Das blutige Geiseldrama von KölnVor 20 Jahren an der Messe in Deutz: Ein Junge springt um sein Leben

In Sicherheit: Ein elfjähriger Junge springt aus der zertrümmerten Heckscheibe des gekaperten Busses.

In Sicherheit: Ein elfjähriger Junge springt aus der zertrümmerten Heckscheibe des gekaperten Busses.

Köln – Freitag, 28. Juli 1995. Um 10 Uhr morgens steigen am Dom 23 Touristen in einen Mercedes-Reisebus. Am Steuer: der 26-jährige Busfahrer Raimund G. Alle sind gut gelaunt und freuen sich auf die anstehende Stadtrundfahrt. Sieben Stunden und 42 Minuten später sind drei von ihnen tot: Der Busfahrer, eine Touristin (60) und der Geiselnehmer.

Das Geiseldrama von Köln hat zwei Hauptdarsteller: den Täter, Leon Bor ( 31), ein in Russland geborener Israeli, und den Österreicher Heinz Buchner (damals 53), der einem Elfjährigen das Leben rettet.

Der Täter: „Ein absoluter Sadist, der Freude am Töten gehabt hat“, sagt der zuständige Staatsanwalt Karl Uckermann bei einer Pressekonferenz.

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Vom Kölner Hauptbahnhof geht Bor an diesem Freitag zur Abfahrtsstelle des Busses und löst eine Fahrkarte. Um 10.40 Uhr erreicht der Bus das Messegelände. Bor bedroht die Passagiere, schreit: „Alle still – Russenmafia.“

Zwei Minuten später erschießt er mit seiner Smith & Wesson den Busfahrer. Ein Bauarbeiter in der Nähe ruft die Polizei. Jetzt zieht sich Bor eine schwarze Maske übers Gesicht, steigt in einen Kampfanzug. Zwanzig Minuten später schießt er wieder. Diesmal auf einen Polizisten. Der Beamte wird in den Bauch getroffen. Dank einer Not-Operation überlebt er. Im Getümmel kann sich eine Frau (34) aus dem Bus retten, eine Stunde später gelingt zwei weiteren Geiseln (32, 69) die Flucht durch das inzwischen zertrümmerte Heckfenster.

Der Held: der Wiener Hans Buchner. Er sitzt im Reisebus, sieht, wie der wahnsinnige Täter seine Geiseln quält. Und er sieht, wie ein damals elfjähriger Junge all seinen Mut zusammennimmt, um auch aus dem Heckfenster des Busses zu springen.

Aber auch der Geiselnehmer sieht das und zückt seine Waffe. Buchner schreit: „Um Gottes willen! Bitte nicht das Kind!“ Dann wirft er sich in die Schusslinie. Eine Kugel zerfetzt seine Brust. Doch Bor herrscht ihn wenig später an: „Geh raus! Hol Wasser! Und bring mir ein Handy mit!“ Er droht: „Wenn du nicht wiederkommst, erschieß ich deine Frau.“ Doch dazu soll es nicht mehr kommen. Buchner hangelt sich durch die Heckscheibe nach draußen und wird von Polizisten in Empfang genommen. Auch ihm rettet eine Not-Operation das Leben.

Um 17.30 Uhr fragt Bor die Opfer, woher sie kämen. Als eine 60-Jährige antwortet, sie stamme aus Deutschland, tötet er auch sie. Dieser Schuss ist der letzte, den Bor abgibt. Jetzt stürmen die Beamten des am Morgen gebildeten Spezialeinsatzkommandos den Bus. Einer der Männer steht dem Killer gegenüber. Der Beamte zögert keine Sekunde und gibt den „finalen Rettungsschuss“ ab. Leon Bor bricht tot zusammen.