Bei „Maybrit Illner“Bonner Virologe Streeck nicht sicher, ob Corona-Impstoff kommt

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Virologe Hendrik Streeck. Hier ist er am 30. März in seinem Labor in Bonn zu sehen.

Bonn – Dieser Artikel wurde zuletzt um 09.43 Uhr aktualisiert am 12. Juni 2020. Am Donnerstagabend (11. Juni) war der Bonner Top-Virologe Hendrik Streeck zu Gast in der ZDF-Talkshow  „Maybrit Illner“. Unter anderem ging es in der Sendung um den Entwicklungsstand eines möglichen Impfstoffes gegen das Coronavirus. 

Hendrik Streeck: Corona-Impfstoff nicht absehbar

Streeck gab dazu an: „Wir wissen momentan nicht, ob oder wie schnell es einen Impfstoff geben kann.“ Oft gäbe es in der Forschung gute Ansätze, die dann aber in Feldversuchen zu Nichte gemacht würden.

Außerdem zog er den Vergleich zu weiteren tödlichen Krankheiten, gegen die bislang kein Impfstoff entwickelt werden konnte: „Wir haben gegen die größten infektiologischen Killer der Welt, Malaria, Tuberkulose, HIV und so weiter keinen Impfstoff, obwohl schon seit Jahren daran geforscht wird.“

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So glaube er, dass das Coronavirus bleiben werde und nicht vollständig verschwinden können.

Streeck, der in den vergangenen Wochen Dauergast in vielen Talkshows zum Thema Corona war, hielt sich mit formulierte seine Aussagen diesmal wesentlich zurückhaltender. Wären Schulprobeläufe vor Ferienende sinnvoll? „Mir wurde in den Mund gelegt...“ Seine Prognosen insgesamt? „Niemand hat eine Kristallkugel.“

„Man traut sich in dieser emotionalen Debatte nicht mehr, seine Meinung zu sagen“, erklärte er bei „Maybrit Illner“.

Virologe Streeck sieht Corona-App und Test-Kosten kritisch

Dem Nutzen der von der Bundesregierung geplanten Corona-App steht Virologe Streeck skeptisch gegenüber. Sie käme „bisschen spät“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Vor allem wisse man nicht, „ob sie überhaupt etwas dazu beitragen kann, in Deutschland eine Pandemie zu kontrollieren“. Die von der Bundesregierung lange geplante App für den Kampf gegen das Coronavirus soll in der kommenden Woche an den Start gehen.

Sie soll helfen, Infektionsketten leichter zu erkennen und nachzuverfolgen. Streeck (Hier lesen Sie mehr: Hendrik Streeck angezeigt: Wer steckt dahinter?) sieht auch den Nutzen massenhafter Corona-Tests angesichts der hohen Kosten kritisch.

Nun auch Corona-Tests ohne akute Krankheitsanzeichen möglich

Bei 400.000 Tests pro Woche bedeute dies eine Stange Geld. „Wenn dann noch systematisch gescreened werden soll, wird es noch mehr. Wenn wir nur 1 positives Ergebnis auf 100 Tests sehen, fragt sich ja, ob das noch lohnt.“

Eine am Dienstag verkündete Verordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legt eine Reihe zusätzlicher Testmöglichkeiten auf Kassenkosten fest.

Nun sind auch Tests ohne akute Krankheitsanzeichen auf breiter Front möglich - besonders in sensiblen Bereichen wie Kliniken, Pflegeheimen, Schulen und Kitas.

Virologe Streeck: „Deutschland ist zu schnell in den Lockdown gegangen“

Streeck kritisierte darüber hinaus die getroffenen Corona-Beschränkungen in Deutschland. Nach dem Verbot von Großveranstaltungen seien die Infektionszahlen bereits gesunken.

„Die weiteren Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen hätte ich dann vom tatsächlichen Verlauf abhängig gemacht, auch um zu sehen, wie die einzelnen Beschränkungen wirken und ob zusätzliche Schritte wirklich nötig sind.“

Hier lesen Sie mehr: Virologe Streeck wettert gegen Masken und Lockdown

Stattdessen sei Deutschland „zu schnell in den Lockdown gegangen“, weil neben der Sorge um die Kapazität der Krankenhäuser „ein gewisser Druck in der Öffentlichkeit“ bestanden habe. (dpa, nb, sp)