Brennpunkt Bad GodesbergTrotz weniger Kriminalität: Die Angst ist weiterhin da

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Verschleierte Frauen wie hier im Niqab sieht man in Bad Godesberg häufig.

von Julia Bauer (jba)

Bonn – Brennpunkt Bad Godesberg: Jugendkriminalität, Drogenhandel, boomender Medizin-Tourismus, verschleierte Frauen. Das Stadtbild hat sich in den letzten Jahren verändert.

Nach zahlreichen EXPRESS-Berichten und Reportagen zeigte nun auch eine RTL-Doku, dass in Bad Godesberg wenig vom einst noblen Bonner Stadtbezirk übrig ist. EXPRESS war vor Ort und hat nachgefragt: Verändert sich etwas oder ist die Angst noch immer da?

„Situation drastisch verschlechtert”

Dienstag, zwölf Uhr: Es ist noch wenig los in den Einkaufsstraßen von Bad Godesberg. Brunnen plätschern friedlich vor sich hin, draußen vor den Cafés schlürfen die Godesberger ihren Kaffee. Doch die Idylle trügt! Viele fühlen sich in ihrem eigenen Viertel nicht mehr sicher.

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„Die Situation hat sich in den letzten Jahren drastisch verschlechtert“, erzählt uns ein Familienvater (49), der mit seinen Töchtern Eis isst. Das Stadtbild habe sich verändert, es gebe immer mehr Billigläden, immer mehr vollverschleierte Frauen. „Es ist einfach ein Gefühl, dass es unsicherer wird“, sagt er.

Ochmann

„Wir trauen uns abends nicht mehr raus. Es passiert ja immer wieder was, und die Täter werden nicht verurteilt. Die Verrohung wird immer stärker, früher waren Prügeleien humaner.“ Egon (90) und Erika (79) Ochmann

Kriminalität ging 2016 zurück

Faktisch ist 2016 die Straßenkriminalität in Bad Godesberg sogar zurückgegangen – um 111 auf 1667 Fälle. So führte die Polizei von Juni 2016 bis Anfang Juni diesen Jahres 189 Präsenzeinsätze durch, kontrollierte dabei mehr als 4100 Personen, nahm 30 fest.

Haenelt M.

„Ich fühle mich in Bad Godesberg wohl. Für mich bleibt es ein schönes Örtchen. Es gibt vielleicht nicht mehr so viele schöne Geschäfte wie früher, aber dann fahre ich halt mal nach Bonn in die Stadt.” Haenelt M.

„Wir werden diese Kontrolleinsätze weiter fortführen“, so Sprecher Frank Piontek. Die Aktionen wurden seit der tödlichen Prügelattacke auf Niklas (†17) im Mai 2016 verstärkt. „Seitdem ist deutlich mehr Polizeipräsenz auf der Straße, tagsüber, aber auch nachts. Und das ist gut so“, erzählt ein Taxifahrer.

Franziska

„Abends würde ich nicht mehr alleine durch den Kurpark gehen. Ich wünsche mir generell in dunklen Ecken bessere Beleuchtung und mehr Polizei. Dann würde man sich vielleicht ein bisschen sicherer fühlen.” Franziska, 18

Wachsender Medizin-Tourismus

Vielen Godesbergern ein Dorn im Auge: vollverschleierte Frauen, die durch den wachsenden Medizin-Tourismus zunehmend auftauchen. Das hinterlässt bei vielen offenbar ein beklemmendes Gefühl.

„Ich finde das befremdlich“, sagt eine Passantin (56), die seit 21 Jahren in Bad Godesberg lebt. „Als meine Kinder klein waren, bin ich oft mit ihnen in den Park. Das würde ich jetzt nicht mehr machen.“

Julian

„Wenn es keine Einwanderer mehr gäbe, dann hätten wir hier aber auch nur noch drei Läden. Die Politik sollte  mehr Geld in Bildung stecken, also in Schulen,  Ausbildung und so weiter.” Julian Rogalski, 25

Zweckentfremdung von Wohnraum

Ur-Godesberger Juppi Schaefer (68) hat aus der Kritik am Medizin-Tourismus heraus die Wählergemeinschaft „Die-Godesberger“ gegründet. „Uns geht’s um die Zweckentfremdung von Wohnraum durch die Medizin-Touristen“, sagt Sprecher Uwe Schaak.

„Das muss geordnet ablaufen. Es müssten Boarding-Häuser gebaut werden.“ Darunter versteht man betreute Unterkünfte für Menschen mit längerem Aufenthalt in der Stadt. So würden die arabischen Touristen den Godesbergern zumindest keinen Wohnraum wegnehmen, erklärt Schaak. 

(exfo)

(jba)