Blutige SchlachtAuf den Spuren des Grauens im Hürtgenwald

Hürtgenwald-Experte Achim Konejung (57) vor dem deutschen „Bunker 107“.

Hürtgenwald-Experte Achim Konejung (57) vor dem deutschen „Bunker 107“.

Hürtgen/Nordeifel – Zerstörte Bunker, Soldatengräber, Gedenktafeln: Um die Schlacht im Hürtgenwald ranken sich Mythen und Geschichten des Grauens. EXPRESS suchte mit Dokumentarfilmer Achim Konejung (57) nach Spuren der Schlacht, die noch heute – 70 Jahre später – zu finden sind.

Imposant ragen sie plötzlich aus der Waldlandschaft: alte Bunkerruinen, Betonkolosse, mittlerweile überwildert. Sie zeigen noch deutlich Kampfspuren. Auch nach 70 Jahren noch. Die Schlacht im Hürtgenwald in der Nordeifel, sie zählt zu den schwersten Kämpfen des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Boden. Von September 1944 bis Februar 1945 lieferten sich amerikanische und deutsche Soldaten einen erbitterten Stellungskrieg. Rund 12000 Soldaten kamen dabei ums Leben.

Das dichte Waldgebiet, die vielen Hügel und Täler lassen nur erahnen, wie schwer der Angriff hier für die Amerikaner war. Unzählige Schützenlöcher und Gräben sind die stummen Zeugen des blutigen Kampfs. Monatelang mussten die Soldaten beider Seiten bei eisiger Kälte, unter Dauerregen und der ständigen Bedrohung durch den Feind ausharren. Auf dem Friedhof in Vossenack gedenken Kameradenkreuze der gefallenen Soldaten.

Sechs Namen, manchmal aber auch nur die Worte „Unbekannter Soldat“, stehen auf den verbundenen Doppelkreuzen. Eine Gedenktafel am Eingang des Friedhofs erinnert an einen Amerikaner, der sein Leben ließ, um einen Deutschen zu retten. Eine bedrückende Atmosphäre.

Hier liegen Menschen begraben, von denen ihre Nachfahren nicht einmal wissen, dass sie hier gefallen sind. Die Vorstellung lässt einen erschauern. Nach der Schlacht waren fast 60 Prozent des Waldgebiets verwüstet und zerstört. Die Bäume und Sträucher haben sich wieder erholt, Gras und Moos haben sich ihr Gebiet zurückerobert.

Auch nach Kriegsende töten die 100.000 Minen hier Menschen, die eigentlich die Spuren der Schlacht beseitigen wollten. 1947 krachte es regelmäßig. Die zurückgelassene Phosphormunition explodierte in der Hitze des Sommers. Mittlerweile sind die Minenfelder geräumt und überwachsen. Andere Spuren liegen aber noch ganz offen.

So lief die Schlacht in der Nordeifel

Der Hürtgenwald war für die amerikanische Armee ein wichtiger taktischer Bereich. Beim Vorstoß nach Köln und ins Rheinland befürchteten die Taktiker und Führungskräfte der Amerikaner, dass sich die deutschen Armeen in dem Wald versteckt hielten, um ihnen in die Flanke zu fallen. Der Hürtgenwald war wie eine natürliche Festung, denn dichteste Fichtenwälder, Hügel und Täler boten viel Schutz und erschwerten den Einsatz von Panzern.

Deswegen setzten die Amerikaner rund 130.000 Soldaten ein, um den taktisch wichtigen Hürtgenwald einzunehmen. Doch die Kämpfe zogen sich hin. Andauernder Regen und eisige Kälte zehrten an den Kräften. Über fünf Monate hielten die Gefechte an.

7025 Amerikaner fielen bei den Kämpfen im Rheinland, Schätzungen zufolge ließen ähnlich viele deutsche Soldaten ihr Leben in den erbitterten Kämpfen zwischen September 1944 und Dezember 1944. Rund 8000 Bunker bildeten in sechs Verteidigungsringen im Eifelbereich eine Festung, die den Amerikanern gegenüberstand.

Am 16. November 1944 starteten die amerikanischen Streitkräfte mit der Operation „Queen“, einer Großoffensive im Hürtgenwald. Doch deutsche Stellungen fügten ihnen heftige Verluste zu. Erst am 29. November 1944 gelang den Amerikanern ein Vorstoß und die Einnahme der Stadt Hürtgen. Doch die Deutschen schlugen am 16. Dezember mit der Ardennenoffensive zurück und trieben die amerikanischen Streifkräfte zurück.

Aber das letzte Aufbäumen der Deutschen scheiterte, und die angeschlagenen Soldaten konnten nur noch bis Mitte Februar 1945 die Stellungen halten. Hürtgen erinnerte die Amerikaner an das englische „hurt“ (Schmerz), der Hürtgenwald war für sie der Wald des Schmerzes.