Aus dem 9. Stock geworfenDie Leiche vom Kölnberg - doch ein Mordopfer?

Aus dem 9.Stock dieses Hochhauses An der Fuhr wurde die Leiche geworfen.

Aus dem 9.Stock dieses Hochhauses An der Fuhr wurde die Leiche geworfen.

von Philipp Meckert (pm)Chris Merting (mert)

Köln – Eine verweste Leiche, in eine Gardine gehüllt, fällt vom Himmel und kracht vor eine Kita. Dieser unfassbare Horror passierte am Kölnberg. Jetzt ermittelt eine Mordkommission. Und OB und Polizeipräsident planen einen „Kölnberg-Gipfel“, um der offensichtlichen Verwahrlosung den Kampf anzusagen. Wer war der Mann, dessen Leben so grauenvoll endete? Wir gingen auf Spurensuche.

An der Fuhr 4, Eingang zum 26-stöckigen Hochhaus, Endstation eines Lebens. Die Sucht nach Heroin zog den Mann in den engen Fahrstuhl hoch in den neunten Stock. Ein paar Schritte im versifften, muffigen Treppenhaus, eine dunkle Tür, eine schrille Klingel – dort bekam er den Stoff, dort setzte er sich die Nadel. Ob der 36-Jährige an seine Frau, an sein Kind, an seine Familie in der Heimat dachte?

In Litauen geriet er in die Fänge des Rauschgifts, wurde mehrfach polizeiauffällig. 2013 kam er nach Köln, um hier sein Glück zu finden. Er wohnte mit seiner kleinen Familie in Porz. Unauffällig, unscheinbar, er war Kraftfahrer. Und Junkie. Polizeisprecher Christoph Gilles listet auf: „Am 31. Mai wurde er letztmalig lebend gesehen, am 3. Juni meldete ihn seine Frau in Porz als vermisst, am 10. Juni wurde offiziell Vermisstenantrag gestellt.“

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Die Frau suchte damals verzweifelt nach ihrem Mann. Grauenhafte Vorstellung: Zu diesem Zeitpunkt war der Litauer schon lange tot. Seine Leiche in eine Gardine gewickelt und in einen Schrank gesteckt. Da Anfang Juni täglich bis zu 30 Grad herrschten, wurde der Verwesungsgeruch in der Wohnung eines mutmaßlichen Drogendealers, nach dem gefahndet wird, immer stärker.

Irgendwann, so die Spekulationen, hielt jemand in der Wohnung den verräterischen Gestank nicht mehr aus und warf die Leiche einfach runter. Wie Müll, der auch jetzt noch da zu finden ist, wo der Körper aufschlug. Benutzte Windeln, Mülltüten liegen im Gras. Andere berichten aber auch von defekten Kühlschränken oder alten Möbeln, die einfach über der Balkonbrüstung entsorgt werden und wie tödliche Geschosse in die Tiefe krachen.

Der verweste Körper des Litauers liegt noch in der Pathologie, wurde eingehend untersucht. Staatsanwalt Dr. Daniel Vollmert am Freitag zu uns: „Da nicht auszuschließen ist, dass Fremdeinwirkung eine Rolle gespielt hat, ermittelt nun eine Mordkommission. Die chemisch-toxikologischen Gutachten stehen noch aus.“

Angeblich wird der Mann in seiner Heimatstadt beerdigt, Frau und Kind sind schon zurück in Litauen. Sozialer Brennpunkt Kölnberg – jetzt will die Stadt handeln. Wie wir erfuhren, wollen sich OB Jürgen Roters und Polizeipräsident Wolfgang Albers Anfang Juli zusammensetzen, um die unhaltbaren Zustände zum Thema zu machen. Stadtsprecherin Inge Schürmann bestätigt: „Experten aus den Bereichen Wohnung, Soziales und Suchtbekämpfung werden daran teilnehmen.“