Ballermann in den Sälen?„Event-Karneval!“ Kölner Urgestein platzt der Kragen

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Besteht der Kölner Karneval nur noch aus Party? Diese Frage wird derzeit heiß diskutiert.

von Bastian Ebel (bas)

Köln – Jeder Jeck ist anders. Das gilt insbesondere für den Kölner Karneval: Unterschiedliche Angebote für unterschiedliche Interessensgruppen gibt es massenweise.

Aber gibt es noch ein Format für die ganze Familie? Urgestein Micky Brühl ist am Wochenende der Kragen geplatzt. Seine Befürchtung: „Der Fastelovend verkommt immer mehr zum Event-Karneval“.

Kölner Karneval: Micky Brühl sieht Event-Charakter kritisch

Denn der Mann, der seit über 35 Jahren im Kölner Karneval unterwegs ist, bemängelt die immer größer werdende Show rund um die Auftritte der Bands. „Mittlerweile muss ich mich bei den Literaten ja entschuldigen, wenn ich nicht mit Konfetti-Kanone auf die Bühne komme.“

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Musiker Micky Brühl.

Ein deutliches Zeichen setzt er bei seinen Zugaben mit einer Ballade: „Ich finde, dass man sich zumindest einmal bei einer kölschen Sitzung in den Arm nehmen sollte, um zu Schunkeln.“ Er sagt: „Jeder macht seinen Job und ich möchte die Kollegen dafür nicht kritisieren. Es ist aber für mich und für viele andere Sitzungsgäste manchmal anstrengend.“

Kölner Karneval: Festkomitee vergibt ab 2020/21 ein Siegel für „Kölsche Sitzungen“

Mit seiner Meinung steht Micky Brühl nicht alleine. Dass Literaten in den letzten Jahren immer mehr Bands buchen, die Programme immer musiklastiger werden, hat man beim Festkomitee erkannt und handelt ab kommendem Jahr. „Dann wird das Siegel als Empfehlung für eine kölsche Sitzung eingeführt“, bestätigt FK-Sprecher Michael Kramp.

Mitgliedsvereine können sich das Siegel nur als Werbung anheften, wenn mindestens zwei Redner, ein Traditionskorps und eine Tanzgruppe dabei sind. Drei von vier Kriterien müssen erfüllt sein. „Das ist aber keine Aussage über die Qualität der auftretenden Künstler“, unterstreicht das FK.

Kölner Karneval: „Kunden wollen junge und wilde Bands“

„Der Karneval ist lauter geworden, das ist eine Frage der Generationen“, sagt Agentur-Chef Horst Müller, der 400 Sitzungen im Rheinland organisiert. „Der Wunsch der Kunden ist eindeutig: Sie wollen junge und wilde Bands haben.“ Doch es gäbe natürlich auch viele Vereine, die bei Müllers Agentur den Wunsch hinterlegen, eine ruhige Sitzung zu haben.

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Auch die Funky Marys setzten neben den Songs auf Showeinlagen wie zum Beispiel Konfetti.

Aber auch Müller findet: „Es wird künftig ein breiteres Angebot geben. Da wird von Party- bis Flüstersitzung alles dabei sein.“ Wird demnach bedeuten: Dass Jung und Alt gemeinsam feiern können, bleibt eher die Ausnahme. Müller: „Das war früher auch nicht anders.“

Funky Marys: Karneval geht mit der Zeit

Eine Mädels-Band, die insbesondere durch viele Show-Elemente auf der Bühne bekannt ist, sind die Funky Marys. „Sorry, aber wenn wir Konfetti schießen, gehen wir mit der Zeit“, sagt Sängerin Andrea Schönenborn. Dass der Karneval lauter geworden ist, bestätigt sie.

Kölner Karneval: Lob an die Vielfalt der Bands

Aber das muss man doch als Gruppe wissen und sich auf den Saal einstellen.“ Sie ist der Meinung: „Wenn der Song nicht funktioniert, hilft auch kein Konfetti.“ Oder vielleicht gerade deshalb?

„Letzten Endes können wir uns über die Vielfalt der kölschen Musik freuen. Das gibt es nirgendwo“, so Horst Müller.