Graffities überallEine Stadt jagt 110

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Auf der Windmühlenstraße prangen die  drei Ziffern in Schwarz-Weiß. Die „15“ steht für das Entstehungsjahr.

Bonn – Die Sprayer-Crew mit dem Kürzel „inF“ war gestern: Jetzt jagt Bonn „110“! Deren Graffiti tauchen inzwischen überall in der Stadt auf. Riesengroß, knallbunt – und fast immer ziert die „0“ ein Teufelsschwanz. Zuletzt sorgte die Schmierer-Gang für Schlagzeilen, als sie die Bahnhaltestelle Heussallee verunstaltete.

Dort sollten sich eigentlich echte Künstler austoben. Doch „110“ torpedierte die Aktion der Bundeskunsthalle kurzerhand und hinterließ sein illegales Kürzel.

Ob auf der Wilhelm-, Max-, Friedrich- oder Windmühlenstraße: Die drei Ziffern sind seit kurzem omnipräsent. Wie eine Seuche. Auch auf Stromkästen, einer Straßenbahn und Schildern an der A 565 prangt das sogenannte Tag (Kürzel).

Besonders übel ist es für Hausbesitzer, die die Graffiti für viel Geld von Fassaden oder Garagentoren entfernen lassen müssen. Daher legen sich erste Opfer schon auf die Lauer! „Ich habe mich mit anderen Betroffenen zusammengetan, wir drehen jetzt abwechselnd Kontrollrunden“, erzählt Volker B. (45) aus der Altstadt.

Auch die Polizei hat „110“ im Visier. Seit letztem Jahr liegen ihr insgesamt 20 Strafanzeigen vor. „Wir gehen allerdings davon aus, dass weitere Tags gesprüht, aber nicht angezeigt wurden“, so Pressesprecherin Daniela Lindemann.

Wer steckt dahinter? Konkrete Hinweise gibt es bislang nicht. „Die Tags haben teilweise einen unterschiedlichen Stil, so dass wir davon ausgehen, dass es sich um mehrere Täter, eine Gruppe handeln könnte“, erklärt Lindemann.

Dazu kommt: Graffiti-Sprayer sind meist nachtaktiv, tragen neutrale, schwarze Klamotten und sind maskiert.

 Laut Polizei sind die Teufels-Schmierer im gesamten Stadtgebiet aktiv. Die Crew ist relativ neu hier – aber fleißig. Prominentes Opfer: Sonja Reul (61), Wirtin der Gaststätte „Sonja’s“ , Friedrichstraße. Im August wurde ihr großer Rollladen zur Außenterrasse besprüht. Allein bei ihr entstand ein Schaden von mehreren tausend Euro.

Bei der Polizei sitzen die „Sprayer-Jäger“ gleich in mehreren Kommissariaten (Innenstadt, Ramersdorf, Bad Godesberg). „Die Ermittler sind untereinander eng vernetzt. Aber auch mit der Stadt und den Verkehrsbetrieben“, so Sprecherin Lindemann. Allein 2014 konnten bei 650 angezeigten Graffiti so 74 Tatverdächtige ermittelt werden.

 „Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, die verfolgt wird“, stellt Lindemann klar. Ein erwischter Sprayer könne zudem für Regressforderungen 30 Jahre lang zur Kasse gebeten werden.