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Der Boss der BosseSo lebte Hanns Martin Schleyer in Köln

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Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer (†62).

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – 40 Jahre nach dem RAF-Attentat auf Hanns Martin Schleyer (62 ) erinnert der EXPRESS in einer Serie an die Schauplätze, Opfer und Zeugen der Ereignisse. Das Attentat und die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten am 5. September 1977 bildeten den Auftakt zum „Deutschen Herbst“, der eine Zäsur in der deutschen Geschichte darstellt.

Zum 40. Jahrestag: Der deutsche Herbst – wie der RAF-Terror in Köln begann. Die neue große Serie im EXPRESS.

Folge verpasst? Hier gibt es alle Ausgaben.

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Ob Kneipe oder edler Salon

Wir begaben uns auch auf Spurensuche in Hanns Martin Schleyers Leben in Köln. Ob Kneipe oder edler Salon: Deutschlands wichtigster Wirtschaftsrepräsentant konnte mit allem und allen umgehen.

Manager am Tag, Milieu am Abend

Er mochte den Underberg an der Kölschtheke und den Whiskey an der Excelsior-Bar. Er hatte ein Haus, eine Frau und vier Kinder in Stuttgart und lebte in Köln in einer Absteige am Ebertplatz. Er traf am Tag die Manager, am Abend traf er aufs Milieu. So war Dr. Hanns Martin Schleyer: Ein Mann mitten im Leben.

2-Zimmer-Apartment in der Domstraße

Keiner von den ehemaligen Gefährten, die diese Dinge aufzählen, kann aber genau erklären, wie der „Boss der Bosse“ auf die Idee kam, ein 2-Zimmer-Apartment in der Domstraße 95 zu beziehen.

„Ich bin beim Ford!“

Gleich nebenan gab es das „Bierstüffge“, wo Schleyer nach Feierabend gerne einkehrte. Als einmal zwei Kneipengäste den rustikalen Mann mit  dem Schmiss im Gesicht auf gut Kölsch anraunzten: Wo küss do dann he?, da hätte Schleyer mit Schwung zurückgerufen: „Ich bin beim Ford! Wer seid ihr  dann?“ Witzig, volksnah, menschlich: Das war nicht der Schleyer, den die RAF sah.

Als ehemaliger Nationalsozialist wieder nach oben

Die sah den NS-gläubigen Corpsstudenten, SS-Untersturmführer, Wirtschaftsfunktionär im „Protektorat Böhmen und Mähren“. Den Prototyp des Deutschen, der es gepackt hatte, als ehemaliger Nationalsozialist wieder nach oben zu kommen.

„Rückblickend“, schreibt Schleyers Sohn Hanns-Eberhard über die Aussprachen mit seinem Vater, sei es ihm „schmerzhaft bewusst gewesen, ein menschenverachtendes System mitgetragen zu haben.“ Und: „Die eigene Intoleranz war im Rückblick das Schlimmste für ihn.“

Personenschützer bekamen die Krise

Schleyer, der Mann mit der tiefen Vergangenheit, saß jetzt schon mal bis tief in die Nacht im „Bierstüffge“.  Selbst seine Frau nannte ihn einen „Hocker“. Schleyer hielt was aus. 

Und war am liebsten ganz Mensch. Einmal schrieb er einem Gast, erkennbar aus dem Milieu, seine Telefonnummer auf einen Bierdeckel. Falls mal was sei, der Mann könne sich melden. Die Personenschützer bekamen die Krise. Schleyer war das auch schon mal egal. Die ganzen Sicherheitsmaßnahmen belasteten ihn.

Es hieß: die Sitte kommt!

Einmal kam es zu einer kuriosen Szene, als Schleyer mit seinen Personenschützern und weiteren Kollegen vom BDA auf einen Absacker noch spät aufkreuzte. Da saßen noch Leute in der Kneipe und als die das Aufgebot sahen, türmten alle aus dem Laden, weil es hieß: die Sitte kommt!

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Das Kölner Wohnhaus, in dem Schleyer zuletzt lebte. Die Raschdorffstraße 10 war das Ziel, als sein Konvoi gestoppt wurde.

Umzug nach Braunsfeld

Erst später zog Schleyer in eine repräsentative Adresse: Das Apartment in der Raschdorffstraße 10 in Braunsfeld. Auch hier traf sich der Wirtschaftskapitän, der als BDA-Chef Sprecher von über 800 deutschen Unternehmerverbänden war, mit Kollegen und Weggefährten aus der Politik, zum Beispiel Parteifreund Kurt Biedenkopf (CDU), der Brot und Wurst mitbrachte.

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Schleyers damaliger BDA-Kollege Fritz-Heinz Himmelreich.

Oder mit BDA-Geschäftsführer Fritz-Heinz Himmelreich, mit dem er noch nach Feierabend Wirtschaftsgespräche über Fragen der Mitbestimmung und Tarifpolitik führte: „Schleyer war einerseits ein harter Hund“, sagt Himmelreich (87), „er hatte Aussperrungen und Streiks hinter sich - auf der anderen Seite war er bekannt für seine soziale Ader und am Ende jedes Kampfes verstand er sich mit den Gewerkschaften recht gut. Sein Lebensideal war die soziale Partnerschaft.“

Letzte große Party im Interconti

Der Geburtstag des Arbeitgeber-Präsidenten war ausgerechnet der 1. Mai. Seinen 60. Geburtstag 1975 feierte Schleyer nicht im „Bierstüffge“, sondern standesgemäß. Im Interconti kamen Minister, Parteichefs und Topmanager zusammen. Es sollte Schleyers letzte große Party sein.

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(exfo)