Schul-HorrorMobbing-Opfer Chiara (17): „Sie filmten mich in der Umkleide“

CyberMobbing

Bei Chiara half nur noch ein Schulwechsel, um dem Mobbing zu entkommen.

Neunkirchen – Den Tätern fällt es leicht von der Hand, für die Opfer – besonders Jugendliche – hat es eine zerstörerische Wirkung: Cybermobbing.

Chiara Sommer hat diesen Schulhorror erlebt. Vor kurzem feierte die 17-Jährige ihren Realschul-Abschluss. Etwas, mit dem sie nur wenige Jahre zuvor noch nicht gerechnet hätte.

Denn für den Teenager gab es eine Zeit, in der sie mit dem Gedanken an Selbstmord spielte. Sogar einen Abschiedsbrief hatte sie schon auf ihrem Laptop verfasst, den dann zum Glück ihre Mutter fand.

„Sie filmten mich sogar heimlich in der Umkleide“

Insgesamt fünf Jahre (!) lang wurde Chiara an ihrer Realschule in Neunkirchen gemobbt, hatte den Titel als „Opfer“ quasi von ihrer großen Schwester geerbt. Die verließ die Schule, um dem Mobbing zu entkommen. Der Hass übertrug sich automatisch – und vollkommen grundlos – auf Chiara.

„Die Leute in meiner Schule machten sich über alles lustig. Darüber, wie ich rede, wie ich aussehe“, erzählt sie tapfer gegenüber dem „Focus“. Auch Schläge musste sie einstecken. In Facebook- und Whatsapp-Gruppen machten sich ihre Mitschüler über sie lustig, filmten sogar, wie sie sich vor dem Sportunterricht umzog.

Alle Freundschaften zerbrochen

Zwar gab es noch eine Freundin, die treu an Chiaras Seite stand. Doch um sie dem Hass und den Lästereien nicht auch noch auszusetzen, brach sie die Freundschaft irgendwann ab.

Auch von der Schule konnte sie keine Hilfe erwarten. Eine Lehrerin soll die mittlerweile 17-Jährige sogar als „Drama-Queen“ bezeichnet haben, als sie von dem Mobbing erzählte.

Abschiedsbrief auf dem Laptop

Und so wurde aus der einst so aufgeweckten Person nach und nach ein schüchternes und in sich gekehrtes Mädchen. Das fiel auch ihrer Mutter auf. Im jahr 2014 fand sie auf dem Laptop ihrer Tochter den Abschiedsbrief und zog die Notbremse. „Die Angst war schon groß, dass sie sich etwas antut“, erinnert sich die alleinerziehende Mutter.

Nach mehreren fehlgeschlagenen Vermittlungsversuchen zwischen Chiara und ihren Mitschülern wechselt sie schließlich 2015 die Schule. Laut Pädagoge Peter Sommerhalter die richtige Entscheidung.

Von Mitleid keine Spur

Die Experte engagiert sich im Bündnis gegen Cybermobbing, leistet Präventionsarbeit und hilft Menschen wie Chiara, aus der zerstörerischen Situation herauszukommen.

„Immer mehr Täter wissen ganz genau, was sie wollen und was sie tun“, bemerkt Sommerhalter. Und das aus reiner Langeweile oder Machtgier. Er betont wie wichtig es ist, dass Eltern ein besonderes Auge auf ihre Kinder haben und immer als Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Richtig schlimm wird es nämlich erst dann, wenn Jugendliche den Hass und die Gewalt einfach in sich hineinfressen.

Auch Chiara setzt sich mittlerweile zusammen mit dem Bündnis gegen Cybermobbing für andere Jugendliche ein und gibt ihnen Ratschläge, um mit der schrecklichen Situation besser umzugehen.

Jeder achte Jugendliche berichtet von Mobbing

Laut einer aktuellen Studie des Bündnisses aus dem Mai 2017 berichtet jeder achte Jugendliche zwischen 10 und 21 Jahren von Mobbing. Weitere Initiativen wie Cybermobbing-Hilfe und „Schau hin!“ können ebenfalls wertvolle Tipps geben. Zum Beispiel sei es wichtig, gegenseitigen Respekt zu vermitteln und eine Vertrauensbasis zu schaffen. Was Eltern in einem Mobbing-Fall tun können, lesen Sie hier.

(lef)

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