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Kult-Lokale Teil 5„Klein Köln“: Zementkopp erklärt die Mutter aller Milieu-Kneipen

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Rumms! Der Zementkopp macht im Klein Köln seinem Namen alle Ehre - Klein Köln-Wirt Hein Rockstroh (r.) und Vorgänger Will Holweg (l.) geben Hilfestellung.

von Markus Krücken (krue)

Köln – Kölns Kneipen und Gaststätten sind Schauplätze kleiner und großer Geschichten. In der EXPRESS-Serie „Kölns Kult-Lokale“ geht es nach der BAP-Kneipe „Chlodwig Eck“, dem Promi-Italiener „Ristorante Luciano“,  dem Künstlercafé „Kurfürstenhof“ und dem Ehrenfelder Grillcontainer „Kebapland“ um den legendären, einstigen Treffpunkt Nr. 1 des Kölner Milieus: das „Klein Köln“.

Der Mann mit dem Eisenschädel tritt ein und schaut sich neugierig um. „Klar kommt Wehmut auf“, sagt Erich (79). Viele Jahre hat er bei seinem Sohn in Sachsen gelebt, seit zwei Wochen ist er zurück in Köln. Und der Besuch im „Klein Köln“, der Mutter aller Miljö-Kneipen, die er in den Hoch-Zeiten des „Chicago am Rhein“ mitführte, ist für den legendären „Zementkopp“ Pflicht…

Erste Kölner Kneipe mit Nachtkonzession

Den Miljö-Spitznamen hatte der gelernte Bergbauer bekommen, weil er im benachbarten „Café Geratz“ einst eine Marmorplatte mit dem Schädel gespalten hatte. Mit den heutigen Betreibern Heinz Rockstroh und Will Holweg setzt sich „Zement“ an den Tresen und plaudert über die goldenen Zeiten.

Alles zum Thema Guido Cantz

Als erste Kölner Kneipe überhaupt hatte das Klein Köln 1926 eine Nachtkonzession erhalten. Doch zum Szenetreffpunkt der kölschen Rotlichtgrößen wurde das Lokal auf der Friesenstraße erst 1961 - durch den Wirt Dieter Becker, genannt „Beckers Schmal“, der mit dem Zementkopp und Willi Prumbaum den Laden von seinen Eltern übernommen hatte und deutschlandweit Verbindungen zu Zuhältern pflegte.

Klein Köln

Friesenstraße 53

Gegründet: 1926

Betreiber: Hein Rockstroh

Publikum: Studenten, Feiervolk der Friesenstraße, Touristen

Stammkneipe des Miljös

„Die Stunde 1 war der Dieter Becker, der Schmal. Der beste Kumpel und Organisator, den man sich vorstellen kann. Dieter hat die aus dem Miljö alle hergeholt. Und durch ihn kamen die Boxer“, erzählt Holweg, „Wir waren ja das Wiegelokal, wenn gegenüber im Sartory gekämpft wurde.“

Wie ein Abend im damaligen Epizentrum der Unterwelt aussah? Animierdamen saßen verteilt im Laden, nippten am Piccolo. Verbrecher aller Art, Zuhälter, Einbrecher, Hehler und Schläger tranken bis zum Umfallen.

„Solide Leute“ trauten sich in den 60ern kaum herein, berichtet Türsteher-Legende Anton Claaßen, alias der „Lange Tünn“. „Wenn du hier nur einen falsch angeguckt hast, kriegtest du schon einen K.O. Und wenn du gefragt hast warum, gleich noch einen hinterher.“

Wiege des Fußballvereins „FC Johnny“

Die verruchte Atmosphäre zog auch Box-Promis wie René Weller, Ebby Thust oder Exzentriker wie Heiner Lauterbach an. Doch Beckers Dieter, der privat sein Kölsch täglich im „Wirtz“ im Severinsviertel zischte, ehe er zur Arbeit ging, machte noch mehr aus der Kneipe - er gründete einen Fußballverein!

„Hinten hatten wir den Raum für die Versammlungen mit dem FC Johnny“, erinnert sich der Zementkopp, der selbst in der aus Zuhältern bestehenden Truppe mitkickte. „Das Ritual war so: Becker saß am Kopp des Tischs, alle waren mucksmäuschenstill. "Silentium", sagte er, dann ging das Buch herum, Lotzke war der Kassierer. Jeder musste 100 DM geben und das wurde eingetragen.“

Kurios: Der FC Johnny war auch ein Kreditinstitut. Im verrauchten Hinterzimmer wurde z.B. Kölschrocker Jürgen Zeltinger mal vorstellig, um sich einen hohen Geldbetrag zu leihen. Die Herren in den Trainingsanzügen nickten das ab - darunter Fußball-Weltmeister und FC-Legende Heinz Flohe, der auf den Turnieren des FC Johnny Stammspieler war.

Kampf gegen das Drogen-Image

Das Klein Köln erlebte bewegte Jahre. Prumbaum wurde ermordet, Zementkopp stieg 1983 aus, 1989 starb Beckers Dieter an einem Herzinfarkt. 1993 dann der Wendepunkt: der neue Betreiber Holweg kämpft um die Existenz, weil sein Geschäftsführer-Kollege hinter seinem Rücken mit Drogen gedealt hat. „Drogenhölle Klein Köln“ stand im EXPRESS. „Da haben die vom Amt den Laden zugemacht, versiegelt und gesagt: "Der wird nie mehr aufgemacht. Hier wird mit Rauschgift gehandelt." Da habe ich mich direkt von meinem Partner getrennt.“

Holweg und sein neuer Partner Rockstroh kämpfen. Schon nach 13 Tagen können sie das Klein Köln wieder eröffnen - man glaubte ihnen, dass sie vom Rauschgift nichts gewusst hatten. „Zwei Jahre haben wir gebraucht, um den Laden zu säubern. Dann traute sich kein Verbrecher mehr rein.“

Publikum hat sich gewandelt

Dafür brummt es seitdem jedes Wochenende. Mitten im Partyzentrum Kölns hat das „KK“ seinen Platz fest inne - und im „Klein Köln 2“ am Klapperhof sogar einen Ausbau. Das Publikum hat sich gewandelt - und immer noch verkehren viele Promis hier. „Als Depeche Mode die Goldene Schallplatte verliehen bekam, waren die hier. Da waren 20 Securities hier drin“, erinnert sich Will, „der Guido Cantz wurde auf einer Karnevalssichtung hier entdeckt. "Meine Karriere begann im Klein Köln", sagt er mir oft.“

Und die vielen Box-Motive an den liebevoll dekorierten Wänden haben ihre Wirkung noch immer nicht verloren. „Einmal kam ein Gast und fragte: "Kommt der Tyson auch hierhin?"“, lacht Rockstroh, „Unsere Bedienung flachste: "Der kommt um 1 Uhr." Da hat der einen Tisch reserviert und doof geguckt, als um 1 Uhr kein Tyson da war.“

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