„Es ist das Wichtigste daran zu glauben, dass man es schaffen kann auch, wenn es eigentlich ausgeschlossen ist.“ Und wenn das Unmögliche  eintritt, wird die 16-Jährige doch zum Teenager: „Dann schmeiße ich eine riesengroße Party.“

Wer spenden möchte, um Maria-Sophie ihre Wünsche zu erfüllen, meldet sich bei Sylwia Stock , Sylwia_stock@freenet.de oder telefonisch unter 01775646762.